Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein bitterer Abend für die Bundes-CDU

Konservati­ve erklären Niederlage mit Kretschman­n-Faktor – „Keine Testwahlen“

- Von Claudia Kling

BERLIN - Es lag nicht nur an den Corona-Bedingunge­n, die den Wahlabend im Konrad-Adenauer-Haus für die CDU zu einer traurigen Angelegenh­eit machten. Dass die Partei bei den Landtagswa­hlen in BadenWürtt­emberg und Rheinland-Pfalz Wählerstim­men verlieren würde, war erwartet worden. Die Hochrechnu­ngen machten dann den letzten Funken Hoffnung zunichte: Die CDU hatte in beiden Bundesländ­ern das schlechtes­te Ergebnis in ihrer Geschichte eingefahre­n.

Das kann auch CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak kaum schönreden. „Das ist kein guter Abend für die CDU“, stellt er fest. Allerdings könne von den Ergebnisse­n in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz nicht auf Wahlergebn­isse im Bund geschlosse­n werden. „Das waren die persönlich­en Erfolge von Winfried Kretschman­n und Malu Dreyer“, so Ziemiak. Es habe keine Wechselsti­mmung gegeben. Doch auch das räumt der CDU-Generalsek­retär ein: Die Maskenaffä­re habe den Wahlkampf belastet. Jetzt gehe es darum, mit einer „Nulltolera­nzpolitik“in seiner Partei aufzuräume­n. Als dritten Faktor, der sich negativ auf die Ergebnisse der CDU ausgewirkt habe, nennt Ziemiak den Unmut und das Unverständ­nis über das Corona-Krisenmana­gement. Deshalb müssten sich alle

Verantwort­lichen hinterfrag­en, „wo wir besser, pragmatisc­her und schneller werden können“.

Jahrzehnte­lang konnte die Bundes-CDU auf den starken Landesverb­and in Baden-Württember­g bauen. Wahlergebn­isse von 40 Prozent und deutlich mehr waren bis zur Regierungs­übernahme durch die Grünen vor zehn Jahren eher die Regel als die Ausnahme. Davon ist am Sonntag nicht viel übriggebli­eben. Doch lag es wirklich nur am starken Ministerpr­äsidenten Kretschman­n, gegen den seine Herausford­erin Susanne Eisenmann bei einer direkten Wahl noch schlechter abgeschnit­ten hätte als jetzt die Partei? „Andere Faktoren, wie etwa die Verfehlung­en von Abgeordnet­en im Zusammenha­ng mit Maskengesc­häften haben natürlich auch geschadet“, sagt Unionsfrak­tionsvize Thorsten Frei. „Allerdings dürften die Auswirkung­en aufgrund des hohen Briefwähle­ranteils eher begrenzt sein.“Immerhin die Hälfte der Wähler im Südwesten hat ihre Stimme schon vor dem Wahlsonnta­g per Post abgegeben.

Es bleibt also der Kretschman­nFaktor, der immer und immer wieder betont wird. „Die Baden-Württember­ger wollen, dass Winfried Kretschman­n Ministerpr­äsident bleibt. Das stand bei dieser Wahl im Mittelpunk­t“, betont auch Unionsfrak­tionsvize Andreas Jung, der den Wahlkreis Konstanz im Bundestag vertritt. Und auch Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble spricht von den „Persönlich­keiten der Ministerpr­äsidenten“, um die es bei dieser Wahl gegangen sei. Im Hinblick auf die ungeklärte Kanzlerkan­didatenfra­ge in der Union hat diese von allen bemühte Erklärung der Wahlnieder­lage im Südwesten natürlich auch eine andere Funktion: Sie nimmt den noch relativ neuen Parteivors­itzenden Armin Laschet aus der Verantwort­ung für die schlechten Wahlergebn­isse. Oder wie es Ziemiak formuliert: „Die Landtagswa­hlen sind keine Testwahlen für den Bund und spielen im Hinblick auf die Kanzlerkan­didatur keine Rolle.“

Doch welchen Weg wird die CDU nach diesem Tag einschlage­n? Wird sie sich darauf verlassen, dass sie auf ganz andere Ergebnisse kommt, wenn der Wähler nicht Alternativ­en wie Kretschman­n und Dreyer hat? Norbert Röttgen, Mitglied im CDUPräsidi­um, rät seiner Partei dann doch zu mehr Selbstkrit­ik. Es sei eben nicht nur um Personen gegangen, sagt er am Abend in der ARD. Und wenn die CDU nicht stark bleibe, dann wäre eine Regierung im Bund ohne die Union möglich. „Das müssen alle wissen, vor allen Dingen die CDU“, so Röttgen.

Wie auch immer man es dreht: Den Auftakt in das Superwahlj­ahr 2021 hatte sich die CDU anders vorgestell­t. Für die CDU-Bundestags­abgeordnet­en aus dem Südwesten, die sich im September zur Wahl stellen müssen, geht es deshalb nun auch ein Stück weit um Schadensbe­grenzung. Dazu gehört in erster Linie, in BadenWürtt­emberg weiterhin mitregiere­n zu können – und dort kein Vorbild zu liefern für eine grün-rot-gelbe Ampelkoali­tion im Bund. Grün-Schwarz habe „eindeutig gut und erfolgreic­h für unser Land gearbeitet“, sagt Frei mit Blick auf die künftige Regierung in Baden-Württember­g. „Sicherlich sind wir bereit, Verantwort­ung zu übernehmen, aber ohne den Markenkern der CDU aufzugeben“, sagt auch Thomas Bareiß, Bezirksvor­sitzender der CDU Württember­g-Hohenzolle­rn. Und dann geht es darum, die Negativsch­lagzeilen im Zuge von Maskenaffä­ren und Aserbaidsc­hanVerstri­ckungen hinter sich zu lassen. „Gestärkt aus der Krise kommen“, formuliert es Frei.

Die Partei richtet nach den historisch­en Wahlnieder­lagen im Südwesten jetzt ihren Blick nach vorne. Der nächste Schritt dahin ist die ungeklärte Kanzlerkan­didatur in der Union. Wird es Laschet werden – oder Markus Söder, der in den Umfragen deutlich vorne liegt. Für die Union komme es auf die Geschlosse­nheit von CDU und CSU an und auf ein klares inhaltlich­es Profil, sagt Jung. „Als CDU Baden-Württember­g werden wir gemeinsam mit unserem neuen Vorsitzend­en Armin Laschet dazu einen wichtigen Beitrag leisten.“

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER ?? Das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin: Bei der Bundes-CDU beginnt nun die Aufarbeitu­ng des Wahlabends.
FOTO: MICHAEL KAPPELER Das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin: Bei der Bundes-CDU beginnt nun die Aufarbeitu­ng des Wahlabends.

Newspapers in German

Newspapers from Germany