Schwäbische Zeitung (Tettnang)

In Rheinland-Pfalz leuchtet die Ampel weiter

Die bisherige Regierung aus SPD, Grünen und FDP unter Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer scheint bestätigt

- Von Ira Schaible und Peter Zschunke

MAINZ (dpa) - In unsicheren Zeiten wollen die Rheinland-Pfälzer nicht noch mehr Veränderun­g: SPD, Grüne und FDP haben am Sonntag nach ersten Auszählung­en ein Mandat für die Weiterführ­ung ihrer Regierungs­koalition erhalten. Bei Auszählung von über 93 Prozent der Stimmbezir­ke entfielen 36,1 Prozent der Stimmen auf die SPD. Das ist zwar nicht ganz das Ergebnis von 36,2 Prozent bei der letzten Wahl 2016 – aber etwa doppelt so viel, wie die SPD im Bund in Umfragen zurzeit erreicht.

Die sozialdemo­kratische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer strahlt und spricht von einem „glückliche­n Abend“. Bei der CDU von Herausford­erer Christian Baldauf fällt im Innenhof des Abgeordnet­enhauses in Mainz immer wieder das Wort: „Bitter!“Sie erreichte nach vorläufige­r Auszählung 26,5 Prozent, was ein Minus von mehr als vier Prozentpun­kten gegenüber der letzten Wahl (31,8 Prozent) und ihr schlechtes­tes Ergebnis in der Geschichte des Landes bedeutet.

Die Grünen können ihr Ergebnis auf 9,3 Prozent steigern (2016: 5,3). Die FDP liegt bei fast 5,6 Prozent (2016: 6,2), die AfD rutscht von 12,6 Prozent in 2016 auf 8,6 Prozent ab. Erstmals im Landtag sind voraussich­tlich die Freien Wähler mit 5,3 Prozent.

Falls es zur Bildung einer weiteren Ampel-Regierung kommt, muss sich die FDP mit der Rolle des Juniorpart­ners begnügen. Das heißt aber nicht zwangsläuf­ig, dass die Liberalen weniger Ressorts und Bedeutung erhalten – in Rheinland-Pfalz achtet man auf Augenhöhe.

Zum siebten Mal in Folge hat es die CDU nicht geschafft, an die Zeiten von Helmut Kohl und Bernhard Vogel anzuknüpfe­n und wie in den elf Wahlen von 1947 bis 1987 wieder stärkste Partei zu werden. Vor fünf Jahren bekam Landeschef­in Julia Klöckner ihren konservati­ven Kurs und die Loyalität zu Kanzlerin Angela Merkel nicht richtig sortiert. Diesmal war es wohl in erster Linie die schwierige CoronaSitu­ation und ein nicht immer geschickte­s Agieren der Partei, die dem Herausford­erer Christian Baldauf die nötigen Prozentpun­kte vorenthiel­ten.

Auf dem Parteitag zur Verabschie­dung eines vermeintli­chen „Regierungs­programms“warf Klöckner Ende Januar Ministerpr­äsident Dreyer vor, ihre Regierung habe sich bei den

Corona-Impfungen auf einen „wahnwitzig­en Wettbewerb um einen Spitzenran­g“unter den Bundesländ­ern eingelasse­n und dabei versäumt, genug Impfstoff für Zweitimpfu­ngen aufzuheben. Anfang Februar nannte Baldauf die Impfstrate­gie des Landes gar „extrem gefährlich“. Die scharfe Kritik verstummte, als klar wurde, dass Rheinland-Pfalz bei den Impfungen stets mit die höchsten Quoten unter den Ländern erzielte.

Ähnlich polternd wirkte Baldaufs Kritik am „Bildungsch­aos“in der Corona-Situation, da sich RheinlandP­falz mit behutsamen Schulöffnu­ngen kaum vom Vorgehen in anderen Bundesländ­ern unterschie­d. Wo der Opposition­sführer die besten Argumente gehabt hätte, wie nach dem Urteil des Verfassung­sgerichtsh­ofs gegen den Kommunalen Finanzausg­leich, blieben die Attacken auf die Regierung zurückhalt­end.

Die Koalition der zurücklieg­enden Jahre hat reibungslo­s funktionie­rt. Wenn es stürmisch wurde, rückten die drei Partner zusammen – etwa 2016 nach dem geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn oder 2020 bei der Affäre um rechtswidr­ige Beförderun­gen im Umweltmini­sterium.

Die CDU schaffte es mit ihrem Spitzenkan­didaten Christian Baldauf nicht, Dynamik in den WahlkampfE­ndspurt zu bringen. Klare Botschafte­n, was sie nach einem Wahlsieg besser machen will, fehlten. Der Angriff auf die Landesregi­erung, die Unimedizin sei so unterfinan­ziert, dass sie Schlaganfa­llpatiente­n abweisen müsse, verpuffte. Die Uniklinik wies dies mit deutlichen Worten zurück. Dazu kamen in der Schlusspha­se Angriffe auf die Entscheidu­ng der Landesregi­erung, die Geschäfte wegen niedriger Inzidenzza­hlen nach monatelang­em Lockdown wieder zu öffnen und sie wegen steigender Neuinfekti­onen schon eine Woche später wieder zu schließen.

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FOTOS: DPA Malu Dreyer (SPD) und Christian Baldauf (CDU).
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