Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Überlinger Platzhirsch
Erfrischend anders“hat sich die CDU-Kandidatin Dominique Emerich auf ihren Wahlplakaten präsentiert. Genutzt hat ihr das nichts, sie fährt ein historisch schlechtes Ergebnis für die Union ein. Es lag sicher nicht nur an der im Kreis zuvor gänzlich unbekannten Politikerin, sondern auch an Bundes- und Landesthemen. Trotzdem muss man feststellen: Der Versuch, mit ihr einen Gegenentwurf zum bodenständigen Landwirt Martin Hahn aufzubauen, ist gescheitert.
Der Überlinger ist und bleibt der Platzhirsch, profitiert natürlich vom Ministerpräsidentenbonus seiner Partei, fährt aber in einer eher konservativen Gegend erneut ein Ergebnis ein, das besser ist als der Landesschnitt der erfolgreichen Grünen. Durch die grüne Brille betrachtet hat er sich durchaus für Höheres in Stuttgart empfohlen.
Erstaunlich ist der Erfolg von Klaus Hoher. Der Liberale belegt Platz drei im Wahlkreis, vereint 13,3 Prozent der Wähler hinter sich und legt nochmal 4,2 Prozentpunkte zu im Vergleich zur Wahl im Jahr 2016. Der Bauer aus Salem ist nicht durch außergewöhnliche Gesetzesinitiativen aufgefallen oder durch geschliffene Schaufensterreden. Der Liberale ist hemdsärmelig unterwegs, schaut dem Volk aufs Maul und spricht die Sprache der Menschen. Das kommt offenbar an, sicher nicht nur bei enttäuschten CDU-Wählern.
Deutlich verloren hat die AfD, obwohl deren Kandidat Christoph Högel betont bürgerlich aufgetreten ist. Oder vielleicht gerade deshalb?
Wenig Spaß machen muss es derzeit (mal wieder), in der SPD aktiv zu sein. Ein einstelliges Ergebnis für eine Partei, die mal Volkspartei war und drei Bundeskanzler gestellt hat. Offenbar glauben viele Wähler, dass die älteste deutsche Partei heute nicht mehr gebraucht wird.
Dass die Wahlbeteiligung um fast fünf Punkte gesunken ist, lag sicher auch am Corona-Frust. Der dürfte zudem hinter vielen der auffällig zahlreichen Stimmen für die „Sonstigen“stecken.