Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Sieger heißen Hahn und Hoher
Die Grünen verteidigen das Direktmandat – FDP erobert Platz drei – CDU, SPD und AfD verlieren
FRIEDRICHSHAFEN - Dass der Grüne Martin Hahn sein Direktmandat, das er 2016 der CDU entrissen hatte, verteidigen würde, das hatte sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet. Dass der Liberale Klaus Hoher sein Ergebnis um 4,2 Prozentpunkte verbessert, erneut in den Landtag einzieht und damit auch deutlich über dem FDP-Landesergebnis liegt, das hatten nicht alle politischen Beobachter vorausgesehen.
130 185 Wahlberechtigte zählte der Wahlkreis, 87 749 machten von ihrem Recht Gebrauch. Damit lag die Wahlbeteiligung bei 67,4 Prozent, 4,6 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl im Jahr 2016. Für Martin Hahn und die Grünen stimmten 36,8 Prozent, ein Plus von 1,1 Prozentpunkten. Dominique Emerich, für die CDU angetreten um das Direktmandat zurückzuholen, landete mit 21,9 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei, ein Minus von 5,5 Punkten. Ein Sitz im Landtag bleibt ihr aller Voraussicht nach auch über den Umweg des Zweitmandats verwehrt.
FDP-Kandidat Klaus Hoher verdrängte die AfD vom dritten Platz und erreichte 13,3 Prozent der Stimmen
(plus 4,2). Fast gleichauf: Christoph Högel von der AfD (8,6 Prozent) und die Sozialdemokratin Jasmina
Brancazio mit 8,5 Prozent. Für Rechtsaußen bedeutet das ein Minus von 3,8 Prozent, weniger Verlust als im Landesschnitt, wobei die Wähler am See ihr Kreuz traditionell nicht ganz so oft bei der AfD machen wie in anderen Teilen des Landes. So reichte es für Högel ebenso wenig für ein Ticket in den Stuttgarter Landtag wie für Brancazio von der SPD, die mit ihrer Partei mit einem Verlust von 1,6 Prozentpunkten in der Einstelligkeit gelandet ist.
Keine Chance auf den Landtag hatten auch die Linke und ihr Kandidat Sander Frank, der auf 3,1 Prozent der Stimmen kam, ein Zuwachs von 0,4 Punkten im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren. Die anderen Parteien erreichten relativ viele Stimmen, zusammen 7,8 Prozent. Am meisten Zuspruch verbuchten die Freien Wähler (2,1 Prozent) vor Basis (1,4 Prozent) und die PARTEI (1,3 Prozent). Es folgen ÖDP (1 Prozent), W2020 und die Klimaliste mit je 0,8 Prozent sowie Volt mit 0,5 Prozent.
Natürlich stand der Urnengang angesichts der Corona-Pandemie unter besonderen Vorzeichen. Noch nie war die Zahl der Briefwähler so hoch, sie lag im Wahlkreis Bodensee bei 52,7 Prozent. Für die Wähler vor Ort und auch für die Wahlhelfer galten spezielle Hygienevorschriften. Besondere Vorkommnisse wurden bis Redaktionsschluss nicht gemeldet. Die Auszählung der Stimmen ging flott und routiniert über die Bühne. Hagnau und Stetten meldeten gegen halb sieben Vollzug, das vorläufige Endergebnis für den Wahlkreis 67 lag zur Tagesschauzeit bereits vor.
Ausgefallen ist die Wahlparty im Landratsamt. Wo sonst Kandidaten, Parteigrößen, Verwaltungsmitarbeiter und Journalisten gemeinsam den Ausgang der Wahl beobachten und bewerten, waren diesmal nur die Wahlverantwortlichen der Behörde mit Landrat Lothar Wölfle an der Spitze vor Ort. Auch die Wahlpartys der Parteien, die sich sonst in Kneipen oder Restaurants trafen, um dort zu feiern oder Wunden zu lecken, fielen Corona zu Opfer. Einige trafen sich digital, andere verfolgten im heimischen Wohnzimmer den Ausgang dieser ungewöhnlichen Wahl.