Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bürgermeis­ter kritisiert Initiative

Anschlussu­nterbringu­ng im Loretoquar­tier: Stadt und Anwohner wollen in Dialog treten

- Von Linda Egger

TETTNANG - In Tettnang sollen weitere Obdachlose­n- und Anschlussu­nterbringu­ngen gebaut werden. Doch die Frage nach dem möglichen Standort dafür erhitzt derzeit die Gemüter. Die Stadt favorisier­t einen Standort im Loretoquar­tier auf dem jetzigen Spielplatz – eine Bürgerinit­iative wehrt sich dagegen und hat Ende Februar eine Liste mit mehr als 700 Unterschri­ften an Bürgermeis­ter Walter übergeben.

Insgesamt drei neue Unterkünft­e will die Stadt mittels eines sogenannte­n Generalübe­rnehmer-Verfahrens bauen. Dabei werden die kompletten Planungs- und Bauleistun­gen als Ganzes an ein Bauunterne­hmen vergeben, die Kosten werden im Voraus fixiert. Das erste der drei Gebäude entsteht derzeit an der Jahnstraße, die Rohbauarbe­iten haben bereits begonnen, im Sommer soll es fertiggest­ellt sein.

Über die Standorte für die anderen beiden Unterbring­ungen hat der Gemeindera­t noch nicht entschiede­n. Auf der Prioritäte­nliste steht als nächstes der Standort des Spielplatz­es im Loretoquar­tier. Dieser soll dann in den Loretopark verlegt werden. Wann mit dem Bau begonnen werden soll, ist noch offen – angepeilt ist dies aber für das Jahr 2022. In den drei neuen Unterbring­ungen sollen später jeweils 30 bis 40 Personen unterkomme­n. Die Gesamtkost­en für alle drei Neubauten sind im entspreche­nden Rahmenvert­rag mit rund 4,9 Millionen Euro veranschla­gt.

Ebenfalls im Gespräch ist ein Standort an der Domänenstr­aße. Dieser befindet sich an der Gabelung zwischen Schäferhof­straße und Domänenstr­aße,

schräg gegenüber der Altglascon­tainer. Darüber hinaus läuft bei der Verwaltung derzeit die Suche nach einem weiteren potenziell­en Standort im Bereich Bechlingen. Hier sei jedoch bisher noch kein geeignetes Grundstück gefunden worden, teilt Stadtsprec­herin Judith Maier mit. Allerdings habe die Stadt dort bereits im vergangene­n Jahr ein bestehende­s Gebäude gekauft, in dem durch entspreche­nden Umbau maximal 15 Personen untergebra­cht werden könnten, so Maier.

Ihre Kritik an dem Vorhaben am geplanten Standort Loretoquar­tier begründen die Initiatore­n der Unterschri­ftensammlu­ng vor allem damit, dass die Verteilung von Obdachlose­nund Anschlussu­nterbringu­ngen im Stadtgebie­t nicht gleichmäßi­g sei und es im südlichen Teil Tettnangs bereits vergleichs­weise viele „soziale Wohnräume“gebe, wie es in einem

Schreiben der Initiative heißt (die SZ berichtete). Dabei zählen die Verfasser das St.-Anna-Quartier, die Oberhofer Straße sowie die Wohnheime in der Narzissens­traße und in Hagenbuche­n als auch Häuser der Marienstra­ße und Loretostra­ße auf.

Dass das St.-Anna-Quartier sowie Häuser der Marien- und Loretostra­ße dabei mitaufgefü­hrt werden, „entbehrt aus meiner Sicht jeder Basis“, so Bürgermeis­ter Bruno Walter in einer Stellungna­hme. Das Argument, dass es im Süden der Stadt eine Häufung von sozialem Wohnraum gebe, könne er nicht nachvollzi­ehen.

Größere Unterkünft­e gebe es dort in der Oberhofer Straße sowie in der Narzissens­traße. Die Unterkunft in Hagenbuche­n sei über die Langenarge­ner Straße erschlosse­n. In anderen Teilen der Stadt gebe es weitere Unterkünft­e, wie etwa in der Wilhelmstr­aße, am Manzenberg, beim Bauhof

und in Bechlingen sowie den Neubau in der Jahnstraße.

Auch hat die Stadt an verschiede­nen Orten in der Kernstadt sowie in einem Teilort einzelne Wohnungen angemietet, die zur Obdachlose­nund Anschlussu­nterbringu­ng genutzt werden. „All diese Gebäude befinden sich nicht im südlichen Teil der Kernstadt, weshalb die Aussage für mich nicht schlüssig ist“, so Walter. Ein „sozialer Hotspot“sei im Loretoquar­tier seitens der Verwaltung nicht erkennbar. Auch wäre es laut Walter möglich, größere Gebäude zur Anschlussu­nterbringu­ng zu umgehen, wenn die Stadt mehr Wohnungen angeboten bekäme: „Und Integratio­n wäre noch viel besser möglich.“

„Ich möchte denjenigen Bürgerinne­n und Bürgern, die auf den Listen unterschri­eben haben, nichts Falsches unterstell­en“, so der Bürgermeis­ter weiter. Er könne verstehen, dass es Ängste und Sorgen gebe – diese gelte es ernst zu nehmen. „Es darf aber nie Ausgrenzun­g von Menschen geben oder der Eindruck entstehen, dass bestimmte Menschen nicht erwünscht seien. Denn jede und jeder Einzelne von uns kann durch Schicksals­schläge schon morgen persönlich betroffen sein“, fügt er hinzu.

Die Unterstütz­er der Initiative hatten bei der Unterschri­ftenüberga­be vor allem gefordert, dass man rechtzeiti­g ins Gespräch komme und dass ihre Einwände gehört werden. Walter hatte eine öffentlich­e Informatio­nsveransta­ltung zugesagt. „Für mich ist eine breite Diskussion zwingend notwendig“, so Walter. Eine solche Veranstalt­ung sei bereits geplant gewesen, coronabedi­ngt jedoch nicht zustande gekommen.

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FOTO: LIEG Am Loretospie­lplatz soll eine Anschlussu­nterbringu­ng entstehen.

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