Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tödlicher Streit in Kehlen landet vor Gericht
Syrischer Asylbewerber muss sich wegen Tötung eines 33-jährigen Obdachlosen verantworten
MECKENBEUREN - Die Tat hat im vergangenen Sommer für großes Entsetzen in Meckenbeuren und Umgebung gesorgt: In den frühen Morgenstunden des 1. Juli 2020 tötete ein damals 26- jähriger Asylbewerber in der Anschlussunterbringung Kehlen einen 33-jährigen obdachlosen Deutschen. Zwischen den beiden war es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf der Täter sein Opfer mit mehreren Messerstichen so schwer verletzte, dass dieses trotz Reanimationsversuchen durch herbeigerufene Rettungskräfte noch am Tatort in der Hirschlatter Straße verstarb. Ab Mittwoch muss sich der mittlerweile 27-jährige syrische Flüchtling nun wegen Totschlags vor der ersten Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ravensburg verantworten.
Für den Prozess sind insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt. Laut Aussage von Franz Bernhard, Vorsitzender Richter und stellvertretender Pressesprecher des Landgerichts Ravensburg, sollen insgesamt 20 Zeugen, ein forensisch-psychiatrischer Sachverständiger sowie ein Rechtsmediziner gehört werden. Die Tat hatte in der Schussengemeinde nicht nur wegen ihrer tödlichen Folgen für Aufsehen gesorgt, sondern auch, weil der Tatverdächtige zunächst flüchtig war und mit einem Großaufgebot der Polizei gesucht wurde.
Der dabei eingesetzte Polizeihubschrauber war stundenlang über Kehlen und Umgebung gekreist und hatte zahlreiche Bürger zwischen Buch und Gerbertshaus aus dem nächtlichen Schlaf gerissen.
Laut Aussage von Polizei und Staatsanwaltschaft kam es gegen 0.30 Uhr in dem Zimmer des Syrers zu der tödlichen Messerattacke. Dabei soll der junge Mann „im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung ohne rechtfertigenden Grund“mehrfach mit einem Jagdmesser (Klingenlänge zehn Zentimeter) auf seinen erheblich alkoholisierten Kontrahenten eingestochen haben, heißt es vonseiten des Landgerichts.
Nach der Tat flüchtete der 27- jährige zunächst gemeinsam mit einer weiteren Person in Richtung Schussenufer, wo die beiden auch später in einem Gebüsch gefunden wurden und sich widerstandslos festnehmen ließen. Die Begleitperson wurde kurz darauf wieder frei gelassen. Der Täter sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Zwischen ihm und seinem späteren Opfer, das nicht in der Unterkunft wohnte, soll es in den Tagen vor der Tat immer wieder zu Streitigkeiten gekommen sein. Dabei habe der Angeklagte den 33-Jährigen auch mit dem Messer bedroht.
Das Ziel des Kontrahenten soll es gewesen sein, dem Angeklagten „eine Abreibung zu verpassen“, weswegen er den 26-Jährigen am 1. Juli aufgesucht haben soll, heißt es auf der Landgerichts-Homepage. Mit tragischem Ausgang.
„Wir sind sehr betroffen und schockiert über dieses massive Gewaltdelikt, das sich in unserer Unterkunft in der Hirschlatterstraße ereignet hat. Aus unserer Sicht geschah dies völlig unvorhersehbar. Wir haben umgehend Kontakt zu den Bewohnern der Unterkunft aufgenommen und bieten ihnen zusätzlich eine Notfallnachsorge des DRK an“, hatte sich Bürgermeisterin Elisabeth Kugel kurz nach der Tat in einer Pressemitteilung der Gemeinde Meckenbeuren geäußert.
Die „Alte Schreinerei Stoppel“an der Hirschlatter Straße in Kehlen wird von der Gemeinde seit Oktober 2012 als Obdachlosen- und Anschlussunterbringung genutzt.
Im Zeitraum bis heute waren dort immer wieder unterschiedlich viele Personen untergebracht. Im Juli 2020 lebten dort sieben Einzelpersonen.