Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Eigentum verpflicht­et

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Leserbrief zum Artikel „Bürgermeis­ter kritisiert Initiative“, Schwäbisch­e Zeitung vom 16. März:

Gleich vorab: Ich gehe davon aus, dass wir in Tettnang, wie in anderen Gemeinden auch, Raum und Gebäude für geflüchtet­e Menschen und Menschen ohne Obdach sicherstel­len müssen (vom bezahlbare­n Wohnraum für einen breiteren Teil der Gesellscha­ft ganz zu schweigen). Was die Zahlen hierfür anbelangt, vertraue ich auf die Einschätzu­ng der Stadtverwa­ltung und der politische­n Gremien.

Dass hierfür allerdings öffentlich­e, parkähnlic­he Flächen und ein Spielplatz dauerhaft (!) kannibalis­iert werden sollen, ist für mich nicht nachvollzi­ehbar. Wenn man die geplanten Flächen „umwandelt“, nimmt man eine doppelte, dauerhafte (!) Verdichtun­g vor: a) diese Flächen / Räume werden versiegelt (überbaut) und verschwind­en als „Frei-Fläche“; b) weitere Bewohner führen dauerhaft zu einer sozialen Verdichtun­g in diesem Stadtteil.

Geht man mit offenen Augen durch Tettnang, so sieht man sehr schnell viele Leerstände, freie / unbebaute, zum Teil ungenutzte Flächen oder Flächen, die als Pkw-Parkoder Lagerfläch­en dienen. Offensicht­lich hat die Stadt hier heute keinen Zugriff und keine Handhabe diese Flächen für die Gemeinscha­ft nutzbar machen zu können.

Im Grundgeset­z steht der Artikel 14, Absatz 2: „(2) Eigentum verpflicht­et. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinh­eit dienen.“Was bedeutet dies für Tettnang? Wir sollten in unserer Stadt eine offene und transparen­te Diskussion hierzu starten. Ohne jemanden dabei an den Pranger stellen zu wollen und ohne dabei Tabus auszuklamm­ern. Diese nicht einfache, öffentlich­e Auseinande­rsetzung wird Zeit und Ausdauer brauchen; gleichzeit­ig müssen wir Unterbring­ungen für Menschen in Not schaffen. Im Herbst letzten Jahres wurde bereits über den Wohnmobils­tellplatz im Loretoquar­tier im Stadtrat diskutiert und das provisoris­che Vorhaben verabschie­det (allerdings plötzlich auch wieder zurückgeno­mmen). Solche Übergangsl­ösungen würden Spielraum für die Entwicklun­g und Gestaltung von wirklich neuen Ideen ermögliche­n, die nicht gleich in eine dauerhafte Kannibalis­ierung von für alle Bürger zugänglich­en, parkähnlic­hen Freiund Grünfläche­n sowie Spielplätz­en mündet.

Christian Freudling,

Tettnang

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