Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der Ton wird schärfer

Spannungen zwischen der EU und China nehmen zu

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BRÜSSEL/BERLIN (dpa) - Die diplomatis­chen Spannungen zwischen der Europäisch­en Union und China spitzen sich zu. Deutschlan­d zitierte am Dienstag wegen der von China erlassenen Sanktionen gegen deutsche Politiker und Wissenscha­ftler den chinesisch­en Botschafte­r in Berlin ins Auswärtige Amt. Man habe auf ein Gespräch bestanden, weil man sehr deutlich machen wollte, „dass die Sanktionie­rung von Abgeordnet­en und Wissenscha­ftlern für uns absolut nicht nachvollzi­ehbar ist“, erklärte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) am Rande eines Natotreffe­ns in Brüssel. Darüber hinaus bestellten sowohl China als auch andere EU-Staaten die Botschafte­r der jeweils anderen Seite ein.

Die EU hatte am Vortag zum ersten Mal seit mehr als drei Jahrzehnte­n wieder Sanktionen gegen China wegen Verletzung­en der Menschenre­chte verhängt. Sie richten sich gegen Verantwort­liche für die Verfolgung der Uiguren in der Region Xinjiang in Nordwestch­ina. Als Reaktion kündigte die Regierung in Peking umgehend Gegensankt­ionen gegen europäisch­e Politiker, Experten und Institutio­nen an.

In Deutschlan­d betreffen sie den Grünen-Europaabge­ordneten und China-Experten Reinhard Bütikofer, den CDU-Europaabge­ordneten Michael Gahler sowie den Uiguren-Forscher Adrian Zenz und das renommiert­e Mercator-Institut für ChinaStudi­en (Merics).

Wegen der Sanktionen bestellte China zudem bereits am Montag den EU-Delegation­schef in Peking ein. Wie das Ministeriu­m mitteilte, sei Nicolas Chapuis der chinesisch­e Protest übermittel­t worden. Vizeaußenm­inister Qin Gang habe bei dem Gespräch darauf verwiesen, dass sich die Strafmaßna­hmen auf „Lügen und Falschinfo­rmationen stützen“.

Die Sanktionen widerspräc­hen der Realität und Vernunft, wurde Qin Gang zitiert. Die Europäisch­e Union sei nicht qualifizie­rt, sich als Menschenre­chtslehrer aufzuspiel­en. China dränge die EU, die Ernsthafti­gkeit dieses Fehlers anzuerkenn­en, ihn zu korrigiere­n und die Konfrontat­ion zu beenden, „um den chinesisch-europäisch­en Beziehunge­n nicht mehr Schaden zuzufügen“, hieß es weiter. Auch der britische Botschafte­r sei einbestell­t worden. Neben der EU hatten Großbritan­nien, Kanada und die USA Sanktionen wegen Menschenre­chtsverlet­zungen gegen China verhängt.

Maas erwiderte am Dienstagna­chmittag in Brüssel: „Während wir Menschenre­chtsverlet­zungen sanktionie­ren, sanktionie­rt Peking die Demokratie und ihre Institutio­nen und das können wir so nicht akzeptiere­n.“Frankreich und Litauen reagierten am Dienstag ebenfalls und bestellten die chinesisch­en Botschafte­r in den beiden Ländern ein.

CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen forderte eine entschiede­ne Reaktion der EU: „Wenn die EU, die mit eher symbolisch­en Sanktionen wegen der massiven Menschenre­chtsverlet­zungen in China begonnen hat, nun zurückschr­eckt und nicht ihrerseits hart reagiert, wäre das eine maximale außenpolit­ische Selbstbesc­hädigung der EU“, sagte Röttgen dem „Handelsbla­tt“. Das Investitio­nsabkommen mit China könne unter den aktuellen Umständen nicht ratifizier­t werden.

Die EU-Sanktionen vom Montag sehen vor, dass sämtliche Vermögensw­erte der betroffene­n natürliche­n oder juristisch­en Personen eingefrore­n werden. Außerdem dürfen ihnen kein Geld oder wirtschaft­liche Ressourcen mehr zur Verfügung gestellt werden. Die Einreise in die EU ist ihnen nun ebenfalls verboten.

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FOTO: ARIS OIKONOMOU/DPA Josep Borrell, der EU-Außenbeauf­tragte, nach der Tagung der EU-Außenminis­ter im Sitz des Europäisch­en Rates. Die EU hat erstmals seit mehr als 30 Jahren wieder Sanktionen gegen China verhängt.

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