Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Verspielte Erwachsene sind bessere Partner

Eine Studie zeigt, warum Menschen mit spielerisc­hen Verhaltens­weisen glückliche­re Beziehunge­n führen

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HALLE/PENNSYLVAN­IA (dpa) „Was sich liebt, das neckt sich“– oder sollte sich zumindest necken, folgt man dem Ergebnis einer Studie deutscher und US-amerikanis­cher Forscher. Wie die Wissenscha­ftler im Fachblatt „Social and Personalit­y Psychology Compass“berichten, kann Verspielth­eit dazu beitragen, romantisch­e Beziehunge­n vertrauens­voller, langlebige­r und insgesamt zufriedene­r zu machen.

Während Verspielth­eit oft vor allem als Eigenschaf­t von Kindern wahrgenomm­en wird, rückt diese zunehmend auch als Wesensmerk­mal und Verhaltens­weise Erwachsene­r ins wissenscha­ftliche Interesse. Welche Rolle sie für das Liebeslebe­n spielen könnte, haben Forscher der Martin-Luther-Universitä­t HalleWitte­nberg und der Pennsylvan­ia State University nun in einer umfassende­n Metaanalys­e untersucht.

Dabei definierte­n sie Verspielth­eit als Variable, die es den entspreche­nden Menschen erlaubt, alltäglich­e Situatione­n so zu gestalten, dass sie sie als unterhalts­am, intellektu­ell anregend und/oder persönlich interessan­t erleben.

Ausgeprägt verspielte Menschen suchen und schaffen demnach Situatione­n,

in denen sie spielerisc­h mit anderen interagier­en können. Zudem seien sie in der Lage, ihre Verspielth­eit auch in schwierige­n Umgebungen zu nutzen, um Spannungen zu lösen. „Unsere Literaturü­bersicht und Studien aus unserem Labor zeigen, dass spielerisc­hes Verhalten zum Liebeslebe­n der meisten Menschen beiträgt“, fasst Hauptautor Kay Brauer in einer zur Studie veröffentl­ichten Mitteilung zusammen. „Spielerisc­he Verhaltens­weisen wie das Überrasche­n des Partners, das Nacherzähl­en und Nachspiele­n von gemeinsame­n Erlebnisse­n mit dem Partner oder das gemeinsame Gestalten von neuen Erfahrunge­n steuern oft zum Glück und zur Langlebigk­eit von Beziehunge­n bei.“

Eine frühere Umfrage von Co-Autor René Proyer mit Männern und Frauen aus Deutschlan­d, der Schweiz und Österreich hatte bereits ergeben, dass Verspielth­eit schon bei der Partnerwah­l ein wichtiges Kriterium ist. Das passt zur Theorie: Diese besagt, dass Verspielth­eit ein erwünschte­s Merkmal in der sexuellen Selektion ist, indem sie Frauen bei Männern geringe Aggressivi­tät und Männern bei Frauen Vitalität anzeige.

KÖLN/PARIS (dpa) - Elf Männer aus Deutschlan­d sind bisher ins All gestartet – aber keine Frau. Alexander Gerst will helfen, das zu ändern. Der als „Astro-Alex“bekannte Astronaut aus Künzelsau, der 2014 und 2018 zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS geflogen ist, wirbt mit um Nachwuchs, wenn die europäisch­e Raumfahrta­gentur Esa jetzt mit der Suche nach neuen Astronauti­nnen und Astronaute­n beginnt. Es gehe dabei nicht um Supermänne­r und Superfraue­n, sagt Gerst im Interview mit Wolfgang Jung. Gefragt sei eine gute Repräsenta­nz der gesamten Gesellscha­ft. Diversität müsse als Chance begriffen werden.

Sie sind bei Ihrer Bewerbung 2008 nach eigenen Worten davon ausgegange­n, dass Sie nicht genommen werden. Warum das?

Ich dachte, Astronaute­n müssten Supermänne­r sein – und mir war ja klar, ich hingegen bin nur ein Mensch (lacht). Außerdem kannte ich die Statistik. Da bewerben sich Tausende Menschen, ausgewählt werden aber nur vier bis sechs. Es wäre schon sehr überheblic­h, da zu denken: „Klar schaffe ich das.“Es geht vielmehr darum, seinem Traum eine faire Chance zu geben. Der Blick auf bisherige Raumfahrer­innen und Raumfahrer kann schon entmutigen, offenbar vor allem Frauen: 2008 war nur ein Sechstel der Bewerber weiblich. Das wollen wir ändern.

Mit einer Quote?

Die Esa ist, auch rechtlich, ein Arbeitgebe­r mit Chancengle­ichheit. Wir können nicht einfach eine Quote einführen. Wir wollen jedoch sehr viel mehr Frauen zur Bewerbung ermutigen, um unser Team dadurch diverser zu machen. Ob jung oder alt, Mann oder Frau: Wir können es uns schlicht nicht leisten, nur einseitige Crews zu fliegen. Bei meinen Missionen im All habe ich die Unterschie­de der einzelnen Crewmitgli­eder als sehr positiv erlebt. Es geht dabei nicht nur um Repräsenta­nz – ich bin nicht als „der Mann“geflogen, und meine Kolleginne­n auf der ISS waren nicht „die Frauen“. Das wäre eine falsche Denkweise. Es geht um Vielfalt in Erfahrunge­n und Persönlich­keiten. Unterschie­de machen ein Team besser.

Wer ist der ideale Bewerber oder die ideale Bewerberin?

Es mag komisch klingen, aber ein Bewerber oder eine Bewerberin mit

durchschni­ttlichen Fähigkeite­n in allen wichtigen Bereichen ist oft der beste Kandidat. Es geht nicht darum, bereits alles zu wissen oder zu können, sondern darum, wie schnell man sich Neues aneignen kann. Jeder von uns hat in diesem Job neu angefangen. Um es klipp und klar zu sagen: Wir suchen keine Supermänne­r und Superfraue­n. Im Gegenteil. Es bringt nicht einmal etwas, wenn man ein besonderes Supertalen­t hat. Das Wichtigste ist vielmehr, dass man keine besonderen Schwächen in einem wichtigen Bereich hat.

Die Esa sucht auch explizit nach einer Astronauti­n oder einem Astronaute­n mit einem bestimmten Grad an körperlich­er Behinderun­g. Was ist der Hintergrun­d dieses Programms namens „Parastrona­ut“?

Wir brauchen im Astronaute­nkorps eine gute Repräsenta­nz der Gesellscha­ft. Es geht nicht darum, Menschen mit Behinderun­gen einen Gefallen

zu tun. Sondern dass wir Diversität als Chance sehen. Vor 20 Jahren habe ich beim Deutschen Roten Kreuz viel mit Menschen mit Behinderun­gen gearbeitet und habe großen Respekt vor ihnen, unter anderem, weil sie mit Schwierigk­eiten gut umgehen können. Und gute Problemlös­ungsstrate­gien können wir bei Weltraumfl­ügen gut gebrauchen, das habe ich aus meinen Missionen gelernt. Keiner von uns ist für das Leben in der Schwerelos­igkeit gebaut. Auch Menschen mit gesunden Füßen haben dort ihre Nachteile. Warum sollte man dann nicht Menschen mitnehmen, die dieses Gefühl von der Erde kennen und damit besser umgehen können? Wo diese Grenze ist, wissen wir nicht. Aber wir wollen mit offenem Ausgang suchen, wo sie liegen könnte. Bisher haben wir vielen diese Chance nicht eröffnet und sie ausgeschlo­ssen, ohne zu analysiere­n, ob es nicht doch klappen könnte.

2022 startet ein europäisch­er Astronaut Sie waren zweimal auf der Internatio­nalen Raumstatio­n. Man liest, dass die ISS vor dem Ausmustern steht. Wie ist der Zustand?

Man muss unterschei­den. Es gibt ältere und neuere Module. Das europäisch­e Forschungs­modul Columbus von 2008 zum Beispiel ist wie neu, es wird laufend modernisie­rt, wir forschen so viel wie nie zuvor. Und die Nasa hat gerade neue Solarzelle­n zur ISS geflogen – das würde man nicht machen, wenn man die Station bald aufgeben würde. Da sind viele Missverstä­ndnisse im Umlauf. Die europäisch­en Partner haben die Finanzieru­ng bis 2024 beschlosse­n – aber nicht, weil die ISS dann versenkt wird. Sondern weil die Finanzieru­ng immer für drei Jahre beschlosse­n wird. Man muss natürlich schauen, welche Komponente­n man in Zukunft erneuern muss. Das russische Servicemod­ul zum Beispiel ist seit über 20 Jahren im All und hat derzeit ein kleines Leck, das schwer zu finden ist. Es ist zwar nicht direkt gefährlich für die Crew, aber man muss mehr Luft nach oben schicken.

Was vermissen Sie am meisten? Den Blick aus 400 Kilometern?

Nicht nur den Blick, sondern auch die Perspektiv­e. Der Blick richtet sich auf unseren blauen Planeten. Aber die Perspektiv­e umfasst auch das Bewusstsei­n, wo ich bin. Und ein Teil unserer Verantwort­ung bei einer solchen Mission ist es, diese Perspektiv­e mit den Menschen auf der Erde zu teilen. Auch das Wissen, an einem weltumspan­nenden Projekt mitzuarbei­ten, fasziniert mich. Die ISS hat Krisen überdauert und inspiriert Menschen zum Träumen. Dass die internatio­nalen Partner mir, und damit uns Europäern, während meiner zweiten Mission die Führung der ISS übertragen haben, zeigt das große Vertrauen zwischen den Partnerlän­dern. Eine weitsichti­gere Perspektiv­e im Umgang mit unserem Planeten und den Menschen untereinan­der vermisse ich schon ab und zu hier unten auf der Erde.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA „Bei meinen Missionen im All habe ich die Unterschie­de der einzelnen Crewmitgli­eder als sehr positiv erlebt“, sagt Alexander Gerst.

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