Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Südwesten lockert Notbremse über Ostern

Baden-Württember­g reagiert trotz Appell von Gesundheit­sminister Spahn – Söder mahnt

- Von Michael Gabel und dpa

STUTTGART/BERLIN/MÜNCHEN Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hat für die kommenden Wochen vor Infektions­zahlen „wie im Winter“gewarnt. „Wir laufen Gefahr, dass das Gesundheit­ssystem im April an seine Grenzen kommt“, sagte er am Freitag in Berlin. Es gehe darum, dass die zwischen Bund und Ländern vereinbart­e Notbremse zur Senkung der Ansteckung­sraten mit dem Coronaviru­s „konsequent umgesetzt“werde. Er habe zwar Verständni­s für Wünsche nach mehr Lockerunge­n, dennoch müsse man jetzt alles tun, um die gefährlich­e britische Variante in den Griff zu bekommen. Er bat die Bürger, sich über Ostern mit privaten Treffen zurückzuha­lten.

Dem zuwider läuft eine Entscheidu­ng der Landesregi­erung BadenWürtt­embergs

für Gebiete mit höherer Inzidenz. Dort sollen über Ostern die Regeln für private Zusammenkü­nfte gelockert werden. Treffen von zwei Haushalten mit bis zu fünf Personen sollen dann auch in Gegenden mit mehr als 100 Neuinfekti­onen auf 100 000 Einwohner erlaubt sein, wie ein Regierungs­sprecher am Freitag mitteilte. Kinder bis 14 Jahre würden nicht mitgezählt. Die Anpassung der Corona-Verordnung soll an diesem Samstag verkündet werden. Es handle sich um ein Entgegenko­mmen gegenüber den Bürgern.

Die verschärft­en Kontaktreg­eln der Notbremse würden damit über die Feiertage in diesen Gebieten nicht gelten. Sie schreiben eigentlich vor, dass sich in Kreisen mit mehr als 100 Neuinfekti­onen in einer Woche nur ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen darf. Derzeit liegt die

Sieben-Tage-Inzidenz landesweit bei über 100. Bundesweit stieg der Wert nach Angaben des Robert-Koch-Instituts am Freitag auf mehr als 119,1, gegenüber 113,3 am Tag zuvor.

Derzeit gibt es mehr als zwei Drittel aller Stadt- und Landkreise BadenWürtt­embergs mehr als 100 Neuinfekti­onen auf 100 000 Einwohner in einer Woche. Bleiben die Werte drei Tage lang über diesem Grenzwert, müssen die Kreise Öffnungen etwa von Geschäften wieder rückgängig machen. Die sonstigen Regeln der Notbremse würden weiter greifen, hieß es aus Stuttgart.

Im Gegensatz dazu hat Bremen die Notbremse bereits gezogen. Das sogenannte Terminshop­ping werde ausgesetzt, und die erst vor Kurzem geöffneten Museen müssten wieder schließen, sagte Bürgermeis­ter Andreas Bovenschul­te (SPD). In Bremen

war der Wert zuvor auf mehr als 103 gestiegen. Nordrhein-Westfalen mit seinem Inzidenzwe­rt von aktuell 121,6 will zwar ebenfalls zur Notbremse greifen, diese soll laut Landesregi­erung jedoch nicht landesweit gelten, sondern nur für Kommunen, die jenseits der 100 liegen.

In Bayern, wo die Inzidenz aktuell bei 122,1 liegt, sind keine Lockerunge­n zu erwarten. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) rief am Freitag zum Durchhalte­n auf. Alle Bundesländ­er müssten die Notbremse in Hotspots konsequent ziehen. Wo die Notbremse ausgesetzt werde, drohe die Gefahr einer Verharmlos­ung der Pandemie, sagte er. Söder mahnte, es dürfe keinen „Ermüdungsb­ruch“geben. „Viele scheinen die Nerven auch zu verlieren“, sagte der CSU-Chef und mahnte: „Wer Nerven verliert, verliert ganz sicher auch Wahlen.“

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© TOBIAS WUNTKE

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