Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Teststrategie läuft, jetzt kommt „Modellstadt“-Idee auf
Nach dem Vorbild von Tübingen will Ravensburg die Öffnung der Gastronomie ausprobieren
RAVENSBURG (len) - In den ersten eineinhalb Wochen des CoronaSchnelltestangebots für alle Bürger in Ravensburg sind rund 2500 Menschen auf das Coronavirus getestet worden. Das teilte Florian Burk von der Firma „Gemeinsam Neue Wege“, die inzwischen fünf Teststationen in Ravensburg und Weingarten betreibt, am Mittwoch mit. Dabei gab es fünf positive Ergebnisse. Die Stadtverwaltung arbeitet derweil an der verstärken Teststrategie für Schulen und will nun – wie schon Tübingen – zur Modellstadt für weitere Öffnungsschritte werden.
Ravensburg will Modellstadt werden
Die Stadt Ravensburg möchte sich beim Land als „Modellstadt für ein verantwortungsvolles schrittweises Öffnen der Gastronomie“bewerben. Ermöglicht werden soll diese Öffnung durch flächendeckenden Einsatz von Schnelltests, wie die Stadtverwaltung mitteilte. So wolle man der wegen Corona geschlossenen Gastronomie eine Perspektive geben, heißt es. Ravensburg verfüge durch die Zusammenarbeit mit der Firma „Gemeinsam Neue Wege“inzwischen über ein leistungsfähiges und professionelles Schnelltestkonzept. Liegt ein negatives Ergebnis vor, wird dies bescheinigt. Die Stadt wünscht sich, dass Getestete mit dieser Bescheinigung Restaurants und Cafés besuchen dürfen. Dennoch sollen weiterhin die üblichen Abstandsund Hygieneregeln in den Betrieben gelten.
Das Land hat schon am 15. März die Stadt Tübingen zur Modellstadt erklärt, wo neben Handel auch Außengastronomie, Kinos und Theater aufgrund eines Schnelltestkonzepts wieder öffnen dürfen. Ob das Land Interesse hat, weitere Modellstädte auszuweisen, wurde auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“zunächst nicht beantwortet. Auch der Kreis
Tuttlingen will mit kreisweitem Tagespass den Besuch noch geschlossener Einrichtungen ermöglichen, in Bayern hat auch schon Lindau den Wunsch geäußert, den derzeit viele Bürgermeister hegen dürften.
„Mir geht es vor allem darum, der schwer gebeutelten Gastronomie auf die Beine zu helfen“, sagte Oberbürgermeister Daniel Rapp laut Pressemitteilung. Weitere Öffnungsperspektiven könnten sich durch eine Teststrategie auch für Kultur, Einzelhandel oder Sport ergeben. Das Konzept sei gegebenenfalls dann auch auf andere Städte übertragbar.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser aus Berg lobt in einer Pressemitteilung, der Antrag sei ein „sinnvoller und zukunftsorientierter Schritt“und solle vom Land unbedingt bewilligt werden. „Wir müssen Wege finden, die Gefahren des Coronavirus ohne einen DauerLockdown zu meistern“, so Strasser.
Offenes Testangebot
Beim Testangebot der Firma „Gemeinsam Neue Wege“, das allen Bürgern
offensteht, sind in den ersten eineinhalb Wochen 2500 Schnelltests gemacht worden, davon waren fünf positiv (Stand Mittwoch), wie einer der Gründer des Unternehmens, Florian Burk, sagt. „Das sind die Symptomlosen, die sonst vielleicht zu Superspreadern geworden wären“, sagt Burk. Man darf nur ohne Krankheitssymptome zum Schnelltest kommen. Derzeit kann man kostenlose Schnelltests in der St.-Jodoks-Kirche in der Unterstadt, bei den Johannitern im Pfannenstiel 31 (Test im Auto), in der Eissporthalle, in der DRK-Kreisgeschäftsstelle in der Ulmer Straße 79 in Ravensburg und im Gasthaus Alt-Ochsen in Weingarten machen. Burk berichtet, dass jetzt, wo das System gut angelaufen sei, täglich 1000 Tests an allen Stationen zusammen möglich seien. Und die Zahlen werden weiter steigen, möglicherweise kämen auch zusätzliche Stationen hinzu. Vor dem Test ist eine Terminreservierung im Internet unter www.coronatest-rv.de nötig. Auch in der Vetter-Apotheke und der Central-Apotheke, beide am
Marienplatz, sind laut Stadtverwaltung kostenlose Selbsttests nach Anmeldung möglich.
„Wir sind überzeugt: Das ist der richtige Weg, um mit möglichst wenigen Sanktionen durch das Frühjahr zu kommen“, sagt Sozialamtsleiter Stefan Goller-Martin. Er ruft dazu auf, die Schnelltestangebote zu nutzen, um Familie und Kollegen zu schützen.
Tests an Schulen
An Schulen im Präsenzbetrieb liegen Schnelltests vor, mit denen Schüler und Lehrer jeweils bei sich selbst einen Abstrich in der Nase machen und die Auswertung vornehmen können. Nach den Osterferien strebe man die Zahl von zwei Tests pro Schüler und Woche an, Lieferant ist das Land. Das Einverständnis der Eltern zum Test an der Schule liege aber nicht in allen Fällen vor, so Goller-Martin. „Es wäre in unserem Interesse, dass eine große Bereitschaft besteht, weil nur dann Infektionsketten unterbrochen werden können“, sagt er.
Kitakinder würden in ihren Einrichtungen nicht getestet, GollerMartin ruft daher die Eltern auf, auch ihre Kinder im nicht schulpflichtigen Alter regelmäßig in den Schnellteststationen testen zu lassen, denn auch die Kleinen könnten betroffen sein. „Erst am Dienstag ist uns ein Kind im Kindergartenalter mit Corona-Infektion gemeldet worden“, sagt GollerMartin. Für Kinder sei der von den Eltern durchgeführte Nasenabstrich seiner Einschätzung nach nichts Schlimmes. „Bei den Langstab-Tests war es noch was anderes.“
Das flächendeckende Testen möge kurzfristig die positiven Befunde und damit die Sieben-TagesInzidenz erhöhen, räumt GollerMartin ein. Langfristig helfe diese Strategie aber, die Inzidenz niedrig zu halten, weil Infektionsherde früh entdeckt werden.