Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schranke fällt Radlerin auf den Kopf
Passanten befreien das gestürzte Opfer unter der Schranke – Bahn untersucht Vorfall
LINDAU - Lange Wartezeiten sind an der Schranke beim Lotzbeckweg in Lindau normal. Doch am Mittwoch ist eine sich öffnende Schranke plötzlich heruntergefallen und hat eine Frau am Kopf getroffen.
Wolfgang Kehle gelangte am Mittwoch gegen 17.15 Uhr bei seiner Joggingrunde vom Aeschacher Ufer her zum Bahnübergang Lotzbeckweg. Dort bot sich das bei gutem Wetter übliche Bild: Die Schranken waren geschlossen, und einige Radler und Fußgänger warteten auf beiden Seiten. Auffällig war allerdings, dass auch zwischen den Schranken zwei Radfahrer standen, genauer gesagt auf dem Wegstück zwischen den beiden Gleissträngen nach Aeschach und Reutin. Kehle nimmt an, dass eine vorzeitig geschlossene Schranke die beiden direkt vor dem Häuschen des Schrankenwärters zum Warten verdammt hatte.
Doch das sollte nicht das einzig Seltsame bleiben. Denn plötzlich hoben sich im Wechsel die Schranken begleitet vom lauten Signal-Klingeln. Aber als die Spitzen etwa zwei Meter in der Luft waren, sanken sie plötzlich ziemlich schnell wieder ab, schildert Kehle: „Niemand wusste das seltsame Schauspiel zu deuten.“Allerdings steigerte sich der Unmut der Wartenden, vor allem, weil danach etwa zehn Minuten gar nichts passiert sei.
Eine Frau, von der Kehle annimmt, dass sie den Bahnübergang nicht kennt, habe laut gerufen: „Herr Schrankenwärter, würden Sie sich bitte zur Situation äußern und uns informieren.“Aber es kam keine Reaktion. Auch nicht, als sie mehrfach laut rief. Vielmehr seien weitere Minuten vergangen – ohne auf die Uhr geschaut zu haben, vermutet Kehle, dass es eine Viertelstunde dauerte –, in denen vier Züge durchfuhren. „Danach signalisierte das laute Klingeln die von den zahlreichen Wartenden ersehnte Öffnung.“
Tatsächlich habe sich die Schranke auf der Seite zum Kleinen See hin angehoben. Ein Radfahrer sei sofort losgefahren. Eine ältere Dame fuhr ihm hinterher. Doch plötzlich sei die Schranke wieder heruntergekommen und habe sie heftig am Kopf getroffen, sodass die Frau stürzte. Mehrere Passanten hätten die Schranke mit den Händen angehoben, um die darunter liegende Frau zu befreien. Die Frau habe großes Glück gehabt, denn sie trug einen Helm, der schwere Verletzungen erspart habe, „einen Schock hatte sie aber mit Sicherheit“, schreibt Kehle. Die Passanten hätten laut geschimpft, ein Radfahrer habe den Schrankenwärter aus seinem Bahnwärterhaus geholt und auf ihn eingeredet. Kurz darauf habe der Schrankenwärter die Wartenden aufgefordert, die Barrieren neben den geschlossenen Schranken zu übersteigen und über die Gleise zu gehen. Ein älterer Mann sei aber bei dem Versuch zu Fall gekommen, sein EBike über die Barriere zu heben und diese dann selbst zu übersteigen. Verletzt worden sei dieser Mann zum Glück nicht, Passanten hätten ihm aufgeholfen.
Kehle berichtet von chaotischen Zuständen, zumal auch Eltern mit Kindern in beiden Richtungen unterwegs waren. „Ich suchte das Gespräch mit dem Schrankenwärter, machte ihn auf den Unfall der älteren Frau aufmerksam, worauf er erwiderte, er habe das gar nicht gesehen.“Kehle habe dem Schrankenwärter vorgehalten, dass seine Aufforderung, die Passanten sollten über die Barrieren klettern und den Bahnübergang queren, lebensgefährlich sei. Eine halbe Stunde später sei Kehle
mit dem Rad erneut zu dem Bahnübergang gekommen. Auch da hätten Mitarbeiter der Bahn Passanten dazu aufgefordert, über die Absperrungen zu klettern, um über die Gleise zu gehen. Währenddessen waren andere Mitarbeiter mit der Reparatur der Schranke befasst. Zeitweise haben Bahnmitarbeiter die Schranken auch kurzerhand per Hand gehoben, damit Fußgänger und Radfahrer die Gleise überqueren konnten.
Jetzt hatte Kehle sein Handy dabei und hat die Vorgänge gefilmt. Empört hat er das auf Facebook veröffentlicht und der LZ mitgeteilt. Anton Knapp von der Pressestelle der Bahn AG verwies am Donnerstag auf Anfrage der LZ auf die laufende Untersuchung und die Befragung des Schrankenwärters. Auskunft über Gründe und Hintergründe will die Bahn erst geben, wenn diese Untersuchungen abgeschlossen sind.
In der Onlinefassung dieses Artikels finden Sie die Videos, die Wolfgang Kehle von den Vorfällen am Bahnübergang Lotzbeckweg gemacht hat: www.schwaebische.de/ schrankenunfall