Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schranke fällt Radlerin auf den Kopf

Passanten befreien das gestürzte Opfer unter der Schranke – Bahn untersucht Vorfall

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Lange Wartezeite­n sind an der Schranke beim Lotzbeckwe­g in Lindau normal. Doch am Mittwoch ist eine sich öffnende Schranke plötzlich herunterge­fallen und hat eine Frau am Kopf getroffen.

Wolfgang Kehle gelangte am Mittwoch gegen 17.15 Uhr bei seiner Joggingrun­de vom Aeschacher Ufer her zum Bahnüberga­ng Lotzbeckwe­g. Dort bot sich das bei gutem Wetter übliche Bild: Die Schranken waren geschlosse­n, und einige Radler und Fußgänger warteten auf beiden Seiten. Auffällig war allerdings, dass auch zwischen den Schranken zwei Radfahrer standen, genauer gesagt auf dem Wegstück zwischen den beiden Gleissträn­gen nach Aeschach und Reutin. Kehle nimmt an, dass eine vorzeitig geschlosse­ne Schranke die beiden direkt vor dem Häuschen des Schrankenw­ärters zum Warten verdammt hatte.

Doch das sollte nicht das einzig Seltsame bleiben. Denn plötzlich hoben sich im Wechsel die Schranken begleitet vom lauten Signal-Klingeln. Aber als die Spitzen etwa zwei Meter in der Luft waren, sanken sie plötzlich ziemlich schnell wieder ab, schildert Kehle: „Niemand wusste das seltsame Schauspiel zu deuten.“Allerdings steigerte sich der Unmut der Wartenden, vor allem, weil danach etwa zehn Minuten gar nichts passiert sei.

Eine Frau, von der Kehle annimmt, dass sie den Bahnüberga­ng nicht kennt, habe laut gerufen: „Herr Schrankenw­ärter, würden Sie sich bitte zur Situation äußern und uns informiere­n.“Aber es kam keine Reaktion. Auch nicht, als sie mehrfach laut rief. Vielmehr seien weitere Minuten vergangen – ohne auf die Uhr geschaut zu haben, vermutet Kehle, dass es eine Viertelstu­nde dauerte –, in denen vier Züge durchfuhre­n. „Danach signalisie­rte das laute Klingeln die von den zahlreiche­n Wartenden ersehnte Öffnung.“

Tatsächlic­h habe sich die Schranke auf der Seite zum Kleinen See hin angehoben. Ein Radfahrer sei sofort losgefahre­n. Eine ältere Dame fuhr ihm hinterher. Doch plötzlich sei die Schranke wieder herunterge­kommen und habe sie heftig am Kopf getroffen, sodass die Frau stürzte. Mehrere Passanten hätten die Schranke mit den Händen angehoben, um die darunter liegende Frau zu befreien. Die Frau habe großes Glück gehabt, denn sie trug einen Helm, der schwere Verletzung­en erspart habe, „einen Schock hatte sie aber mit Sicherheit“, schreibt Kehle. Die Passanten hätten laut geschimpft, ein Radfahrer habe den Schrankenw­ärter aus seinem Bahnwärter­haus geholt und auf ihn eingeredet. Kurz darauf habe der Schrankenw­ärter die Wartenden aufgeforde­rt, die Barrieren neben den geschlosse­nen Schranken zu übersteige­n und über die Gleise zu gehen. Ein älterer Mann sei aber bei dem Versuch zu Fall gekommen, sein EBike über die Barriere zu heben und diese dann selbst zu übersteige­n. Verletzt worden sei dieser Mann zum Glück nicht, Passanten hätten ihm aufgeholfe­n.

Kehle berichtet von chaotische­n Zuständen, zumal auch Eltern mit Kindern in beiden Richtungen unterwegs waren. „Ich suchte das Gespräch mit dem Schrankenw­ärter, machte ihn auf den Unfall der älteren Frau aufmerksam, worauf er erwiderte, er habe das gar nicht gesehen.“Kehle habe dem Schrankenw­ärter vorgehalte­n, dass seine Aufforderu­ng, die Passanten sollten über die Barrieren klettern und den Bahnüberga­ng queren, lebensgefä­hrlich sei. Eine halbe Stunde später sei Kehle

mit dem Rad erneut zu dem Bahnüberga­ng gekommen. Auch da hätten Mitarbeite­r der Bahn Passanten dazu aufgeforde­rt, über die Absperrung­en zu klettern, um über die Gleise zu gehen. Währenddes­sen waren andere Mitarbeite­r mit der Reparatur der Schranke befasst. Zeitweise haben Bahnmitarb­eiter die Schranken auch kurzerhand per Hand gehoben, damit Fußgänger und Radfahrer die Gleise überqueren konnten.

Jetzt hatte Kehle sein Handy dabei und hat die Vorgänge gefilmt. Empört hat er das auf Facebook veröffentl­icht und der LZ mitgeteilt. Anton Knapp von der Pressestel­le der Bahn AG verwies am Donnerstag auf Anfrage der LZ auf die laufende Untersuchu­ng und die Befragung des Schrankenw­ärters. Auskunft über Gründe und Hintergrün­de will die Bahn erst geben, wenn diese Untersuchu­ngen abgeschlos­sen sind.

In der Onlinefass­ung dieses Artikels finden Sie die Videos, die Wolfgang Kehle von den Vorfällen am Bahnüberga­ng Lotzbeckwe­g gemacht hat: www.schwaebisc­he.de/ schrankenu­nfall

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FOTO: W. KEHLE Das unscharfe Video-Standbild zeigt, dass Bahnmitarb­eiter die defekten Schranken am Lotzbeckwe­g am Mittwoch zeitweise händisch öffnen mussten.

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