Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nach Freispruch: Revision ist eingelegt
Tod eines 33-Jährigen in Kehlen: Bundesgerichtshof soll Urteil des Landgerichts prüfen
KEHLEN - Fristgerecht hat die Staatsanwaltschaft Ravensburg Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt: Wie Erste Staatsanwältin Christine Weiss am Montagmorgen auf Anfrage der SZ mitteilte, wendet sich diese gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 24. März. In ihm war ein 27-Jähriger vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen worden. Bei einer tätlichen Auseinandersetzung in Kehlen hatte er am 1. Juli einen 33-Jährigen mit 15 Messerstichen getötet.
„Wir haben Revision eingelegt“, bestätigte Christine Weiss seitens der Staatsanwaltschaft Ravensburg. Heißt: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wird sich mit dem Fall beschäftigen. Zuvor muss jedoch erst das schriftliche Urteil des Landgerichts Ravensburg vorliegen: Innerhalb von fünf Wochen sind die Urteilsgründe zuzustellen. Wenn dies geschehen ist, „begründen wir unsere Revision“, erklärt die Erste Staatsanwältin das weitere Vorgehen.
Befragt danach, wie oft Revision in Karlsruhe eingelegt werde, meinte Christine Weiss, ohne dies beziffern zu wollen: „Das kommt nicht so oft vor.“
Drei Möglichkeiten sind denkbar, wie die Reaktion aus Karlsruhe (vermutlich in einigen Monaten) aussehen kann. Der Bundesgerichtshof bestätigt das Urteil. Oder er bestätigt es nicht. Oder das Urteil wird teilweise nicht bestätigt. In beiden letzteren Fällen würde dies zu einer Rückverweisung ans Landgericht Ravensburg führen.
Rückblende: In ihrem Urteil hatte die fünfköpfige Schwurgerichtskammer (drei Richter, zwei Schöffen) den 27-jährigen Syrer vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen und ihm Notwehr zugesprochen. Von der Staatsanwaltschaft war am vierten und letzten Prozesstag eine Haftstrafe in Höhe von acht Jahren und vier Monaten wegen Totschlags in einem minderschweren Fall gefordert worden. Dem folgte die Kammer nicht. Vielmehr sah sie die Merkmale einer Notwehrsituation vorliegen und entschied daher zugunsten des Angeklagten.
In der Schwäbischen Zeitung hatte es dazu – aus der Sitzung und mit Bezug auf das Urteil – geheißen: „Die Aggression sei eindeutig von dem späteren Opfer ausgegangen. Der 33jährige Obdachlose hatte den Syrer in der Unterkunft an der Hirschlatter Straße aufgesucht, um sich für eine wenige Tage zuvor durch ihn erlittene Messerbedrohung zu rächen.“
Eine Diskrepanz in den Einschätzungen hatte es bereits im Vorfeld gegeben: Der Fall war vorab vom Landgericht als Notwehrsituation eingestuft worden, sodass von dort eine Eröffnung des Verfahrens abgelehnt wurde. Erst nach der Beschwerde der Staatsanwaltschaft dagegen samt Anordnung des Oberlandesgerichts Stuttgart kam er vor der Schwurgerichtskammer in Ravensburg als Totschlag zur Verhandlung.
Um Revision einzulegen, haben die Prozessbeteiligten im Strafrecht (also auch die Staatsanwaltschaft Ravensburg) stets nur eine Woche Zeit.