Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Auch die Stadt Ravensburg muss die Geschäfte schließen
Oberbürgermeister Rapp wollte „Click and Meet“weiter erlauben – Nach Ansage von Lucha rudert der OB zurück – Kritik an der Stadtverwaltung
RAVENSBURG/BAD WALDSEE - Der Landkreis Ravensburg muss also die Notbremse ziehen, ab Dienstag gelten verschärfte Maßnahmen im Kreis. Unter anderem darf der Einzelhandel kein „Click & Meet“mehr anbieten, wie das Landratsamt Ravensburg in einem Presseschreiben erläutert. Die Stadt Ravensburg wollte die Geschäfte in der Stadt trotzdem geöffnet lassen, teilte Oberbürgermeister Daniel Rapp der „Schwäbischen Zeitung“am Sonntagvormittag mit. Das hatte er auch Gesundheitsminister Manfred Lucha geschrieben, der ihm im Laufe des Sonntags dann doch einen Strich durch die Rechnung machte.
„Wir können wegen einer so minimalen Überschreitung der 100er-Inzidenz ja jetzt nicht wieder alles zumachen und dann, sobald es (wie ja bereits angekündigt) eine landesweite Lösung für den Handel in wenigen Tagen wohl geben wird, wieder alles auf. Das bringt nichts und das versteht niemand“, so Rapp in einem Schreiben an Lucha, das der Redaktion vorliegt.
In dem Schreiben an den Minister teilte Rapp mit, dass auch „unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Grundgesetz)“die Stadt Ravensburg den Einzelhandel wie bisher weiterhin ermöglichen werde. Rapp verwies dabei darauf, dass dies entsprechend, wie das auch in Tübingen erlaubt sei, in „verantwortungsvoller Weise“umgesetzt werde. Heißt: „Click and Meet mit begleitender, smarter Schnellteststrategie, siehe auch unser dem Ministerium bereits vorliegendes Modellkonzept.“
Er hoffe, „dass die angekündigte landeseinheitliche Regelung für diese Bereiche der Wirtschaft möglichst schnell kommt“. Das betonte er auch im Gespräch mit der SZ und verwies dabei beispielsweise auch auf Reglungen in Rheinland-Pfalz, wo mit einer guten Teststrategie das Einkaufen mit einem negativen Schnelltestergebnis auch bei höheren Inzidenzen weiterhin möglich sei. „Eine solche regional einheitliche Regelung wäre auch im Sinne der Vermeidung von ,Shoppingtourismus’ und damit für die Bekämpfung der Pandemie aus meiner Sicht wichtig“, so Rapp an Minister Lucha.
Wie Rapp der SZ dann später am Sonntag mitteilte, habe ihn Minister Lucha in einem persönlichen Austausch auf die neue Corona-Verordnung des Landes verwiesen, die ab Montag mit Ausnahme von Tübingen gelten soll. Rapp hoffte auf „Click and Meet“mit Negativtest, doch daraus wird nun nichts. „Dass es hier keine Flexibilität geben soll, obwohl angekündigt war, dass es für den Einzelhandel in Baden-Württemberg ohnehin demnächst neue Regeln geben soll, bedauere ich“, so Rapp. Nun werde die Stadt Ravensburg vom Land angewiesen, die Läden zu schließen. „Kein Aufschub, keine Flexibilität.“Infektionsschutz sei eine staatliche Aufgabe, Städte hätten kein Recht („Anders als es Merkel letztens suggerierte“), es selbst zu regeln.
Das kostenlose Schnelltestkonzept der Stadt wie etwa in der Jodokskirche sei „gut“und sei auch „schnell weiter ausbaubar“. Rapp weiter: „Ich verstehe nicht, welche Gefahr von jemandem ausgehen soll, der nachgewiesener Weise nicht ansteckend ist.“
Im Laufe des Sonntags meldete sich auch Ravensburgs Landrat Harald Sievers zu Wort. „Dass das Land kurzfristig eine landesweite Lösung für den Handel plant, ist uns gegenüber bisher nicht kommuniziert und war uns auch sonst nicht bekannt“, schrieb er verwundert an Minister Lucha. Auch dieses Schreiben liegt der SZ vor.
In dem Schreiben an den Minister heißt es weiter: „Falls es tatsächlich so sein sollte, dass Sie diese Woche eine Regelung treffen wollen, die „Click & Meet“auch bei einer Inzidenz von über 100 zulässt, möchte ich mich dem Impuls von Herrn Oberbürgermeister Rapp mit Nachdruck anschließen.“Auch er hielte es politisch für falsch, wenn ab Dienstag im Landkreis Ravensburg Click & Meet untersagt würde und gleichzeitig schon klar wäre, dass das Land diese Art des Einkaufens im weiteren Verlauf der Woche auch bei einer Inzidenz von über 100 wieder zulassen wolle.
Bei Bad Waldsees Bürgermeister Matthias Henne kam der zuerst geplante Alleingang der Stadt Ravensburg indes gar nicht gut an. Kommunen
sollten nicht in Konkurrenz zueinander gehen, sagte er am Sonntag. „Wichtig wäre vielmehr eine einheitliche Lösung und nicht, dass einzelne Städte nun ausscheren und für eine Konkurrenzsituation sorgen. Das finde ich nicht gut“, sagte Matthias Henne im Gespräch mit der SZ.