Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Zwei kreative Steinzeugspezialisten
Osterproduktion in der Argen-Töpferei läuft zurückhaltend
GOPPERTSWEILER - Es blüht schon, die Frühlingstage locken – also findet der Vor-Ort-Termin nach einem Corona-Jahr wieder im Töpferei-Garten des Kunsthandwerker-Ehepaares Andrea und Warntje Engel in Goppertsweiler statt. Wie schon letztes Jahr kurz vor Ostern. Hat es seinerzeit noch geheißen, die Oster-Produktion läuft fürs nächste Jahr, ist nun immerhin das Fenster österlich dekoriert. Draußen im schönen Steingarten faszinieren das ganze Jahr über künstlerisch kreative Tonskulpturen.
Ein Jahr Pandemie habe sich als nicht immer so schön gezeigt, vor allem auch mangels ausreichend Krisen-, Test- oder Impfhilfen und durch persönliche Belastungen. Ein einziges Mal seien die Töpfer als „Dienstreise“im vergangenen Jahr in die alte Heimat nach Sylt gefahren. Dorthin habe man immer noch geschäftliche und familiäre Verbindungen. Aber das sei im Sommer schwierig gewesen, mit dem touristischen Massenansturm auf die Insel. Dies wiederum kenne man ja auch von der Bodenseeregion. Allerdings habe manch radelnder Tourist oder Ausflügler sich das Steinzeug-Angebot betrachtet – um dann über die Internetseite oder per Telefon einen Kontakt zu machen. Einen Online-Shop haben Andrea und Warntje Engel dennoch nicht. Letzterer erklärt warum: „Als Online-Angebot eignen sich unsere Produkte eher weniger.“Die seien letztlich für einen Klick-Kauf zu individuell, zu unterschiedlich, zu differenziert – schließlich wolle man da Unzufriedenheiten auf beiden Seiten ausschließen. Das Steinzeug sei dabei nicht nur höchst individuell, sondern gleichzeitig sehr zerbrechlich, mit hohen Verpackungsanforderungen. „Darauf habe ich nicht wirklich Lust“, sagt Andrea Engel, denn schließlich sei man lieber Gestaltungs- als Verpackungskünstler. Tatsächlich ist die große Kunst der Steinzeug-Spezialisten die kreative Gestaltung, der eigene Akzent, die unverkennbare Individualität.
Auch der Kaffee wird aus dem eigenen Geschirr getrunken. Erstaunlich, wie angenehm die Verbindung von Gestaltung, Leichtigkeit und Praktikabilität wirkt. „Und dazu kann es auch in die Spülmaschine“weiß der Töpfermeister. Jetzt im Sommer seien eher die fantasievollen Garten-Dekorationsobjekte gefragt, ist zu erfahren. Die Frage, was am besten geht, beantworten die beiden unisono: „Tassen, Teller, Schüsseln – individuell.“
Die beiden Kunsthandwerker wirken gelassen, trotz anhaltender Krise. „Wir lassen uns nicht bange machen“, weiß Warntje Engel, „da gibt es so einen Spruch zum Überleben:
Durchhalten und das Beste draus machen!“Seine Frau Andrea ergänzt: „So weit geht es uns im Vergleich gut.“Wichtig sei, positiv negativ zu bleiben. Wirtschaftlich könne man nicht wirklich klagen, zumal der Sommer ganz gut gelaufen sei, auch wenn es Einbußen gegeben hätte. „Außerdem halten uns schließlich unsere Stammkunden mit Bestellungen über Wasser“, betont Warntje Engel, „und es hilft sehr, dass es uns schon viele Jahre gibt.“Zudem sei es hilfreich, keine Miete zahlen zu müssen, ergänzt Ehefrau Andrea, und die Nebenkosten kontrollieren zu können. Bei den Produkten der ArgenTöpferei ist die Grenze zwischen Kunsthandwerk, Gebrauchskunst oder Dekorativ-Kunst und Handwerksproduktion nicht wirklich ohne Weiteres zu ziehen. Dekorative, festliche und andere Geschenke sind bei vielen Anlässen gefragt. Nicht nur an Ostern oder Weihnachten. Gleich geblieben ist die Qualität der Steinzeug-Keramik, auch wenn man bei Vorratsproduktionen und Material inzwischen eher zurückhaltend sei. Wasser- und Hitzewiderstandsfähigkeit,
Haltbarkeit und Härte sprechen für sich, begeistert sich Andrea Engel. Deswegen stehen die Argen-Töpfer für künstlerischen ästhetischen Anspruch bei Gebrauchskeramik in verschiedenen Varianten. Denn auch als Serie ist kein Stück ganz gleich. Daher, sind sich die Steinzeug-Experten einig, brauche es das Betrachten, Anfassen und persönliche Begutachten des Geschirrs oder der Einzelprodukte. Andrea Engel: „Das ist leider im vergangenen Corona-Jahr oft gewesen, dass uns das persönliche Verkaufsgespräch fehlt.“
Es herrscht Masken-Pflicht, gerade sind nur einzelne Besucher zum Abholen der Ware erlaubt. Auch beim Gespräch im österlichen Garten herrschen immer mindestens zwei Meter freundliche SicherheitsDistanz. Das scheint für Menschen um die Siebzig mit Vorerkrankungen in der Virus-Krise ein notwendiges Übel. Andrea Engel wird ein wenig nachdenklich. Die Zeiten hätten sich schon sehr geändert, denn früher sei man vom Wangener Ostermarkt bis an die dänische Grenze oft unterwegs gewesen, um originelle Töpferwaren anzubieten. Immerhin seit 1976 sind die Engels aus dem hohen Norden zunächst nach Pflegelberg, später nach Goppertsweiler gekommen – um zu bleiben. Bis auf wenige familiäre Kontakte nach Wangen und nach Friedrichshafen bleiben die Engels mit Sozialkontakten eher zurückhaltend. Obwohl Anfang des Jahres ihre goldene Hochzeit gefeiert werden sollte. Coronabedingungen entsprechend ist die Feier zum 50jährigen Zusammensein schließlich bescheiden ausgefallen.
Deswegen, darauf legt man im Hause Engel Wert, bleibt es ja doch beim guten Einvernehmen der beiden. Auch – oder vielleicht deshalb, weil jeder seine eigene Töpferscheibe hat. Schließlich sei man seit Jahrzehnten beim Arbeiten, Wohnen und vielen anderen Aktivitäten ein gutes Team. Zur nächsten Osterproduktion wollten sich die Engels lieber nicht äußern.
Weitere Infos unter www.argen-toepferei.de