Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bahnübergang Kehlen – so geht’s nicht weiter
Nach Gutachten: Kreis sieht sich in Sperrung bestätigt – Bahn informiert, „sobald konkrete Ergebnisse vorliegen“
KEHLEN - Wie der Augenschein trügen kann: Bagger und Radlader scheinen nahe dem Bahnübergang Kehlen für dessen neuerlichen Umbau bereitzustehen. Und tatsächlich legt das Gutachten nahe, dass ein solcher notwendig ist. Die Gerätschaften dürften aber vorbereitend für die Arbeiten im Zuge der Elektrifizierung abgestellt worden sein.
Der Übergang ist seit sieben Monaten für Kraftfahrzeuge gesperrt. Ob zurecht oder nicht – das sahen die Straßenverkehrsbehörde (Landratsamt) und die Deutsche Bahn als Bauherrin unterschiedlich. Anfang Februar kamen die drei Beteiligten (inklusive Gemeinde) überein, das Ergebnis einer Überprüfung zu akzeptieren und entsprechend zu handeln.
Auf Anfrage teilt Robert Schwarz (Pressesprecher Landratsamt) am
Donnerstagnachmittag mit: „Das Gutachten bestätigt, dass die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde, den Übergang nicht freizugeben, völlig richtig war und weiterhin ist.“Ein Bahnübergang ist Schwarz zufolge „ein derart sensibler Punkt, dass es keinen Zweifel an der baulichen Sicherheit geben darf. Die Prüfung hat aber deutlich gezeigt, dass die Bauausführung keine uneingeschränkte Befahrbarkeit ermöglicht. Deshalb hat die Straßenverkehrsbehörde gar keine andere Wahl, als die Freigabe zu versagen. Es liegt nun an der Bahn, einen baulich einwandfreien Zustand herzustellen“.
Auch bei der Bahn hat die SZ angefragt. Aus der Pressestelle heißt es von einer Sprecherin zeitgleich am Donnerstag: „Die Deutsche Bahn, das Landratsamt Bodenseekreis und die Gemeinde Meckenbeuren haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen zur schnellstmöglichen Öffnung des Bahnübergangs in Kehlen verständigt und einen unabhängigen Sachverständigen beauftragt. Zum inzwischen vorliegenden Gutachten tauschen sich das Landratsamt, die Stadt und die Deutsche Bahn aktuell noch aus. Wir informieren Sie, sobald uns konkrete Ergebnisse vorliegen.“Was bisher geschah:
Der Übergang hatte schon länger als Gefahrenstelle gegolten, da er von Südosten her recht steil angefahren werden muss. Zwingend wurde ein Umbau, nachdem im August 2015 ein Sattelschlepper aufgesessen war und nur glückliche Umstände verhinderten, dass mehr als Sachschaden entstand, als eine abbremsende BOB mit dem Lkw kollidierte.
Fünf Jahre später: Seit Mitte August 2020 wird der Übergang umgebaut. Die Kuppe soll durch eine Schleppkurve so abgemildert werden, dass Fahrzeuge nicht mehr aufund festsitzen können.
Ziel ist es, den Übergang im November nach einem Vor-Ort-Termin für den Verkehr wieder freizugegeben. Nur: Die Erkenntnis, dass bei einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern ein gefahrloses Befahren nicht möglich war, macht Nacharbeiten im Auftrag der Bahn notwendig.
Am 7. Dezember die zweite Verkehrsschau. Doch auch in deren Folge bleibt der Übergang gesperrt – die Staßenverkehrsbehörde verweigert die Freigabe. Anders sieht dies die Bauherrin: Die Bahn erklärt die Arbeiten für abgeschlossen.
Erst drei Monate später kommt Bewegung in die Sache, als sich Landrat Wölfle persönlich um Kontakt bemüht. Zwei Fragen sollen gutachterlich geklärt werden – ob die Baupläne den Regularien entsprechen und ob die Ausführung der Arbeiten korrekt ist.
Und nun das auf Ver- und Bemessungen gestützte Gutachten, demzufolge „eine uneingeschränkte Befahrbarkeit des Bahnübergangs nicht gegeben“ist. In welcher Weise darauf reagiert wird, müssen die Gespräche zeigen. Angedeutet ist in den Empfehlungen, dass der Landkreis „zeitnah“die Schussenbrücke sanieren will. „Es bietet sich an, während dieser Zeit den BÜ nochmals funktionsgerecht umzubauen“, heißt es.
Die erneute Sperrung der Bahnstrecke zwischen Ravensburg und Friedrichshafen ist vom 6. April bis 1. Mai mit Schienenersatzverkehr verbunden. Der Grund sind Abschlussarbeiten, um die elektrifizierte Südbahn im Dezember 2021 in Betrieb nehmen zu können.