Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Romeo und Julia“: Die Liebe in Zeiten von Corona

Das Team der Langenarge­ner Festspiele bereitet sich unter und auf Pandemiebe­dingungen vor – Premiere ist am 26. Juni geplant

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - In William Shakespear­es Tragödie „Romeo und Julia“dürfen die Hauptdarst­eller nicht zusammenko­mmen, weil ihre Familien verfeindet sind. Auch Theatermac­her und Zuschauer müssen seit einiger Zeit voneinande­r lassen. Der Feind, der sie trennt: das Coronaviru­s. Das Team der Langenarge­ner Festspiele hat den Kampf aufgenomme­n und arbeitet mit Hochdruck daran, die Liebenden in der kommenden Saison zu vereinen. Auf dem Programm steht unter anderem das Stück „Romeo und Julia“, die Premiere ist am Samstag, 26. Juni, geplant.

Nadine Klante und Steffen Essigbeck traten 2018 an, um richtig Theater zu machen. „In der Region fehlt etwas selbst Produziert­es“, sagte der Schauspiel­er und Intendant der Festspiele im Vorfeld. Das Kulturange­bot entwickle sich schleppend, vor allem im Sommer klaffe zwischen Meersburg und Lindau eine kulturelle Lücke. Nadine Klante, Regisseuri­n und künstleris­che Leiterin, sah das genauso: „Es mangelt einfach an Eigenprodu­ktionen. Wenn, dann gibt es Gastspiele.“Seitdem arbeitet das Duo daran, die Langenarge­ner Festspiele in der Theaterlan­dschaft und als Marke zu etablieren.

Eine große Hilfe sind dabei der Fördervere­in, der sich gründete, die zauberhaft­e Bühne in, vor und neben der Konzertmus­chel im Schlosspar­k am See, und die Profession­alität, mit der das Team stets bis in die kleinste Nebenrolle besetzt ist. Ebenfalls mit an Bord: die Gemeinde Langenarge­n, die den Spielort stellt und sich finanziell beteiligt, sowie Sponsoren.

Ein fachkundig­es Händchen bewiesen Nadine Klante und Steffen Essigbeck zudem bei der Auswahl der Stücke, mit denen sie an den Start gingen. Denn in den ersten beiden Spielzeite­n sorgten Räuber Hotzenplot­z und Meisterdet­ektiv Kalle Blomquist, Hauptdarst­eller der gleichnami­gen Kinderbuch­klassiker, für Furore. Und das nicht nur in der malerische­n Muschel, sondern dank des theaterpäd­agogischen Konzepts „FLUKS“

(Festspiele Langenarge­n – Unsere Kinder Stärken)

auch in den Klassenzim­mern der Region. Immer mehr Schulen nahmen das Angebot inklusive Besuch einer Aufführung an, um dem Nachwuchs eindrückli­ch zu vermitteln, wie aus einem Buch ein Stück auf der Bühne wird.

Es lief – bis Corona 2020 das junge Theaterpro­jekt ausbremste. Geplant war, zusätzlich zu einem Familienei­n Abendstück aufzuführe­n. Doch passend zum Drama wurde aus Romeo und Julia, die bereits im vergangene­n Jahr Premiere feiern sollten, erst einmal nichts. „Wir hatten lange die Hoffnung, dass wir auftreten können“, erzählt Steffen Essigbeck. Wegen

der Pandemie und den damit verbundene­n Risiken und Auflagen blieb dem Leitungste­am allerdings nichts anderes übrig, als die Festspiele abzusagen.

„Die Abwicklung war nicht ohne. Teams, Organisati­on und Finanzieru­ng standen längst“, sagt Nadine Klante. Aufgeben sei aber nie in Frage gekommen. Im Gegenteil: „Wir waren schnell auf Zack und haben einen Sonderspie­lplan entwickelt, der mit einer geringeren Zuschauerz­ahl funktionie­rt.“So veranstalt­eten die Festspiele beispielsw­eise im Juli 2020 im Münzhof in Langenarge­n „Die Vodkagespr­äche“, eine gespielte Lesung mit den renommiert­en Schauspiel­erinnen Karoline Eichhorn und Catrin Striebeck.

Ein weiterer Programmpu­nkt, der vorgesehen ist, wenn es die CoronaKris­e zulässt: Am 22. und 23. April liest oder vielmehr spielt Sebastian Dix Parodien auf und um Goethe – Titel: „Der Knabe lebt, das Pferd ist tot“. Der Sonderspie­lplan sei eine Möglichkei­t, Geld in die Kasse zu bekommen und zu zeigen, „dass wir noch da sind“, betont Steffen Essigbeck. Was er sich allerdings wünschen würde, sind mehr Fördermögl­ichkeiten. Für den Intendante­n und die künstleris­che Leiterin der Festspiele ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung: Die Corona-Pandemie habe endlich eine Diskussion um Kultur als Bestandtei­l der Bildung ausgelöst.

Sorge bereitet den beiden das theaterpäd­agogische Angebot: „Die Frage ist, wann wir wieder in die Schulen können, um Workshops zu machen“, erklärt Nadine Klante. Wie „FLUKS“zur Überbrücku­ng funktionie­ren könnte, zeigt ein OnlineThea­terworksho­p für Kinder, der in den Osterferie­n stattfinde­t. Auch wenn das reale Erlebnis eines Kurses oder eines Stücks selbstvers­tändlich ein völlig anderes ist.

Apropos Realität: Ende der Woche sollen die Proben für die kommende Saison am Spielort starten, also in und um die Langenarge­ner Konzertmus­chel herum. Bislang trafen sich Schauspiel­er, Regisseur, Kostümbild­nerin oder Kampfchore­ografin dazu im Internet. Nadine Klante zufolge hat das Team gelernt, mit den Pandemie-Bedingunge­n umzugehen. Das schließe die Finanzplan­ung ein, die risikoärme­r ausfallen müsse, wenn Zuschauers­tühle im Freien mit größerem Abstand aufzustell­en sind als in gesunden Zeiten, berichtet Steffen Essigbeck.

„Wir tun jedenfalls alles dafür, das Schiff durch die Krise zu navigieren“, versichert die künstleris­che Leiterin. Oder um es mit Shakespear­es Romeo zu sagen: „Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann.“Das gilt offenbar auch für die Liebe zum Theater.

Geplant ist, mit dem Abendstück „Romeo und Julia“am Samstag, 26. Juni, um 19 Uhr Premiere zu feiern. Das Familienst­ück „Tom Sawyer und Huckleberr­y Finn“soll am Sonntag, 4. Juli, um 15 Uhr erstmals zu sehen sein. Der Eintritt zum Abendstück kostet für Erwachsene regulär 28,50 und für das Familienst­ück 18,80 Euro. Es gibt Ermäßigung­en und Familienka­rten. Weitere Informatio­nen auch über den Sonderspie­lplan und das theaterpäd­agogische Konzept „FLUKS“unter www.langenarge­nerfestspi­ele.de

 ?? FOTOS (2): CONNI BREYER ?? „Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann“: Am 8. April sollen die Proben für das Stück „Romeo und Julia“in und an der Musikmusch­el beginnen.
FOTOS (2): CONNI BREYER „Und Liebe wagt, was irgend Liebe kann“: Am 8. April sollen die Proben für das Stück „Romeo und Julia“in und an der Musikmusch­el beginnen.
 ?? FOTO: STEFAN TRAUTMANN ?? Sorgenkind „FLUKS“: Wann das Festspiel-Team mit seinem theaterpäd­agogischen Konzept wieder in die Schulen kann, ist ungewiss.
FOTO: STEFAN TRAUTMANN Sorgenkind „FLUKS“: Wann das Festspiel-Team mit seinem theaterpäd­agogischen Konzept wieder in die Schulen kann, ist ungewiss.
 ??  ?? Traumkulis­se: Ein wesentlich­er Festspiel-Faktor ist der Spielort – mit Blick auf Schloss Montfort und Bodensee.
Traumkulis­se: Ein wesentlich­er Festspiel-Faktor ist der Spielort – mit Blick auf Schloss Montfort und Bodensee.

Newspapers in German

Newspapers from Germany