Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Künstler malen digital zusammen
Jugendkunstschule startet Corona-Projekt – Neue Ausstellung in der Volksbank
TETTNANG - Nur drei Stunden vor Unterrichtsbeginn hat die Künstlerklasse von Hubert Kaltenmark erfahren, dass der Unterricht an diesem Tag nicht stattfinden kann – die Schule sei vorerst geschlossen, wegen Corona. Das war im März vergangenen Jahres, die Ernüchterung bei den Nachwuchskünstlern der Jugendkunstschule Bodenseekreis war erstmal groß. Doch relativ schnell sei über die gemeinsame WhatsApp-Gruppe die Idee entstanden, das gemeinsame Kunstprojekt trotzdem weiterzuführen – nur eben digital. Die Ergebnisse dieses ungewöhnlichen Projekts sind seit Kurzem in einer neuen Ausstellung in der Volksbank in Tettnang und Meckenbeuren zu sehen.
Immer freitags trifft sich die Künstlerklasse unter der Leitung von Hubert Kaltenmark normalerweise im Bildungszentrum Meckenbeuren. Dabei will Kaltenmark seinen Schützlingen nichts beibringen, wie der Bildhauer aus Hiltensweiler betont. „Ich möchte mit dem arbeiten, was da ist. Mir geht es darum, wie die Schüler sich selbst finden und was sie erschaffen“, erklärt Kaltenmark.
Doch als die Künstlerklasse dann im Frühjahr 2020 coronabedingt ausfallen musste, klaffte im Alltag der Teilnehmer erstmal eine Lücke, sagt Kaltenmark. „Das fehlt den Schülern und auch mir natürlich schon. Da kommen Leute zusammen, die die gleichen Interessen haben.“Aber Kreativität ist schließlich das Spezialgebiet der Gruppe – daher wurde ein Konzept entwickelt, um das damalige Projekt digital weiterzuführen.
Der gemeinsame WhatsAppGruppenchat diente fortan als Arbeitsund Austauschplattform. „Als Thema hatten wir zu der Zeit gerade das Thema monochrom“, erklärt Kaltenmark. Sprich, die Schüler sollten Werke mit jeweils nur einer Farbe erschaffen. Vorgegeben war das Farbspektrum zwischen Gelb und Blau, also inklusive der Farbe Grün.
„Das war die einzige Vorgabe, der Rest kam von den Schülern selbst“, so Kaltenmark. Wöchentlich schickten die Schüler daraufhin Fotos von ihren Werken in die Gruppe. Und die waren ganz unterschiedlich: von Malereien und Zeichnungen über Inszenierungen bis zu Fotografien war alles dabei. Hin und wieder gab Hubert Kaltenmark Impulse und stand seinen Schülern unterstützend und beratend zur Seite.
Doch wohin mit den Werken, wenn sie doch keiner sehen kann? Im Laufe der Monate sei so die Idee entstanden, eine Sammlung zu erstellen. Bereits seit vielen Jahren hat die Jugendkunstschule eine Kooperation mit der Volksbank, die ihre Räume für Ausstellungen zur Verfügung stellt und die Künstlerklasse auch finanziell unterstützt. Seit rund zwei Wochen hängen nun die Bilder aus dem Corona-Projekt der Künstlerklasse in den Räumen der Volksbank. Jeweils acht großformatige Drucke der Schülerwerke sind in den Filialen in Tettnang und Meckenbeuren ausgestellt.
„Wir freuen uns sehr über die Bilder, mit jeder Ausstellung wirkt die Kunst anders auf den Raum“, schwärmt der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Friedrichshafen-Tettnang, Jürgen Strohmaier. Im Sommer sollen die Bilder durch andere Werke desselben Projekts ausgetauscht werden, kündigt Kaltenmark an.
Indes hoffen die Teilnehmer, dass sie bald wieder regulär zusammen malen können. Angesichts der sich stetig verändernden Verordnungen fällt eine Prognose aber schwer, meint Kaltenmark. Er freue sich nun jedoch, dass die Werke des vergangenen Jahres zumindest ausgestellt werden können und so vielleicht den einen oder anderen Betrachter inspirieren.
Die Ausstellung im ersten Obergeschoss der Volksbank-Filiale in der Lindauer Straße ist zu den üblichen Geschäftszeiten geöffnet.