Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Viele Menschen sind auf der Suche nach Spirituellem“
Diakon Dieter Walser aus Mariabrunn tritt eine neue Stelle an, um kirchliche Angebote im Tourismusbereich besser zu vernetzen
SEEGEMEINDEN - „Viele Menschen sind auf der Suche nach Spirituellem –gerade im Urlaub, gerade auch seit Corona.“Das sagt Dieter Walser aus Mariabrunn. Und er fügt hinzu: „Darunter sind auch viele Leute, die der institutionellen Kirche distanziert gegenüberstehen oder sogar aus der Kirche ausgetreten sind.“Walser ist seit vielen Jahren katholischer Diakon der Seelsorgeeinheit Seegemeinden – und bleibt es auch. Jedenfalls zu 50 Prozent. Am 1. Mai tritt er aber eine neue 50-Prozent-Stelle an, um kirchliche und spirituelle Angebote im Tourismusbereich in der Region besser zu vernetzen.
Wie wäre es mit einer Morgenwanderung durchs Ried? Oder einer Initiationswanderung in die Berge? Das Labyrinth vor der Eriskircher Pfarrkirche ist sicher auch einen Besuch wert. Auf dem Kressbronner Bibelweg kann man sich ganz der Schönheit Gottes Natur hingeben und wunderschöne Ausblicke genießen. Und „Pilgern von der Haustür“als Pilgertag auf dem Martinusweg könnte Körper und Geist gleichermaßen guttun. An Ideen mangelt es
Dieter Walser nicht. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er sich auf die Herausforderung freut und die neue Aufgabe mit großem Elan anpacken will.
Dass ihm die neue Stelle wie auf den Leib geschneidert sein könnte, lässt ein Blick in die berufliche Vita des 61-jährigen, dreifachen Familienvaters vermuten. „Geht hinaus“– diesem Wort aus dem Evangelium fühlt sich Dieter Walser in seinem kirchlichen Auftrag seit jeher verpflichtet. Fast zehn Jahre war der studierte Biologe und Theologe Camping-Seelsorger in Kressbronn-Gohren. Ein Ort, wo in der Hochsaison Tausende Menschen mit unterschiedlichen Interessenlagen ihren Urlaub genießen wollen und Familien auf engem Raum den ganzen Tag zusammenleben, wo nach seiner Erfahrung aber auch viele Menschen die Seele für ein paar Wochen so richtig baumeln lassen und gerne mit anderen über Gott und die Welt ins Gespräch kommen möchten.
Auch in der christlichen Jugendund Erwachsenenarbeit engagiert sich Diakon Walser auf seine ureigene Weise und bringt dabei abenteuerliche Freizeitaktivitäten und spirituellen Hintersinn unter einen Hut. Er lädt etwa zu Fantasy-Rollenspielen ein, heißt heranwachsende Söhne und ihre Väter zu einer „Nacht der Bestimmung“willkommen, ruft zur „Wald-Wellness“auf oder begrüßt erwachsene Männer zur Übernachtung im einem Tipi.
„Es geht nicht darum, eine spezielle Form des spirituellen Tourismus
auszubauen oder zu stärken, sondern darum, insgesamt zu fragen, wie die Kirche Touristen ein ansprechendes Sinnangebot machen kann“, betont Gregor Moser, Sprecher der Diözese Rottenburg-Stuttgart, mit Blick auf die Ausrichtung der neuen „Profilstelle“, die diözesanweit die erste ihrer Art sei. „Wenn Menschen im Urlaub sind, entsteht Freiraum, Menschen schauen auf ihr Leben, entspannen einfach, haben mehr Zeit“, erklärt Moser. Und sie seien vielleicht offener für die „großen Fragen“des Lebens als im ganz normalen Alltag. Das Dekanat
Friedrichshafen habe sich für diese Profilierung im Rahmen des „Kirche am Ort“-Prozesses entschieden, ergänzt Dekan Bernd Herbinger. Der Tourismus am See mit seinen außergewöhnlichen Facetten außerhalb der bekannten Pfade sei durchaus geeignet, um personell zu investieren und somit einen speziellen Akzent einer profilierten Seelsorge abseits der Gemeindepastoral zu setzen, sagt er.
Vielleicht zweimal in der Woche einen ungezwungenen Hock mit einem gemütlichen Vesper auf der Wiese anbieten? Auch eine Zusammenarbeit mit dem Gästehaus St. Theresia in Eriskirch-Moos, das von der St. Elisabeth-Stiftung betrieben wird, könnte sich Dieter Walser gut vorstellen. Natürlich will er die Kontakte zu den örtlichen Tourist-Informationen pflegen, sich um die Herausgabe von Flyern oder die Erstellung einer geeigneten Homepage kümmern. An Urlaubsgäste und Tagestouristen will er sich genauso richten wie an die Menschen vor Ort. „Bedürfnisse aufnehmen. Ansätze und niederschwellige Angebote entwickeln. Darin sehe ich meine Aufgabe“, so Dieter Walser. „Niemand soll sich vor einem institutionellen Rahmen fürchten müssen, geschweige denn davor, in irgendeiner Weise rekrutiert zu werden.“
„Niemand soll sich davor fürchten müssen, in irgendeiner Weise rekrutiert zu werden.“
Diakon Dieter Walser über das neue touristische Angebot der Kirche