Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vielfalt soll als Bereicherung erlebt werden
So hat Corona die Integrationsarbeit in Tettnang verändert – Ausländeranteil leicht gestiegen
TETTNANG - Jeder achte Tettnanger Bürger hat keine deutsche Staatsangehörigkeit. Insgesamt leben in Tettnang Menschen aus 95 verschiedenen Nationen. Die Gesellschaft in Tettnang sei vielfältig – und gerade deshalb sei es so wichtig, dass Integration ganz bewusst gelebt werde, betonte die Tettnanger Integrationsbeauftragte Brigitte Ganzmann, die in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses ihren regelmäßigen Bericht vorstellte.
Der Ausländeranteil in der Tettnanger Bürgerschaft ist im Jahr 2020 mit rund 12,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Im Jahr 2019 lag der Ausländeranteil noch bei 12,3 Prozent. In konkreten Zahlen bedeutet das: Von den rund 20 000 Einwohnern in Tettnang sind rund 2514 Ausländer. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 72 Personen, die keinen deutschen Pass haben.
Beim Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund stützt sich die Statistik auf das Statistische Landesamt Baden-Württemberg beziehungsweise die Werte des Regierungspräsidiums Tübingen. Demnach geht man davon aus, dass der Migrationsanteil in Tettnang bei 25 Prozent liegt – gut jeder vierte Bürger in Tettnang hat demnach einen Migrationshintergrund. Das bedeutet, dass die Person selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist.
Den größten Anteil der 95 Nationen, aus denen sich die Tettnanger Gesellschaft zusammensetzt, machen europäische Länder aus. Rund 66 Prozent der Ausländer in Tettnang kommen aus Europa, insbesondere aus Polen, dicht gefolgt von Italien, der Türkei und Rumänien. Rund 24 Prozent der Ausländer in Tettnang stammen aus Asien. Von diesen Menschen kommen widerum rund 8 Prozent aus der arabischen Welt.
Etwa 1,3 Prozent der Bevölkerung in Tettnang, in Summe also rund 260 Menschen, haben einen Fluchthintergrund.
Für die soziale Betreuung dieser Menschen erhält die Stadt aus dem Integrationspakt eine Förderung für zwei Stellen. Diese sind über die Johanniter vergeben und mit den beiden Integrationsmanagern Markus Eckardt und Daniela Weigelt besetzt, wobei die Stelle von Daniela Weigelt demnächst neu besetzt werden müsse, da sie das Team verlasse, wie Markus Eckardt in der Sitzung des Verwaltungsausschusses mitteilte.
Die 50-Prozent-Stelle der städtischen Integrationsbeauftragten besteht seit dem Jahr 2016, diese Position hat Brigitte Ganzmann inne. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem auch die Steuerung des Integrationsnetzwerks und die Planung von Aktionen wie etwa dem Internationalen Suppenfest, das im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie digital umgesetzt wurde. „Vielfalt soll als Bereicherung erlebt werden und nicht als
Ablehnung oder Spaltung“, so Ganzmann. Deshalb sei es wichtig, in Tettnang eine offene und vielfältige Gesellschaft zu leben, unter anderem durch gemeinsame Aktionen.
Die Corona-Pandemie habe auch seine Arbeit stark verändert, berichtete Markus Eckhardt. So könnten die Integrationsmanager aktuell die Flüchtlingsunterkünfte deutlich weniger aufsuchen als zuvor und auch das Angebot der Sprechstunde vor Ort könne kaum umgesetzt werden. Die Geflüchteten über aktuelle Corona-Maßnahmen informiert zu halten, bedeute außerdem einen hohen Aufwand in der Kommunikation, so Eckhardt. Für geflüchtete Familien
bringe die Pandemie mit all ihren Auswirkungen noch zusätzliche Schwierigkeiten mit sich: Integrationskurse seien ausgesetzt worden, Homeschooling stelle eine enorme Hürde dar.
„Die Flüchtlingskinder sind mit dem Homeschooling relativ alleingelassen. Da gibt es eine große Überforderung mit den digitalen Angeboten, da auch die Eltern in ihren Heimatländern häufig wenig Berührungspunkte damit hatten“, erklärte Eckhardt. Normalerweise gab es am Manzenberg zudem eine zentrale Hausaufgabenbetreuung für alle Kinder mit Migrationshintergrund. Seit einem Jahr sei dieses Angebot jedoch ebenfalls ausgesetzt. „Und wir können das in der Zukunft auch nicht mehr so weiterführen und auf ehrenamtliche Beine stellen“, erklärte Eckhardt.
Aktuell seien bereits weitere Projekte in Planung, etwa eine kulturelle Woche, die im Herbst im ganzen Landkreis stattfinden solle, kündigte Ganzmann an. Ebenso arbeite man derzeit an einem Erklärfilm zum Thema Brandschutz. Immer wieder komme es zu Feuerwehreinsätzen aufgrund von Brandmeldeanlagen in den Unterkünften – das zu verhindern und damit auch die Tettnanger Feuerwehr zu entlasten, sei Ziel des Films zur Aufklärung.