Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Paar infiziert sich mit Corona und leidet schwer
Sie berichten: „Wir haben in unserem Alter unheimlich viel Glück gehabt“
LANGENARGEN - Ein 79-jähriger Mann aus Langenargen und seine 76jährige Ehefrau haben sich Anfang November 2020 mit dem Corona-Virus infiziert. Nach Tagen und Wochen, die von Schmerzen, Lustlosigkeit, Atembeschwerden, vor allem aber von der Angst begleitet waren, in ein Krankenhaus auf eine Intensivstation zu müssen und seine Lieben nicht mehr sehen zu können, geht es den beiden nach fünfeinhalb Monaten heute wieder besser. Wenngleich sich ihre Körper noch nicht völlig von den Strapazen der schweren Krankheit erholt haben. Im Gespräch mit der SZ erzählen die Eheleute ihre ganz persönliche Geschichte.
Sie hätten sich seit Beginn der Pandemie immer und überall an die Regeln gehalten, berichten sie. Einen Mund-Nasenschutz getragen, die Hände desinfiziert und gereinigt, nicht mehr Kontakte als nötig gepflegt und die Geschehnisse rund um Corona in der Zeitung oder im Fernsehen mit Interesse und der notwendigen Ernsthaftigkeit verfolgt. Alles sei wie gewohnt und normal verlaufen. Bis zu jenem Abend des 8. Novembers, als auf dem Marktplatz in Langenargen das Ergebnis der ersten Bürgermeisterwahl öffentlich verkündet wurde. „Auch hier war Abstand zueinander und das Tragen einer Maske selbstverständlich. Da sagte ich meiner Frau, dass ich einen ungewöhnlich trockenen Hals hätte und von einem seltsamen Husten geplagt werde, worauf sie sagte, dass es ihr genauso ginge“, erinnert sich der
Rentner, der sich zunächst nichts weiter dabei dachte.
Die darauffolgende Nacht dagegen sei für beide sehr unruhig verlaufen: „Am nächsten Morgen bereits stellte sich Fieber mit 38,9 Grad ein. Darauf haben wir unverzüglich unseren Hausarzt in Langenargen konsultiert und uns auf Anraten einem Corona-Test unterzogen“, berichtet die Frau. „Das Ergebnis war ernüchternd, da uns mitgeteilt wurde, dass wir uns beide mit dem Virus infiziert hätten. Nur wenige Minuten später meldete sich das Gesundheitsamt und verordnete eine häusliche Quarantäne.“Wo sie sich angesteckt haben könnten, sei ihnen bis heute rätselhaft.
In der Folge erlebte das an sich lebenslustige und aktive Paar eine bedrückende und kräftezehrende Zeit, die dadurch verstärkt wurde, dass beide binnen zwei Tagen immer schwächer wurden: „Wir lagen den ganzen lieben Tag nur noch kraftund lustlos auf dem Sofa und verspürten keinerlei Appetit. Zermürbende Glieder- und schwere Muskelschmerzen begleiteten das Leiden. Das Atmen fällt einem zunehmend schwer. Der Kopf arbeitet: Wie wird es nun weitergehen? Müssen wir in die Klinik? Intensivstation, künstliches Koma? TV-Bilder aus überbelegten Krankenhäusern und den damit verbundenen Dramen beschäftigen dich. Wir dachten an unsere Familie, an die Kinder und Enkel. Wie wird das alles enden? Eine bedrückende Situation, die man niemanden wünscht.“
Im Laufe der Zeit verbesserte sich der Zustand der Eheleute, wenn auch sehr langsam. Einen weiteren Test beziehungsweise eine Impfung sei hingegen laut Aussage ihres Arztes vorerst nicht notwendig, da der Körper Antikörper gebildet habe. Daher käme auch eine Impfung aufgrund der nun vorhandenen Immunität erst im Laufe des Herbstes, wenn überhaupt, infrage. Dem Ehepaar geht es inzwischen wieder besser. „Nichtsdestotrotz leiden wir noch an Kurzatmigkeit. Auch die muskuläre Situation des Körpers lässt zu wünschen übrig. Dennoch sind wir zufrieden und dankbar. Wir haben in unserm Alter unheimlich viel Glück gehabt“, sagt der Mann, während er sich auf dem Gartenstuhl niedersetzt, die Hand seiner Frau nimmt und sie dabei glücklich und liebevoll ansieht.