Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nur die Pokalwettbewerbe bleiben übrig
Die Fußballsaison 2020/2021 im Amateurbereich ist seit Freitagabend annulliert – Entscheidung in Oberliga noch offen
RAVENSBURG - Auf www.fussball.de gab es die Saison 2020/2021 am Sonntag noch. Zwar waren alle Partien im Amateurbereich mit dem Wort „abgesetzt“gekennzeichnet, doch aufgeführt waren sie immerhin – inklusive der Tabellen auf dem Stand von Ende Oktober. Dabei gibt es diese Spielzeit nicht mehr. Vielmehr hat sie eigentlich nie stattgefunden. Denn am Freitagabend annullierte der Beirat des Württembergischen Fußballverbands (WFV) die Saison 2020/2021 wegen der anhaltenden Corona-Pandemie. Sie bleibt damit ohne Wertung, es gibt keine Auf- und Absteiger. Ausgenommen davon sind die Pokalwettbewerbe, die sportlich beendet werden sollen. Trotz dieser drastischen, bisher nie da gewesenen Maßnahme sind die Reaktionen von Fußballvertretern aus dem Bezirk Bodensee zustimmend.
Nuri Saltik, Vorsitzender des Fußballbezirks Bodensee, war als Mitglied im WFV-Beirat einer derjenigen, die am Freitag über die Annullierung der Saison entschieden haben. „Die Lage hat uns keine andere Wahl gelassen“, sagt Saltik. Die Saison ohne Wertung zu beenden, sei „alternativlos“gewesen. Emotionslos hingenommen hat er diese Umstände aber nicht. „Es ist tragisch für die Mannschaften“, verdeutlicht Saltik, der von zwei verlorenen Jahren spricht – und damit auch an die abgebrochene Saison 2019/2020 erinnert. Jetzt bleibt ihm nur noch die Hoffnung, dass wenigstens die nächste Spielzeit regulär im Sommer beginnen kann.
Diese Hoffnung hat auch Oliver Ofentausek, Trainer von Verbandsligist TSV Berg, der auf Platz vier in der Tabelle stand. Bis zuletzt hatte Ofentausek noch einen Restglauben an die Fortführung der Saison 2020/ 2021. „Wir geben auch nicht auf, nur weil wir in der 80. Minute mit 0:2 hinten liegen“, sagt er dazu. Den Abbruch am Freitagabend nimmt er trotzdem sportlich. Es breche für ihn dadurch keine Welt zusammen. Weitergespielt hätte er trotzdem gern: „Die Jungs waren so heiß. Die hätten sich auch mehrmals am Tag testen lassen, um zu spielen.“Trotz des Abbruchs
der Saison kann es Ofentausek kaum erwarten, endlich wieder auf den Platz zurückzukehren. Er werde das mit seiner Mannschaft auch zum nächstmöglichen Zeitpunkt tun, um sich in die lange Vorbereitung auf die kommende Spielzeit zu stürzen.
Der SV Kehlen hatte in der Saison 2020/21 große Probleme in der Landesliga. Mit nur einem Sieg und einem Unentschieden bei acht Niederlagen waren die Kehlener Tabellenletzter. „Wir wollen ehrlich sein: Wir haben viel Glück, dass wir auch in der kommenden Saison in der Landesliga spielen dürfen“, sagt Josef Kesenheimer. Der Sportliche Leiter des SVK hadert nicht groß mit dem Abbruch und der Annullierung der Saison. „Es war fast klar, dass es so kommen würde“, meint Kesenheimer. „Ein bisschen leid tut es mir nur für unsere jungen Spieler der zweiten Mannschaft.“Denn die lag als Tabellenzweiter der Kreisliga B IV gut im Rennen um den Aufstieg in die Kreisliga A. „Aber nach einer halben Hinrunde wäre eine Wertung nicht möglich gewesen“, weiß auch Kesenheimer. Die Kehlener konzentrieren sich nun auf die kommende Saison. Dann will es der SVK besser machen. „Sportlich hat die erste Mannschaft nicht das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten“, sagt Kesenheimer.
Trainer Patrick Mayer vom Bezirksligisten SV Beuren trägt die Entscheidung des WFV-Beirats vom Freitag mit Fassung. „Der Abbruch war nach den Entwicklungen der letzten Wochen zu erwarten“, sagt Mayer, der mit seiner Mannschaft auf Tabellenplatz vier stand. Er sei trotzdem enttäuscht, „dass auch diese Saison abgebrochen werden muss“. Ihn freut, dass die Beurener immerhin noch im Bezirkspokal vertreten sind. Die Pokalwettbewerbe hat der WFV bei seiner Entscheidung außen vor gelassen. So stehen auf Bezirksebene zunächst die Viertelfinals an – Beuren trifft auf den TSV Tettnang. Wann diese Runde gespielt wird, ist aber noch völlig offen. Auch im WFV-Pokal sollen die Halbfinals und das Endspiel noch ausgetragen werden. schließlich geht es um einen begehrten Platz im DFB-Pokal. Nicht mehr dabei ist der FV Ravensburg.
Generell ist die Saison für den FV beendet. Wie die Oberligasaison allerdings gewertet werden soll, ist für Steffen Wohlfarth „eine brutal schwere Entscheidung“. Das betrifft gar nicht so sehr seinen FV, der nach den zwölf absolvierten Partien Achter war, sondern den möglichen Aufstieg. Denn dass die Saison in der Oberliga im Gegensatz zu allen Spielklassen darunter noch nicht offiziell abgebrochen wurde, liegt auch an der Verzahnung zur Regionalliga Südwest. „Für mich wäre es okay, wenn Freiberg aufsteigen dürfte“, sagt Wohlfarth, Sportlicher Leiter und Trainer des FV. „Aber ist das nach 13 Spielen auch fair? Ich bin da echt zwiegespalten.“Daher wird es in dieser „kuriosen und schwierigen Situation“noch weitere Gespräche geben müssen.
Weitere Gespräche wird es auf WFV-Ebene auch über die neue Verbandsstruktur und eine Reform des Spielsystems geben. Allerdings erst im Jahr 2022 auf einem außerordentlichen Verbandstag. „Es ist uns wichtig, dass über dieses Thema in Präsenz entschieden wird, und dies auch erst dann, wenn alle Argumente ausgetauscht und alle Rahmenbedingungen bekannt sind“, sagt WFVPräsident Matthias Schöck. Eine Präferenz gibt es bei der Frage nach dem Spielsystem derweil aber schon: Künftig soll es eine Verbandsliga, vier Landesligen und nur noch zwölf Bezirksligen geben. Der Bezirk Bodensee bliebe in seiner Struktur davon nahezu unberührt.