Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Quarantäne im Hotel
Wenn zuhause Distanz nicht möglich ist: Hotel Zeppelin vermietet Quarantäne-Zimmer
FRIEDRICHSHAFEN - Wer aus einer als Risiko-, Hochinzidenz- oder Virusvarianten-Gebiet eingestuften Region nach Deutschland einreist, der ist verpflichtet, sich auf direktem Weg nach Hause „oder in eine andere geeignete Unterkunft“zu begeben und sich dort zu isolieren. So schreibt es das Bundesgesundheitsministerium in seiner aktuellen Information für Reisende vor. Es geht um die sogenannte „Häusliche Quarantäne“– die eben nicht immer zuhause möglich ist. Zum Beispiel wenn Geschäftsleute aus dem Ausland anreisen. Oder wenn Menschen auf keinen Fall zu Hause in Quarantäne gehen wollen, weil sie vielleicht mit einer Risikoperson zusammenleben. Das Hotel Zeppelin in der Eugenstraße springt in solchen Fällen ein.
Der Bedarf danach zeichnete sich bei der Zusammenarbeit mit einigen großen Unternehmen am See ab. Immer wieder gab es Nachfragen. „Wir haben seit vergangenem November schon etwa 40 Gäste beherbergt, die drei Tage, fünf Tage oder eine ganze Woche bei uns in Quarantäne verbracht haben“, erzählt Hotelchef und Eigentümer Wolfgang Rapel. Dafür habe man eigens eine „QuarantäneEtage“im Erdgeschoss eingerichtet, in der die jeweiligen Zimmer auch über eine – zum Nachbarzimmer abgetrennte – Terrasse verfügen. „In der Regel machen ausländische Geschäftsreisende davon Gebrauch, die bei hiesigen Großunternehmen Schulungen absolvieren“, sagt Rapel. Man habe schon Gäste aus Nordafrika, England, Holland, Italien oder Russland gehabt, deren Zimmer auch immer bereits im Vorfeld von den jeweiligen Unternehmen gebucht worden seien.
Natürlich sind für eine Quarantäne im Hotel Vorschriften einzuhalten, auch spezielle Hygienemaßnahmen sind unabdingbar. „Wir haben uns deshalb freiwillig von einem unabhängigen Unternehmen zertifizieren lassen. Auch Küche und Vorratsräume unterliegen regelmäßigem Monitoring“, betonen Wolfgang Rapel
und seine Frau Iris, die in ihrem familiengeführten Betrieb auch auf die Unterstützung ihrer 26-jährigen Tochter Alina bauen können.
Wie läuft aber nun eine Quarantäne im Hotel Zeppelin ab? Zunächst einmal dürfen die Gäste ihr Zimmer, beziehungsweise ihren abgetrennten Terrassenbereich, nicht verlassen. Dass die Zimmer mit Fernsehen und Internetanschluss ausgestattet sind, ist natürlich selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich sind die Vollverpflegung und die Getränke, die kontaktlos vor der Zimmertüre abgestellt werden.
Das Hotel arbeitet mit einem Restaurant zusammen, das bei der Zubereitung der Mahlzeiten auch auf individuelle Bedürfnisse eingeht. Religiöse Befindlichkeiten werden genauso berücksichtigt wie Unverträglichkeiten oder der Wunsch nach vegetarischen oder veganen Speisen. „Das ist ein Stück Lebensqualität, das man auch gerne in der Quarantäne möglich machen möchte“, betont Wolfgang Rapel.
Zum Gesamtpaket gehört darüber hinaus der Wäschewechsel, der auch persönliche Wäsche miteinbezieht, und nicht zuletzt ein Hygiene-Package mit Desinfektionsmitteln, FFP2Masken und Einweghandschuhen. Zuzüglich zum normalen Zimmerpreis muss der Quarantänegast des Hotels mit Mehrkosten in Höhe von 60 bis 70 Euro pro Tag rechnen. „Die Zeit der Isolation endet dann mit dem zweiten negativen Corona-Test durch einen Arzt“, sagt Rapel. „Anschließend werden die Zimmer komplett desinfiziert und für 48 Stunden nicht neu belegt.“
Bisher hat der Hotelchef gute Erfahrungen mit dieser Art der Beherbergung gemacht. „Die Gäste sind von ihren Partnerunternehmen bestens gebrieft worden, wenn sie zu uns kommen. Sie wissen, was sie zu tun und was sie zu lassen haben“, sagt er.
Überraschende Erkenntnisse bringt eine Nachfrage beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) zutage. Sie seien mit diesem Thema bisher wenig konfrontiert worden, räumen Horst Müller aus Hagnau als Vorsitzender der Dehoga Bodenseekreis, und sein Stellvertreter, Uwe Felix aus Friedrichshafen, ein. „Von QuarantäneZimmern in Hotels höre ich heute zum ersten Mal“, sagt gar Tobias Zwiener, Geschäftsführer für Grundsatzfragen beim Dehoga-Landesverband Baden-Württemberg.
„Wir haben während der CoronaPandemie Umsatzeinbrüche von rund 50 Prozent zu verkraften“, sagt Rapel. Auch er muss sein Personal in Kurzarbeit schicken, auch er muss staatliche Hilfen in Anspruch nehmen – und ansonsten auf eigene Rücklagen zurückgreifen. Dennoch: Neben der Möglichkeit, „normale“Geschäftsreisende zu beherbergen, ist die Vermietung von QuarantäneZimmern für ihn und sein Team in diesen Zeiten eine Chance, den Hotelbetrieb am Laufen zu halten. Ansonsten heißt es warten – und hoffen, dass das Licht am Ende des Tunnels bald heller wird.