Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ifm organisiert 150 000 Corona-Selbsttests
Erst der direkte Kontakt zum Hersteller machte es möglich – Impfkonzept liegt schon vor
TETTNANG/REGION - Selbsttests in Unternehmen sind ein wichtiger Bestandteil der Coronastrategie. Doch was auf dem Papier gut klingt, hat den Tettnanger Sensorikspezialisten ifm mit seinen rund 3400 Mitarbeitern an den Standorten am Bodensee erst einmal vor eine große Herausforderung gestellt. Die auf dem Markt verfügbaren Tests hätten nicht ausgereicht. Jetzt bezieht das Unternehmen die benötigten Mengen direkt beim Hersteller. Mittlerweile sind 35 000 Tests vor Ort, 20 000 stecken noch beim Zoll. Und 100 000 weitere sind bestellt.
Dass das so geklappt hat, findet Steffen Fischer alles andere als selbstverständlich. Er ist Geschäftsführer Personal bei dem Stiftungsunternehmen. „Ein normaler Mittelständler oder ein Unternehmen ohne weltweites Vertriebsnetz schafft das so nicht“, sagt er. Denn natürlich braucht so etwas Vorlauf und Planung. Und was heute schon etwas einfacher geht, sei vor ein paar Wochen in diesen Mengen wirklich unmöglich gewesen, so Fischer. Die Kosten veranschlagt das Unternehmen im sechsstelligen Bereich. Allerdings sei das gut zu bewältigen: Gerade in Asien ziehe momentan alles wieder an, die Zuwachsraten des Unternehmens liegen bei rund zehn Prozent.
„Die Hersteller dieser Selbsttests sind fast ausnahmslos in Asien“, sagt Fischer. Ein Einkäufer des Unternehmens in Hongkong suchte die Nummer eines renommierten Herstellers heraus und bestellte dann direkt. Die Tests entsprächen den behördlichen Vorgaben, betont Fischer. Durch die Knappheit zu Beginn werde priorisiert: Zuerst würden die Mitarbeiter in der Produktion und in produktionsnahen Bereichen versorgt, danach kämen weitere Abteilungen dran.
Pro Mitarbeiter gibt es zehn Selbsttests, die mindestens fünf Wochen reichen sollen. Diese Rationen stellen ifm-Mitarbeiter vor Ort zusammen, da die Verpackungsgröße bei der Lieferung davon abweicht. Parallel laufen auch die betrieblichen Corona-Tests weiter. Hier kooperiert ifm mit den Johannitern. Tausend Stück hat es seit Anfang des Jahres in der unternehmenseigenen Sporthalle gegeben. Drei positive Ergebnisse gab es in der Zeit – für Fischer
auch ein Zeichen, dass das Hygienekonzept im Unternehmen funktioniere.
Auf die Frage hin, wie hoch Fischer den zukünftigen Bedarf an Selbsttests einschätzt, erwidert dieser, dass er zum einen auf die zunehmende Zahl der Impfungen hofft. Auf der anderen Seite gebe es auch betriebliche und kommunale Möglichkeiten für Schnelltests, die Mitarbeiter nutzen könnten. Diese würden auch gebeten, solche Angebote zu nutzen. Dadurch würden die Selbsttests auch länger ausreichen.
In Sachen Impfungen hat ifm wie auch andere Unternehmen bereits ein Konzept ausgearbeitet, nachdem es hier auch eine Aufforderung an die Wirtschaft gegeben hatte. Das liegt derzeit fertig in der Schublade, allerdings stehen noch nicht einmal die politischen Rahmenbedingungen vor. Und auch die Haftungsfragen
müssen erst eindeutig geklärt werden, bevor ein Impfzentrum in Betrieb gehen könne.
Fischer macht keinen Hehl daraus, dass er die Verantwortung fürs Impfen grundsätzlich nicht bei Unternehmen sieht. Derzeit hält er diese Frage allerdings auch für eine Scheindiskussion, da es ohnehin zu wenig Impfstoff gebe. Auch müsse man die Ärzte organisieren, die dann statt in ihrer Praxis in betrieblichen Impfzentren impfen. „Ich glaube fest daran, dass die Impfungen über die Hausärzte und die Impfzentren laufen sollten“, sagt Fischer grundsätzlich. Aber: ifm stehe bereit, eine Impfung der Beschäftigten und ihrer volljährigen Angehörigen im gleichen Haushalt in Deutschland zu organisieren.
Was Steffen Fischer ausmacht, ist eine gewisse Corona-Müdigkeit. Hier ergeht immer wieder die Aufforderung, nicht locker zu lassen. In Einzelfällen ist es auch zu einer Abmahnung gekommen, die Betroffenen seien aber jeweils sehr einsichtig gewesen. Gut angenommen wird weiterhin die unternehmenseigene Corona-Hotline, sagt Fischer. Das schaffe für viele Mitarbeiter Sicherheit bei Details. Auch nehme er es so wahr, dass in den Gesprächen eine offene Atmosphäre herrsche.