Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Flächen für Gewerbe und Wohnbau
Bürgermeister Manfred Härle, Henrik Wengert und Frank Amann machen sich für den Regionalplan stark
FRIEDRICHSHAFEN - Wie viele Flächen für Wohn- und Gewerbegebiete zur Verfügung stehen sollen, das wird gerade im neuen Regionalplan für die nächsten 15 bis 20 Jahre festgelegt. Dabei ergibt sich für die Planer vom Regionalverband Bodensee Oberschwaben ein klassischer Zielkonflikt zwischen wirtschaftlichem Wachstum auf der einen und dem Naturschutz auf der anderen Seite. Die drei Bürgermeister Manfred Härle (Salem), Henrik Wengert (Owingen) und Frank Amann (Heiligenberg) positionieren sich jetzt in einer gemeinsamen Erklärung für den aktuellen Entwurf des Regionalplans, in dem insgesamt ein möglicher Flächenverbrauch von rund 2700 Hektar vorgesehen ist.
„Die Befürworter des Regionalplans wehren sich“heißt es in dem gemeinsamen Schreiben der Bürgermeister. Sie wehren sich gegen die aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Kritik an der zweiten Fassung des Entwurfs für den neuen Regionalplan. Der soll bereits im Juni dieses Jahres von der Verbandsversammlung verabschiedet werden. Inklusive Straßenbau und Rohstoffabbau geht es im Regionalplan um eine Fläche von 2700 Hektar, die für die kommenden 15 bis 20 Jahre im gesamten Verbandsgebiet in den Landkreisen Sigmaringen, Ravensburg und Bodensee ausgewiesen werden soll.
Für Verbandsdirektor Wilfried Franke ist wichtig, „dass wir im Regionalplan nur 320 Hektar für Wohnungsbau und rund 800 Hektar für Gewerbe einplanen“. Der Rest seien entweder Flächen, die bereits in den genehmigten Flächennutzungsplänen der Kommunen enthalten seien oder Flächen für Straßenplanungen. „Was mit der Fläche geschehen soll, das steht den Kommunen offen“, schreiben die Bürgermeister dazu. Diese Fläche müsse nicht zugebaut werden, es handle sich lediglich um ein Angebot, um eine Perspektive für potentielle Entwicklungsmöglichkeiten der Städte und Kommunen. Dass über die tatsächliche Umsetzung nicht der Regionalverband, sondern ausschließlich die Gemeinden vor Ort zu entscheiden haben, würden die Gegner des Regionalplans oft verschweigen, schreiben die Bürgermeister.
„Wir müssen den Bodenseekreis im Blick behalten“, sagt Salems Bürgermeister Manfred Härle. Immer gelte es, die ganz besondere Stellung des Landkreises im Vergleich zu den Landkreisen Sigmaringen und Ravensburg zu bedenken. Es gehe dabei nicht nur um Gewerbeflächen, sondern auch um Wohnraum. Würden die bebaubaren Flächen im Regionalplan weiter reduziert, wäre Wohnraum oder Wohneigentum im Bodenseekreis in naher Zukunft nicht mehr bezahlbar.
Lediglich 14,73 Prozent der ausgewiesenen Flächen für Industrie- und Gewerbeansiedlungen im Regionalplan
entfallen laut der Mitteilung auf den Bodenseekreis. Henrik Wengert hat die Sorge, dass nur noch die Landkreise Sigmaringen und Ravensburg Potenzial bieten könnten für eine mögliche Gewerbeentwicklung. Die Frage laute: Wo geht’s hin im Bodenseekreis, und droht der Landkreis ohne weitere Entwicklungsmöglichkeiten wirtschaftlich abgehängt zu werden?
„Die Sorge treibt mich und meine
Kollegen um, ob wir auch in Zu- kunft noch eine entscheidende und zukunftsorientierte Rolle spielen können, wenn in die Wohn- und Gewerbeentwicklung massiv eingegriffen wird“, sagt Wengert.
„Wenn wir uns der Potenziale, der Chancen für eine weitere Entwicklung berauben, sehe ich für die Region und unsere Wirtschaftskraft schwarz“, sagt Amann. Das Problem sieht er darin, dass Wirtschaftsverbände längst keine Lobby mehr hätten, sich wegduckten, wenn es ungemütlich werde, und in der Öffentlichkeit nicht mehr wahrgenommen würden. Neben Arbeitsmarktveränderungen befürchtet Amann einen enorm hochpreisigen Grundstücksund Wohnungsmarkt. Auch Überalterung hält er für eine Folge des Abwanderns junger Menschen in andere Regionen mit beruflichen Entwicklungschancen. Amann, Härle, Wengert sehen laut der Mitteilung im Regionalplan keine Verhinderungsplanung, „sondern ein weitsichtiges Angebot, eine Perspektive für Städte und Kommunen, in welchem Ökologie und Ökonomie in Einklang gebracht wird.“
Kritik äußern die drei Bürgermeister laut Mitteilung auch „an den Methoden der Regionalplan-Gegner – nicht nur an ihrer Wortwahl und ihrer Polemik, auch und vor allem an der Wahl ihrer Mittel“. Es scheine so, als würden junge Menschen für eine Sache missbraucht, die sie selbst noch gar nicht in Gänze umreißen, heißt es in der Mitteilung weiter. Gemeint ist etwa eine Protestaktion, bei der Anfang Februar „Umwelt- und Klimaaktivisten auf das Dach des Ravensburger Verbandsgebäudes klettern und einen Schaden im vierstelligen Bereich verursachen, ohne dafür einzustehen“. Die Umweltaktivisten hatten dabei ein Banner angebracht mit der Aufschrift „Kiesexport und Asphaltwahn, das ist ein Klima-Höllenplan“. Die drei Bürgermeister Amann, Härle und Wengert sehen im Regionalplan dagegen Entwicklungschancen und die einzige Möglichkeit, auch in Zukunft den Menschen Perspektiven bieten zu können. „Wir wollen und können nicht noch weitere Abstriche machen. Wir brauchen den Regionalplan dringend.“