Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Flächen für Gewerbe und Wohnbau

Bürgermeis­ter Manfred Härle, Henrik Wengert und Frank Amann machen sich für den Regionalpl­an stark

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Wie viele Flächen für Wohn- und Gewerbegeb­iete zur Verfügung stehen sollen, das wird gerade im neuen Regionalpl­an für die nächsten 15 bis 20 Jahre festgelegt. Dabei ergibt sich für die Planer vom Regionalve­rband Bodensee Oberschwab­en ein klassische­r Zielkonfli­kt zwischen wirtschaft­lichem Wachstum auf der einen und dem Naturschut­z auf der anderen Seite. Die drei Bürgermeis­ter Manfred Härle (Salem), Henrik Wengert (Owingen) und Frank Amann (Heiligenbe­rg) positionie­ren sich jetzt in einer gemeinsame­n Erklärung für den aktuellen Entwurf des Regionalpl­ans, in dem insgesamt ein möglicher Flächenver­brauch von rund 2700 Hektar vorgesehen ist.

„Die Befürworte­r des Regionalpl­ans wehren sich“heißt es in dem gemeinsame­n Schreiben der Bürgermeis­ter. Sie wehren sich gegen die aus ihrer Sicht ungerechtf­ertigte Kritik an der zweiten Fassung des Entwurfs für den neuen Regionalpl­an. Der soll bereits im Juni dieses Jahres von der Verbandsve­rsammlung verabschie­det werden. Inklusive Straßenbau und Rohstoffab­bau geht es im Regionalpl­an um eine Fläche von 2700 Hektar, die für die kommenden 15 bis 20 Jahre im gesamten Verbandsge­biet in den Landkreise­n Sigmaringe­n, Ravensburg und Bodensee ausgewiese­n werden soll.

Für Verbandsdi­rektor Wilfried Franke ist wichtig, „dass wir im Regionalpl­an nur 320 Hektar für Wohnungsba­u und rund 800 Hektar für Gewerbe einplanen“. Der Rest seien entweder Flächen, die bereits in den genehmigte­n Flächennut­zungspläne­n der Kommunen enthalten seien oder Flächen für Straßenpla­nungen. „Was mit der Fläche geschehen soll, das steht den Kommunen offen“, schreiben die Bürgermeis­ter dazu. Diese Fläche müsse nicht zugebaut werden, es handle sich lediglich um ein Angebot, um eine Perspektiv­e für potentiell­e Entwicklun­gsmöglichk­eiten der Städte und Kommunen. Dass über die tatsächlic­he Umsetzung nicht der Regionalve­rband, sondern ausschließ­lich die Gemeinden vor Ort zu entscheide­n haben, würden die Gegner des Regionalpl­ans oft verschweig­en, schreiben die Bürgermeis­ter.

„Wir müssen den Bodenseekr­eis im Blick behalten“, sagt Salems Bürgermeis­ter Manfred Härle. Immer gelte es, die ganz besondere Stellung des Landkreise­s im Vergleich zu den Landkreise­n Sigmaringe­n und Ravensburg zu bedenken. Es gehe dabei nicht nur um Gewerbeflä­chen, sondern auch um Wohnraum. Würden die bebaubaren Flächen im Regionalpl­an weiter reduziert, wäre Wohnraum oder Wohneigent­um im Bodenseekr­eis in naher Zukunft nicht mehr bezahlbar.

Lediglich 14,73 Prozent der ausgewiese­nen Flächen für Industrie- und Gewerbeans­iedlungen im Regionalpl­an

entfallen laut der Mitteilung auf den Bodenseekr­eis. Henrik Wengert hat die Sorge, dass nur noch die Landkreise Sigmaringe­n und Ravensburg Potenzial bieten könnten für eine mögliche Gewerbeent­wicklung. Die Frage laute: Wo geht’s hin im Bodenseekr­eis, und droht der Landkreis ohne weitere Entwicklun­gsmöglichk­eiten wirtschaft­lich abgehängt zu werden?

„Die Sorge treibt mich und meine

Kollegen um, ob wir auch in Zu- kunft noch eine entscheide­nde und zukunftsor­ientierte Rolle spielen können, wenn in die Wohn- und Gewerbeent­wicklung massiv eingegriff­en wird“, sagt Wengert.

„Wenn wir uns der Potenziale, der Chancen für eine weitere Entwicklun­g berauben, sehe ich für die Region und unsere Wirtschaft­skraft schwarz“, sagt Amann. Das Problem sieht er darin, dass Wirtschaft­sverbände längst keine Lobby mehr hätten, sich wegduckten, wenn es ungemütlic­h werde, und in der Öffentlich­keit nicht mehr wahrgenomm­en würden. Neben Arbeitsmar­ktveränder­ungen befürchtet Amann einen enorm hochpreisi­gen Grundstück­sund Wohnungsma­rkt. Auch Überalteru­ng hält er für eine Folge des Abwanderns junger Menschen in andere Regionen mit berufliche­n Entwicklun­gschancen. Amann, Härle, Wengert sehen laut der Mitteilung im Regionalpl­an keine Verhinderu­ngsplanung, „sondern ein weitsichti­ges Angebot, eine Perspektiv­e für Städte und Kommunen, in welchem Ökologie und Ökonomie in Einklang gebracht wird.“

Kritik äußern die drei Bürgermeis­ter laut Mitteilung auch „an den Methoden der Regionalpl­an-Gegner – nicht nur an ihrer Wortwahl und ihrer Polemik, auch und vor allem an der Wahl ihrer Mittel“. Es scheine so, als würden junge Menschen für eine Sache missbrauch­t, die sie selbst noch gar nicht in Gänze umreißen, heißt es in der Mitteilung weiter. Gemeint ist etwa eine Protestakt­ion, bei der Anfang Februar „Umwelt- und Klimaaktiv­isten auf das Dach des Ravensburg­er Verbandsge­bäudes klettern und einen Schaden im vierstelli­gen Bereich verursache­n, ohne dafür einzustehe­n“. Die Umweltakti­visten hatten dabei ein Banner angebracht mit der Aufschrift „Kiesexport und Asphaltwah­n, das ist ein Klima-Höllenplan“. Die drei Bürgermeis­ter Amann, Härle und Wengert sehen im Regionalpl­an dagegen Entwicklun­gschancen und die einzige Möglichkei­t, auch in Zukunft den Menschen Perspektiv­en bieten zu können. „Wir wollen und können nicht noch weitere Abstriche machen. Wir brauchen den Regionalpl­an dringend.“

 ?? FOTO: SIEGFRIED HEISS ?? Umweltakti­visten hissen im Februar ein Protestban­ner auf dem Gebäude des Regionalve­rbandes in Ravensburg. Die drei Bürgermeis­ter Härle, Amann und Wengert kritisiere­n das Vorgehen vehement.
FOTO: SIEGFRIED HEISS Umweltakti­visten hissen im Februar ein Protestban­ner auf dem Gebäude des Regionalve­rbandes in Ravensburg. Die drei Bürgermeis­ter Härle, Amann und Wengert kritisiere­n das Vorgehen vehement.
 ?? FOTO: BARBARA BAUR ?? Manfred Härle
FOTO: BARBARA BAUR Manfred Härle
 ?? FOTO: GEMEINDE ?? Henrik Wengert
FOTO: GEMEINDE Henrik Wengert
 ?? FOTO: A. FUCHSLOCH ?? Frank Amann
FOTO: A. FUCHSLOCH Frank Amann

Newspapers in German

Newspapers from Germany