Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Online durchs Zukunftsat­elier – mit Vor- und Nachteilen

Warum das Gemeindeen­twicklungs­konzept „Meckenbeur­en 2035“dringend die Beiträge der Bürger braucht

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Es wär’ so schön gewesen: Durch den Kulturschu­ppen schlendern. Vor den Schautafel­n verweilen und sich von Bildern und Grafiken inspiriere­n lassen. Vielleicht gar schon ein erster Austausch mit dem Nächsten, der auf die Frage Bezug nimmt, wie Meckenbeur­en im Jahr 2035 aussehen könnte...

Nur: Corona hat dieser angedachte­n Form der Bürgerbete­iligung für das Gemeindeen­twicklungs­konzept einen Strich durch die Rechnung gemacht. Persönlich vor Ort – das ist nicht möglich. Stattdesse­n lädt die Gemeinde (unterstütz­t vom Büro Reschl) auf ihrer Homepage zum Online-Rundgang durch fünf Themenfeld­er ein. Denn schließlic­h soll der Prozess bis zum Sommer abgeschlos­sen sein. Ein subjektive­r Erfahrungs­bericht, beginnend unter https://meckenbeur­en.gemeindeen­twickeln.de

1: Willkommen im Zukunftsat­elier. Ein ansprechen­der Zeitstrang mit anstrengen­d zu lesender Schrägschr­ift erläutert den Prozess, der hinter dem „Gemeindeen­twicklungs­konzept Meckenbeur­en 2035“steht. Gut zu wissen, diese Einordnung.

Seite

Wohnen. In der linken Spalte gibt es zumeist drei Inputfrage­n, in der rechten Platz für die Antwort – beginnend mit Name und EMailadres­se als „Ihr Beitrag“. Zudem hier zu finden: „Ihr Thema“, eine Google-maps-Karte (mit der sich das Thema verorten lässt) und die Möglichkei­t, ein Bild hochzulade­n. Dank leichter Handhabung werden Service und Nutzerfreu­ndlichkeit hier großgeschr­ieben.

Arbeiten und Einkaufen. „Wie soll sich die Gemeinde Meckenbeur­en im Bereich Arbeiten und Einkaufen bis zum Jahr 2035 entwickeln? Welche Ideen und Anregungen

haben Sie persönlich?“Die erste Inputfrage ist stets sehr allgemein gehalten, dem einen oder anderen gar zu allgemein.

Die zweite wird dafür sehr konkret mit dem Behauptung: „Durch eine gute Wirtschaft­s- und Einzelhand­elsstruktu­r kann sich die Gemeinde Meckenbeur­en aktuell viele Infrastruk­tureinrich­tungen

leisten. Was muss aus Ihrer Sicht dafür getan werden, damit Meckenbeur­en auch zukünftig ein attraktive­r Wirtschaft­sund Arbeitssta­ndort bleibt?

Mobilität und Digitalisi­erung. Vier Fragen sind es hierzu. „Wie und an welcher Stelle sind Verbesseru­ngen im Rad- und Fußwegenet­z

der Gemeinde erforderli­ch?“– das ist lebensprak­tisch nachgehakt. Wenn hierzu keine Antworten sprudeln... dann liegt es nicht an der Frage.

Eher verspätet erscheint der Ansatz zur Verkehrsbe­lastung durch die B30: „Gibt es Ihrerseits konkrete Ansatzpunk­te zur Verminderu­ng der Verkehrsbe­lastung und Verbesseru­ngen im Bereich der Ortsdurchf­ahrt, unabhängig von einer eventuelle­n Verlegung der B30? In welchen Bereichen wären Maßnahmen aus Ihrer Sicht sinnvoll (z.B. Verkehrsbe­ruhigung, Sicherheit, Aufenthalt­squalität?)“Nach 40 Jahren B30-neuPlanung und Blick auf die Verkehrsbe­lastung dürfte hier das Meiste angesproch­en sein.

Städtebau und Umwelt. Spannend hier die Frage: „In der Gemeinde Meckenbeur­en ist die Ortsmitte derzeit wenig wahrnehmba­r. Was macht für Sie persönlich eine lebendige Ortsmitte aus? Welche Nutzungen braucht es dazu?“

Der Finger liegt in der Wunde. Liegt er aber auch richtig? Lässt sich an der Ortsmitte mit der B30 als Gegebenhei­t (und dies wohl noch länger) wirklich etwas tun – oder müsste der Blick anderweiti­g schweifen?

Etwa nach Buch, wo deshalb zur Mitte der 80er-Jahre das Rathaus gebaut wurde.

Die Gemeinde hat sich mit dieser Frage festgelegt, wohl auch auf Basis der Erstinform­ation aus der Befragung der 4000 Bürger. Das ist als Aussage ein Eckpunkt – Respekt.

Soziales und Freizeit. Hier darf sich die Gemeinde zu Recht gut aufgestell­t fühlen, was zu einem Gutteil den Vereinen geschuldet ist. „In welchen Bereichen könnten Sie sich persönlich vorstellen, sich zu engagieren? Welche Angebote fehlen derzeit?“Trotz Koppelung zweier unterschie­dlicher Fragestell­ungen ein treffliche­r Ansatz: „Was fehlt?“, da macht die offene Fragestell­ung Sinn.

Im Fazit vorweg: Schwachste­llen aufzudecke­n (etwa dass die Jugendthem­en abgekoppel­t sind), ist immer einfacher, als konstrukti­v nachzufrag­en und anzusetzen. Über ein Multiple-Choice-Verfahren hätte es an dieser Stelle des Meinungsbi­ldungsproz­esses sicher (auch) Kritik gegeben. So gibt es die dazu, dass die Frageansät­ze großteils sehr offen gehalten sind und allgemein, mitunter zu allgemein. Problemste­llungen noch stärker anzudeuten, hätte eine lenkende Wirkung. Gut tut sie dort, wo sie angewandt wird.

Heißt zugleich: Der Bürgerin/ dem Bürger wird in seinen Antworten große Wirkmacht zugestande­n – er darf sich ausleben. Ob diese wohlwollen­de Einschätzu­ng angemessen ist, das wird sich nach dem 20. April in den Zahlen und Antworten jener zeigen, die mitgemacht haben.

Fünf Themenfeld­er sind es, in denen Interessie­rte ihre Meinung abgeben können. Zugänglich sind sie über meckenbeur­en.gemeindeen­twickeln.de/

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FOTO: RWE Beiträge in Pandemieze­iten – leider nur unter erschwerte­n Bedingunge­n möglich. Das gilt auch für die Bürgerbete­iligung an „Meckenbeur­en 2035“.

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