Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Damit die analoge Liebe nicht auf der Strecke bleibt
Nina Ehrle gründet eine Agentur und plant Dating-Veranstaltungen – denn Singles leiden in der Pandemie
SCHLACHTERS - Nina Ehrle aus Sigmarszell-Schlachters will ab Mai die Corona-Einsamkeit bekämpfen – mit Dating-Veranstaltungen für die Region. Weil die Treffen in Neuravensburg und Lindau unbedingt analog stattfinden sollen, hofft Ehrle auf niedrige Inzidenzwerte.
„Die Menschen wollen reelle Erlebnisse. Wollen andere Menschen leibhaftig sehen und hören, und nicht überlegen, ob sie vielleicht gerade einer virtuellen Mogelpackung aufsitzen, die ganz anders aussieht, oder viel älter oder jünger ist, als sie behauptet“, beschreibt Nina Ehrle den Grund, warum sie ihre Plattform „MJoy – Single Events im Allgäu und am Bodensee“gegründet hat. „Hier ist Speeddating eine gute Sache. Unsere Zukunft braucht wieder Gesichter, die direkt vor uns lächeln, braucht Emotionen. Man spürt im persönlichen Kontakt einfach viel mehr.“Mit dem Speeddating will sie etwas Spaß und Spannung ins Leben zurückbringen. Vor allem für diejenigen, die allein leben – die will sie rausholen aus der Isolation. „Es ist krass zu sehen, was die Einsamkeit mit einem Menschen macht.“
Die Sache mit dem Speeddating spukt der 32-Jährigen schon lange Zeit im Kopf herum. Von Beruf ist sie freie Rednerin für Feste, Hochzeiten, Jubiläen oder Trauerfeiern – sie kennt sich außerdem mit der Planung und Organisation von Veranstaltungen aus. „Ich denke schon, dass ich einen feinen Spürsinn für andere Menschen habe. Dass ich fühle, wie es ihnen geht. Und als ich gesehen habe, wie vielen meiner Bekannten und Freunde so langsam aber sicher die Luft ausgeht, war mir klar, ich muss handeln.“
Und so funktioniert ihre neue Agentur MJoy: Die Anmeldung und ein großer Teil der Information, Organisation und Kommunikation läuft über die Website. Die Hauptsache sei jedoch, dass das Speeddating und weitere Single-Events analog stattfinden, sagt Ehrle. Beim Speeddating lerne man Menschen kennen, denen man sonst nie begegnet oder ins Gespräch gekommen wäre. Das sei wie fünf Blinddates auf einmal, so Ehrle. Bei den Veranstaltungen sollen sich fünf Singlefrauen und fünf Singlemänner in ungezwungener Atmosphäre gegenüber sitzen. Sie haben sechs Minuten Zeit, sich Fragen zu stellen und zuzuhören. Dann rückt entweder die Damen- oder die Männerreihe
einen Platz weiter. Auf Kärtchen notieren sich die Teilnehmer Besonderheiten und kreuzen am Ende an, wen sie gerne wieder sehen möchten. Bei Übereinstimmungen, wenn sich also zwei Teilnehmer gegenseitig angekreuzt haben, stellt MJoy den Kontakt her.
„Das ist spannend. Was hat man schon zu verlieren? Nichts. Selbst wenn nicht die große Liebe meines Lebens vor mir sitzt, und nicht gleich die Hochzeitsglocken läuten, ist es ein lustiges Abenteuer. Es ist auch schön, eine gute Freundin, einen Freund oder Gleichgesinnten für Freizeitaktivitäten zu finden“, sagt die MJoy-Gründerin. Das erste Speeddating hat Ehrle für den 19. Mai geplant und richtet sich an Singles zwischen 20 und 32 Jahre. Am 26. Mai sollen sich Singles zwischen 26 und 39 Jahre angesprochen fühlen, und am 2. Juni treffen sich 38-Jährige bis 50 plus. Die Altersvorschläge seien unverbindlich und sollen lediglich verhindern, dass bei einem Speeddating-Abend zu krasse Altersunterschiede
zusammentreffen. Als Treffpunkt hat Ehrle den Brennerwirt in Neuravensburg gefunden. Dort gebe es einen separaten Saal mit viel Platz, der sich hervorragend eignet.
Bei ihrer Planung habe Nina Ehrle festgestellt, dass es für Singles in der Region, die einen gleichgeschlechtlichen Partner suchen, überhaupt keine Plattform gebe. „Das Thema ist immer noch tabu. Das finde ich sehr schade“, sagt sie. Deshalb habe sie auch Veranstaltungen entwickelt, auf denen sich Menschen kennen lernen sollen, die unter dem Begriff LGTB zusammengefasst werden. LGTB ist eine Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender (lesbisch, schwul, bisexuell und transgender). Für Juni plant Ehrle daher zwei „Quiz-und-Date-Events“. Einmal quizzen nur Männer, einmal nur Frauen.
Die Idee und die Veranstaltungen hätten sich laut Ehrle schnell herumgesprochen und die ersten Anmeldungen trudelten ein. Dann grätschten die erneut steigenden PandemieZahlen dazwischen und stellten wieder alles infrage. „Die Planung steht noch aber so realistisch bin ich schon, dass ich erkenne, wie wackelig alles ist. Die Teilnehmer wissen, dass sich alles wieder ändern kann, und wir die Termine vielleicht verschieben müssen. Aber sie freuen sich trotzdem darauf. Es tut gut, für Vorfreude zu sorgen.“Aktuell könne keiner sagen, was in ein paar Wochen sein wird. Die Hoffnung liege auf sinkenden Infektionszahlen in den kommenden Wochen. Die Veranstaltungen will Ehrle jedoch keinesfalls absagen, diese würden nur verschoben werden. Für die Veranstalterin steht fest, dass das Speeddating und die Veranstaltungen für Schwule und Lesben nicht auf Biegen und Brechen stattfinden werden, sondern nur, wenn sie auch ohne Mund-NasenMaske gefahrlos möglich sind. „Wir werden auf alle Fälle alle geltenden Maßnahmen respektieren“, betont Ehrle. Regeln wie Abstand, große, gut belüftete Räumlichkeiten, eventuell Schnelltest und alle Hygieneregeln könnten gut eingehalten werden. Auch Plexiglaswände zwischen den Teilnehmern wären möglich. Aber sich beim Speeddating mit Maske gegenüberzusitzen, ginge am Sinn vorbei.
Weitere Informationen und unter:
www.mjoy-events.com
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