Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Von Regenbogenfahnen und aggressiven Reaktionen
Kontroverse Pfarreien und Privatleute in Vorarlberg hängen symbolträchtige Fahnen auf, um die Haltung der Kirche gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren zu kritisieren
VORARLBERG (sz) - Dass laut Vorschrift des Vatikans katholische Priester keine gleichgeschlechtlichen Paare segnen dürfen, hat in Vorarlberg sichtbare Reaktionen ausgelöst. Pfarreien zeigen ihr Unverständnis, indem sie Regenbogenfahnen an ihren Gebäuden oder vor Kirchen platzieren. Nicht überall bleiben sie lange hängen: Immer wieder sind diese Fahnen, die seit den 1970er-Jahren auch als Zeichen der Schwulen- und Lesbenbewegung verstanden werden, Ziel von Vandalen und Dieben.
In der Pfarrei Hard und beim Diözesanhaus in Feldkirch haben laut Medienberichten Unbekannte die Regenbogenfahnen verbrannt, in Altenstadt und Hohenems wurden solche Fahnen gestohlen. Als sicheren Standort für ihre Werbung für Toleranz haben die Christen in Altenstadt inzwischen den Kirchturm gewählt. Auch am Hohenemser Schlossplatz, wo die Fahne als Zeichen für Toleranz und Vielfalt gehisst worden war, wehte sie nach wenigen Tagen wieder. Der Dieb oder die Diebin hatte sie per Post ans Rathaus zurückgeschickt – samt einem Entschuldigungsbrief, berichtet der Österreichische Rundfunk (ORF). In dem Schreiben heißt es unter anderem: „Meine Eltern konnten mich überzeugen, dass man auf eine aktionistische Politik nicht mit demselben primitiven Aktionismus antworten darf.“Als Schadenswiedergutmachung für die zerschnittene Schnur waren zudem 20 Euro beigelegt. Bürgermeister Dieter Egger von der FPÖ sprach auf sozialen Netzwerken von einer Geste, die Respekt verdient.
Wer hinter dem Schreiben steckt und ob der Name an die Polizei weitergegeben wurde, gibt das Hohenemser Rathaus laut ORF nicht preis. Lediglich so viel: Es sei keine Person aus Hohenems.
Die Diskussion um die verbotenen Segnungen, die öffentliche Solidarisierung mit gleichgeschlechtlichen Paaren in Form von Fahnen und die aggressiven Reaktionen darauf finden zunehmend Widerhall in der Gesellschaft. Auch Privatleute bringen Fahnen an ihren Balkonen und Fassaden an. Der Vorarlberger Verein „GoWest“, der sich für die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender einsetzt, bestätigt eine steigende Nachfrage nach Regenbogenfahnen. Sprecher Michael Andreas Egger sagte dem ORF : „Mit der Post haben wir um die 150 Fahnen verschickt, an jede Kirche in ganz Vorarlberg. Zudem haben wir vergangenes Wochenende noch 200 Fahnen an die Bevölkerung verteilt.“
Die Regenbogenflagge wird auch Pride-Flagge genannt, also Flagge des Stolzes. Sie soll zudem Zeichen der Solidarität mit der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen- und Transgender-Szene (LGBT) sein.