Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Armin und Asterix
Häuptling Wirdsonix – so steht es auf der aktuellen SpiegelAusgabe. Unverkennbar droht da ein taumelnder Armin Laschet – wie weiland der tumbe Stammeshäuptling Majestix aus der Asterix-Comic-Serie – von dem Schild abzurutschen, auf dem irgendwelche Getreuen den CDU-Vorsitzenden und Möchtegern-Kanzlerkandidaten gerade noch getragen haben. Ob es für Laschet so nix wird, wissen wir noch nicht. Aber einmal wertfrei gesagt: Hübsch ist dieser wortspielerische Titel in Asterix-Manier auf jeden Fall. Vor allem aber steht die karikierende Illustration mit ihrem garantierten Wiedererkennungseffekt für die enorme Popularität, die diese französische Zeichentrick-Serie auch nach sechs Jahrzehnten noch hat.
In Frankreich wird man mit dieser aktuellen Verfremdung von deutscher Seite leben können. Da gibt es schlimmere Beispiele. 1965 versuchte sich der erfolgreiche Comic-Produzent Rolf Kauka (Fix und Foxi) mit einer zeitkritisch-satirischen Bearbeitung von Asterix und Obelix. Dabei traten statt der beiden Gallier die Germanen Siggi und Babarass auf, und ihr Dorf wurde zur germanischen Fliehburg Bonnhalla am Rhein, die sich gegen wüste Invasoren, unter anderem zu US-Amerikanern mutierte Römer, wehren musste. Nach kurzer Zeit nahmen nationalkonservative, revisionistische, auch antisemitische Töne derart überhand, dass sich die Asterix-Schöpfer – der Texter René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo – genötigt sahen, Kauka die Rechte zu entziehen. Eine solch exzessive Umdeutung blieb allerdings die Ausnahme.
Ein Problem war stets die kongeniale Übersetzung der Hefte ins Deutsche. Vor allem bis zu Goscinnys Tod 1977 sprühten die Texte vor wortwitzigen Anspielungen – nicht ohne Grund galten die Asterix-Bände anfangs als Pflichtlektüre unter Sorbonne-Studenten. Ihre akademischen Pointen ins Deutsche zu transferieren, war nicht so einfach. In „Asterix und Cleopatra“etwa begrüßt der nach Gallien gereiste ägyptische Baumeister Numerobis den Druiden Miraculix mit den exakt aus dem Französischen übertragenen Worten: „Ich bin, mein lieber Freund, sehr glücklich, dich zu sehen“. Darauf wendet sich der Druide zu Asterix und Obelix und erklärt ihnen: „Das ist ein Alexandriner“. Damit meint er doppeldeutig einerseits den Gast aus dem ägyptischen Alexandria, andererseits das Versmaß seiner Grußworte – aber dieser Alexandriner-Vers ist Franzosen nun mal sehr viel geläufiger als Deutschen, und dadurch drohte der Gag zu verpuffen.
Aber immerhin hatte man versucht, nahe am Original zu bleiben. Womit wir noch bei einem Phänomen aus dem Comic-Bereich wären, das doch stutzig macht. In der FAZ war dieser Tage zu lesen, dass bei Neuausgaben alter Micky-Maus-Ausgaben aus den 1950ern, damals übersetzt von der hochgebildet-amüsanten Erika Fuchs, zeitgeistgesteuert Hand angelegt wird. Nur ein Beispiel: Ein kugelrundes Schweinchen heißt jetzt nicht mehr Fridolin Freudenfett, sondern Fridolin Freundlich – wohl um adipösen Mitbürgern keinen Vorwand für das heute so modische Bodyshaming zu liefern. Der EgmontVerlag bestätigt, man wolle Dinge vermeiden, die als negativ verstanden werden könnten. Analog zu sprachpolizeilichen Debatten um Mohrenstraßen, N-Wörter in Kinderbuchklassikern oder Z-Schnitzel dürfen wir also noch einiges erwarten. Wie würde es Obelix sagen? „Die spinnen, die politisch Korrekten.“
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