Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tettnang muss Selbsttests teils aus eigener Tasche zahlen
Land liefert weniger als die bestellten Mengen – Die Kommunen sollen die Lücken selbst schließen
TETTNANG - Die Schnelltests, die das Land sendet, reichen nicht aus, und die Kommunen müssen die Lücke selbst schließen. Und das können sie nur auf Sicht, weil niemand weiß, wie die Corona-Strategie sich in den nächsten Wochen verändert. Das ist das grundlegende Signal, das vom Tettnanger Gemeinderat ausgeht, der am Mittwochabend getagt hat. Die Stadt bestellt jetzt auf eigene Faust 20 000 Selbsttests nach, hinzu sollen noch 10 000 Selbsttests über den Landkreis kommen.
„Es ist eine dynamische Lage“, sagte Katrin Weber von der Stadt gleich zu Beginn. Es sei noch nicht einmal klar, ob das Land die Kosten zumindest teilweise ausgleiche. Zwar gebe es das Signal, dass 50 Prozent erstattet werden könnten, aber es gebe noch keinen Beschluss. Es könne also sein, dass die Stadt am Ende dann doch vollständig auf den Zusatzkosten sitzen bleibe. Wie hoch die sind, weiß noch niemand. Denn die Preise variieren zwischen drei und sieben Euro, es könnte also durchaus sechsstellig werden.
Denkbar sind verschiedene Varianten von der ausschließlichen Nutzung von Selbsttests bis hin zur flankierenden Ergänzung durch Antigen-Schnelltests bei Apotheken oder in Testzentren wie beim DRK in Tettnang. Letzteres würde natürlich bedeuten, dass weniger Selbsttests benötigt werden. Mehr als 3000 Berechtigte
gibt es an den Schulen, Kitas und in der Stadtverwaltung, darunter alle Kinder und Jugendlichen. Für die erste Woche kamen rund 4500 Tests - das sind rund 1700 zu wenig.
Bernhard Bentele (CDU) und Peter Gaissmaier (FW) verwiesen auf die großen Herausforderungen bei der Beschaffung. Bentele bezog sich dabei auf die Schwierigkeiten beim Tettnanger Sensorikspezialisten ifm, wo er arbeitet, die stellvertretend für viele Unternehmen sind. Und Peter Gaissmaier erläuterte, dass die bestellten Selbsttests für seinen Baustoffhandel erst vier Wochen später eingetroffen seien, obwohl es auch auf Nachfrage hieß, dass sie sofort lieferbar seien. Beide meinten, dies sei zu bedenken. Eine Empfehlung war, gleich mehr zu bestellen, da man nicht davon ausgehen könne, dass es mit jeder Lieferung klappe.
Der Erste Beigeordnete Gerd Schwarz berichtete von intensivem Mailverkehr zu diesem Thema. Seit zwei Wochen warte die Stadt auf die Lieferungen für die Schule. Erst jetzt könne man selbst darangehen. „Da kommt dann irgendwann der Punkt, wo man sagt: Wie soll das gehen?“, sagte Schwarz. Iris Baader vom Fachbereich Familie, Bildung und Betreuung wies explizit darauf hin: „Erst seit heute Morgen wissen wir, dass die Tests nicht ausreichen werden.“Es sei noch nicht einmal verlässlich klar, ob der Unterricht ab Montag wie geplant stattfinden könne: „Das ist sehr unbefriedigend.“
Hinzu kommt laut Baader dann noch ein enormer Verwaltungsaufwand. Jeder einzelne Test muss demnach tageweise dokumentiert werden, um eine Erstattung erhalten zu können, so Baader, die zu diesem Aspekt aber auch sagte: „Wir wissen nicht, was da vom Land kommt.“Sie hoffe jetzt einfach auf die nächste Lieferung durch das Land. Bezüglich der Finanzen regte Kajo Aicher (Grüne) an, über den Gemeinde- und den Städtetag zu klären, ob man für die Tests zumindest auf den günstigsten Mehrwertsteuersatz gehen könne.
Konsens herrschte am Ende darüber, keine Mondmengen zu bestellen, sondern bezüglich der Mengen auf Sicht zu fahren. Tettnangs Bürgermeister Bruno Walter fasst die Schwierigkeit so zusammen: „Du weißt heute halt nicht, wie morgen die Strategie aussieht.“Das gelte auch für die Rahmenbedingungen. Beispielhaft nannte er die Bestrebungen eines Anbieters, Filialen von Handelsketten als Schnelltestcenter zu nutzen, wobei er auch fragte, wie es bei dieser Größenordnung dann mit Material und Personal aussehe. Dem DRK, das derzeit in Tettnang bereits Schnelltests anbietet, sprach er ein Kompliment aus: „Es ist phänomenal, was da geleistet wird.“