Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Räte können Vertrag zwischen Stadt und Firma Mang und Sohn einsehen
Die Linke kritisiert, dass die Stadt Lindau die Gebäude aus der Hand gegeben hat
LINDAU (jule) - Dass Torfschupfe und Lokschuppen auf der Hinteren Insel nun endgültig im Besitz der Familie Mang bleiben, gefällt nicht allen Lindauern. Die Mitglieder der Partei Die Linke halten es für einen Fehler, dass die Stadt die Gebäude aufgegeben hat. Allerdings hatte die Verwaltung kaum eine Wahl.
Die Linke hält es für gefährlich, „dass mit dem Erwerb der ehemaligen Bahnmeisterei Lindau wieder ein Stück Grund und Boden, welches sich bisher im Besitz der öffentlichen Hand befand, nun an finanziell Begünstigte und deren Privatinteressen übergehen soll“, wie sie in einer Pressemitteilung schreibt. Wie berichtet, haben sich die Stadt und die Familie Mang kurz vor Ostern im Streit um die Torfschupfe und die Lokschuppen auf der Hinteren Insel geeinigt. Die historischen Gebäude bleiben im Besitz der Familie Mang.
Zwei Jahre lang hatte das Tauziehen um die denkmalgeschützten Gebäude gedauert: Werner Mang hatte mit der Deutschen Bahn AG über den Kauf der Gebäude verhandelt. Er hatte zunächst geplant, die denkmalgeschützte Torfschupfe abzureißen. Dagegen gab es Widerstand aus dem Stadtrat und vonseiten des Bauamts. Anfang 2020 trat Mang dann von seinem Kaufvertrag zurück, einige Monate später kaufte die Firma Mang und Sohn GmbH & Co. KG die Grundstücke und Gebäude dann doch. Dann machte die Stadt allerdings von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und grätschte in den Vertrag zwischen der Firma Mang und Sohn und der DB AG. Mang kündigte über seine Anwältin Silke Wenk daraufhin an, gegen die Stadt vor Gericht zu ziehen. Am Ende einigten sich beide Parteien dann doch außergerichtlich.
Es gebe nun einen städtebaulichen Vertrag zwischen Mang und der Stadt, der beinahe identisch ist mit dem Vertrag, den die Stadt mit der Wohnbaugesellschaft GWG für die Nutzung der Gebäude geschlossen hatte, erklärten Silke Wenk und die Stadt vor Ostern. Und das ist auch der Grund, warum die Stadt im Falle eines Gerichtsverfahrens wohl nur wenig Chancen gehabt hätte. „Rechtlich hatten wir so lange eine starke Position, so lange Professor Mang nicht in den städtebaulichen Rahmenvertrag einsteigen wollte – diese Option war aber für ihn als originären Käufer von Anfang an rechtlich angelegt und dem Stadtrat auch bekannt“, schreibt Jürgen Widmer, Sprecher der Stadt, auf Anfrage. „Mit seiner Zusage, dass er die städtischen Planungsziele wahren werde, war klar, dass die Stadt nicht mehr zur Sicherung dieser Planungsziele von dem Vorkaufsrecht Gebrauch machen kann.“
Laut Stadt-Pressesprecher Jürgen Widmer wurden die Stadträte über die Einigung mit der Familie Mang zunächst per E-Mail informiert, in einer nicht öffentlichen Sitzung wurde die Einigung dann bekanntgegeben. „Da der Vertragstext der Stadt Lindau mit der Firma Mang und Sohn den Stadtratsmitgliedern als der demokratisch gewählten Vertretung der Einwohnerschaft Lindaus nicht im Wortlaut mitgeteilt wurde, wird es in Zukunft für die Stadtratsmitglieder schwierig werden, die Firma Mang und Sohn dahingehend zu kontrollieren, ob sie die gemachten Zusagen auch tatsächlich einhält“, kritisiert die Linke in ihrer Mitteilung. Die Partei fordert deshalb, dass der Vertragstext den Stadtratsmitgliedern im Wortlaut bekanntgegeben wird.
„Der Vertrag ist ein städtebaulicher Vertrag“, schreibt Jürgen Widmer. „Er ist für die Öffentlichkeit nicht einsehbar, für die Räte aber sehr wohl.“Dies sei den Räten auch so mitgeteilt worden. Der Verwaltung sei es wichtig gewesen, die Bürgermeister und die Räte wegen des politischen Interesses an dem Vorgang eng einzubinden. „Grundsätzlich handelt es sich bei dem Vorgehen, das ja die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses betreibt, allerdings um allgemeines Verwaltungshandeln, für das keine weitere Stadtratsbefassung erforderlich ist.“
In ihrer Mitteilung kritisiert die Linke zudem, dass die Verwaltung dem Gebäude-Ensemble der ehemaligen Bahnmeisterei den Namen „Schützinger Höfe“verpasst hat. „Lindaus ehemaliger Bürgermeister Schützinger hatte mit diesem Areal nie etwas zu tun.“Die Partei warnt außerdem davor, dass auch das Bahnhofsgebäude auf der Insel in Privatbesitz gelangen könnte. „Die in der Diskussion befindliche demokratisch kontrollierte städtische Entwicklungsgesellschaft muss deshalb nach Überzeugung der Linken vor Ort rasch gegründet und im Sinne des Allgemeinwohls in Lindau aktiv werden.“