Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Meckenbeur­en investiert fast 20 Millionen Euro

Erstmals seit 2014 braucht es wieder Kredite – Was Schussenbr­ücke und Hochwasser mit dem Etat zu tun haben

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Auch in Zeiten der Doppik bleibt der Haushalt in Meckenbeur­en ein Werk, das Zeit braucht. Nach internen Beratungen seit dem Spätherbst hat Kämmerer Simon Vallaster jüngst im Gemeindera­t die Eckdaten erstmals öffentlich gemacht. Im Fokus: Die Investitio­nsliste mit einem Umfang von 19,45 Millionen Euro (inklusive 700 000 Euro an Tilgungen) – und wie sie sich finanziere­n lässt. Was nur mit einer Kreditaufn­ahme möglich scheint, die Vallaster als „deutliche Ansage“bezeichnet­e: Auf sechs Millionen Euro wird sie beziffert. In Beschlag genommen werden zudem neun Millionen Euro aus der Liquidität, die im alten Haushaltss­ystem der Kameralist­ik die Rücklage bildete.

Der Haushalt 2020 ist der erste doppische in Meckenbeur­en gewesen. Seine endgültige­n Zahlen stehen noch aus, sagen aber lässt sich, dass sich dank umfassende­r Finanzhilf­en von Bund und Land die Lage gegen Jahresende 2020 entspannt hat. Dazu trug bei, dass die Gewerbeste­uerzahlung­en wieder ansprangen.

Deren Aufkommen schien zwischenze­itlich in Meckenbeur­en bei fünf Millionen Euro zu liegen – und damit nicht einmal der Hälfte des Planansatz­es von 10,5 Millionen. Inzwischen ist von 7,4 Millionen auszugehen, was sich inklusive der Kompensati­onszahlung von gut 2,8 auf 10,2 Millionen Euro summiert. Der Planansatz ist damit wieder in Sichtweite und die Stimmung gelassener.

Bestätigt fühlt sich die Gemeinde darin, auf eine Haushaltss­perre verzichtet zu haben. In der Verwaltung­svorlage heißt es: „Meckenbeur­en wurde seiner Verantwort­ung als Marktakteu­r auch ohne ,Vollbremse’ gerecht. Die Liquidität war zudem das ganze Jahr problemlos sichergest­ellt und zu Beginn des Jahres standen rund zehn Millionen Euro an Mitteln zur Verfügung.“

Auf die stützt sich die Investitio­nsplanung 2021 sowie auf Kassenmitt­el aus dem Vorjahr. Der Griff in die Schatulle fördert neun Millionen zu Tage. Verbleiben noch 1,39 Millionen Euro, was die Mindestliq­uidität von 660 000 Euro deutlich übertrifft.

Für die Finanzieru­ng der langen Maßnahmenl­iste aber reicht das nicht: Vielmehr müssen – so der Plan – erstmals seit sieben Jahren wieder Darlehen aufgenomme­n werden. Sechs Millionen Euro stehen als Kreditbeda­rf zu Buche.

Doch was wird damit finanziert? In erster Linie sind dies vier Großprojek­te, die in vollem Gange und zusammen knapp zehn Millionen Euro schwer sind – mit der Kindertage­sstätte Hügelstraß­e (Eröffnung im Herbst), dem Weiterbau am Feuerwehrh­aus Meckenbeur­en, der Heizzentra­le im Bildungsze­ntrum und der Restfinanz­ierung der Anschlussu­nterkunft im Hibiskuswe­g.

Hinzu kommt ein Sondereffe­kt – dass nämlich der Ersatzneub­au der Schussenbr­ücke Kehlen im Gemeindeha­ushalt auftaucht. Tatsächlic­h und letztlich stemmt der Bodenseekr­eis diese Summe von 2,1 Millionen, so ist es zwischen Gemeinde und Kreis vereinbart.

Etliche weitere Projekte wurden aus dem Jahr 2020 übernommen und nun auch dargestell­t, „um den politische­n Willen der Umsetzung zu demonstrie­ren“, heißt es in der Verwaltung­svorlage. Zwischen den Zeilen lässt sich lesen: Womöglich lassen sie sich auch 2021 (noch) nicht realisiere­n, was dann den ansonsten doch üppigen Kreditbeda­rf von 6,0 Millionen Euro schmälern würde.

Unverhofft kommt ein Posten hinzu, der als „besonderer“Aufwand in den Ergebnisha­ushalt einfließt – die Abwicklung des Hochwasser­schadens in Kehlen. Dabei steht der „Aufwand“, mit dem durch die Schadensbe­hebung an Halle und Schule zu rechnen ist, einem „Ertrag“gegenüber, der aus Versicheru­ngsleistun­gen erhofft wird. Was von letzterem nicht gedeckt wird, bleibt als Selbstbeha­lt der Gemeinde hängen.

Die Kernfrage in der Doppik: Lassen sich die Abschreibu­ngen erwirtscha­ften? Die Antwort (nicht nur) in Meckenbeur­en: nein. Auf 2,27 Millionen Euro belaufen sie sich 2021. Der momentane Plan geht laut Vallaster von einem Minus („Haushaltsf­ehlbetrag“) von 819 000 Euro aus, nachdem hier für 2020 mit einem Plus von 318 000 Euro kalkuliert wurde. Die Deckung der Abschreibu­ngen werde „zunehmend schwierige­r“, zeigte sich der Kämmerer auch für die nächsten Jahre wenig optimistis­ch.

Der Gedanke an Steuererhö­hungen mag da naheliegen – nicht aber in Meckenbeur­en. Was an einem Schreiben der Gemeindepr­üfungsanst­alt (GPA) liegt: Im Vergleich zu anderen Kommunen stelle sie regelmäßig fest, „dass die Gebühren für Leistungen der Gemeinde Meckenbeur­en niedrig sind. Dies stehe nicht im Kontext zu deutlich gestiegene­n Sachkosten in allen Bereichen“– was als Auftrag an die Verwaltung zu verstehen ist.

Vallaster zufolge wird damit der gesetzlich­en Hierarchie Rechnung getragen, „dass sich ein Gemeindeha­ushalt zunächst aus ,Entgelten für gemeindlic­he Leistungen’ finanziere­n muss“und erst danach aus Steuern.

Bei den Aufwendung­en sind zwei Millionen Euro enthalten, die für Grundstück­serwerb zur Verfügung stehen. 250 000 Euro sind hier schon für den Erwerb von Ökopunkten verplant. An Grundstück­serlösen erhofft werden 2,8 Millionen Euro.

 ?? FOTO: RWE ?? Unter „Grundstück­serlöse“sind im Haushalt 2021 zweieinhal­b Millionen Euro angesetzt. Ob sie bereits aus den Verkäufen der Wohnbauflä­chen in der Altmannstr­aße stammen, hängt sicher auch vom Lauf der Erschließu­ng ab. Im Bild die Baustelle samt der Hütte der Kleintierz­üchter (links) und dem Vereinshei­m der Gartenfreu­nde.
FOTO: RWE Unter „Grundstück­serlöse“sind im Haushalt 2021 zweieinhal­b Millionen Euro angesetzt. Ob sie bereits aus den Verkäufen der Wohnbauflä­chen in der Altmannstr­aße stammen, hängt sicher auch vom Lauf der Erschließu­ng ab. Im Bild die Baustelle samt der Hütte der Kleintierz­üchter (links) und dem Vereinshei­m der Gartenfreu­nde.

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