Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Pius Bandte will in den Bundestag

Der 23 Jahre alte Lindauer steht auf Platz 34 der bayerische­n Landeslist­e der Grünen

- Von Barbara Baur

LINDAU - Der Lindauer Stadtrat und Kreisrat Pius Bandte kandidiert bei der Bundestags­wahl im September für Bündnis 90/Die Grünen. Er steht auf Platz 34 der bayerische­n Landeslist­e. Mit der Platzierun­g ist er zufrieden, obwohl die Chancen, dass er tatsächlic­h ein Mandat erringt, gering sind. „Dass ich gewählt werde, ist möglich, aber unwahrsche­inlich“, sagt er.

Wären die Machtverhä­ltnisse ähnlich wie bei der Bundestags­wahl 2017, wäre es schlicht aussichtsl­os für ihn. Damals zogen nur die ersten elf Grünen-Kandidaten der bayerische­n Landeslist­e in den Bundestag ein – die Partei müsste ihr Ergebnis also verdreifac­hen. Doch Bandte ist sich sicher, dass sich seither viel verändert hat, nicht nur in Bayern. Bei der Landtagswa­hl 2018 haben die Grünen stark zugelegt, während die CSU die stets sicher geglaubte absolute Mehrheit verloren hat. Die Grünen erleben nicht nur in Umfragen einen regelrecht­en Höhenflug, sie haben mit Annalena Baerbock erstmals in ihrer Geschichte eine Kanzlerkan­didatin aufgestell­t.

Pius Bandte ist zufrieden damit, dass er bei der Landesdele­giertenkon­ferenz in Augsburg auf Listenplat­z 34 gewählt wurde. Seine Rede sei gut gelaufen, sagt er. „Es hätte natürlich ein besserer Listenplat­z werden können, aber beschweren will ich mich nicht.“Direkt vor ihn, auf die Listenplät­ze 27 bis 33, hat die Landesdele­giertenkon­ferenz nicht nur, wie bei einer paritätisc­hen Besetzung üblich, eine, sondern sieben Frauen gewählt.

Eine gute Sache, findet der 23-Jährige: „Das freut mich total, weil Frauen im Bundestag momentan unterreprä­sentiert sind. Es ist gut, dass wir da jetzt gegensteue­rn.“Aussichtsl­os sei eine Kandidatur auf Listenplat­z 34 inzwischen ohnehin nicht mehr. Der Wahlkreis Oberallgäu habe für die Grünen viel Potenzial, um Wählerinne­n und Wähler für sich zu gewinnen.

Bürgerbete­iligung und Partizipat­ion, Gleichbere­chtigung und Feminismus sowie Land- und Forstwirts­chaft sind die drei Themenfeld­er, die ihm besonders am Herzen liegen. „Einer meiner zentralen Änderungsv­orschläge ist es, der Bürgerinne­nbeteiligu­ng und Partizipat­ion mehr Gewicht zu geben“, sagt Bandte. Es gebe bereits einen Bürgerinne­nrat in Deutschlan­d, doch der könne noch stärker in Entscheidu­ngen eingebunde­n werden. Darin sieht er ein gutes Werkzeug, um die wachsende Politikver­drossenhei­t

zu stoppen und das Vertrauen in die Politik zu stärken. Doch das kann seiner Ansicht nach nur geschehen, wenn die Bürgerinne­n und Bürger in politische Entscheidu­ngen stärker einbezogen werden. „Entscheidu­ngen sind heute so komplex, dass viele nicht mehr folgen können oder wollen“, sagt er. Transparen­z, etwa dass Parlamenta­rier ihre Nebeneinkü­nfte zu 100 Prozent offenlegen müssen, und die Bekämpfung von Korruption seien dabei ebenfalls entscheide­nde Faktoren.

Pius Bandte will sich auch für Gleichbere­chtigung und Feminismus stark machen. „Das mag sich für viele nach einem Luxusprobl­em anhören“, sagt er. „Aber es ist ein gesamtgese­llschaftli­ches Problem, wenn mehr als die Hälfte der Bevölkerun­g in unserem System benachteil­igt wird.“Das gelte für Frauen, für queere Menschen, für Migranten und für Menschen mit Behinderun­g. „Eine zentrale Forderung muss also sein, dass wir als Gesellscha­ft weiter in Richtung Gleichbere­chtigung gehen.“

Dass er Klimaschut­z als die größte Aufgabe der nächsten Jahrzehnte ansieht, ist für ihn solch eine Selbstvers­tändlichke­it, dass er das Thema gar nicht extra erwähnt, als er über seine Schwerpunk­te spricht. „Das setzen wir Grünen einfach voraus, dass hinter allen politische­n Bestrebung­en immer das große Ziel und die Herausford­erung stehen, gegen den fortschrei­tenden Klimawande­l zu arbeiten“, sagt er.

Eng verbunden mit dem Klimaund Umweltschu­tz seien auch die Landund Forstwirts­chaft, die seinem Empfinden nach oft nicht angemessen beachtet werden, und die stattdesse­n hinten runterfall­en. „Die Region ist zwar noch kleinbäuer­lich strukturie­rt, aber jedes Jahr hören Landwirte auf, weil sie nicht mehr wirtschaft­lich arbeiten können“, sagt er. „Das ist ein Thema, bei dem wir ran müssen.“

Zur Politik ist Pius Bandte im Frühjahr 2019 gekommen, als er ein Bürgerbege­hren gegen das geplante Parkhaus am Karl-Bever-Platz organisier­te. Gut ein halbes Jahr später setzten sich er und seine Mitstreite­r mit deutlicher Mehrheit durch. Seither engagiert er sich politisch im

Pius Bandte

Stadtrat (Bunte Liste) und im Kreistag (Grüne). Schon davor habe er sich mit Gesprächsk­ultur, Partizipat­ion und Beteiligun­gsformaten beschäftig­t, berichtet er.

Er sei zum Beispiel immer wieder bei der Projektsch­miede Lindau dabei gewesen, die 2018 auf Initiative von vier Bürgern entstanden ist, und die sich mittlerwei­le als Baustein der Lindauer Angebote zur Bürgerbete­iligung etabliert hat. „Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass es in der Bevölkerun­g unglaublic­h engagierte und motivierte Leute gibt, aber die Politik nicht die Rahmenbedi­ngungen schafft, um sie zu stärken“, sagt er. Ob Vereine oder Bürgerinit­iativen: Im zivilen Bereich sei das Engagement groß. „Deswegen will ich mir Mühe geben, an höhere Stellen zu gelangen, um die Rahmenbedi­ngungen richtig auszuricht­en“, sagt er.

Der 23-Jährige ist in Lindau auf der Insel aufgewachs­en und wohnt noch immer dort. Er ist gelernter Zimmerer und arbeitet heute als Baumpflege­r und land- und forstwirts­chaftliche­r Dienstleis­ter. Sollte er bei der Bundestags­wahl gewählt werden, könnte er sich vorstellen, die Politik zu seinem Beruf zu machen. Seine Mandate im Lindauer Stadtrat und im Kreistag würde er aber auf jeden Fall gerne weiter wahrnehmen.

„Dass ich gewählt werde, ist möglich, aber unwahrsche­inlich.“

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FOTO: ANDREAS GEBERT Pius Bandte bei der Landesdele­giertenkon­ferenz der Grünen in Augsburg. Der 23 Jahre alte Lindauer steht für die Bundestags­wahl auf Platz 34 der bayerische­n Landeslist­e.

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