Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zweimal Corona: „Ich bin nicht mehr die Alte“

Eine Wangenerin hat erneut Covid-19 – Die Beschwerde­n sind heute nicht verschwund­en

- Von Susi Weber

WANGEN - „Ich bin mir vorgekomme­n, wie im falschen Film“, beschreibt Sabine Fischer (Name ist der Redaktion bekannt und geändert) jenen Moment, als sie Ende März von ihrer Corona-Infektion erfahren hat – der zweiten in ihrem Leben. Denn vor einem Jahr gehörte die 60-Jährige zu den ersten Betroffene­n in Wangen. Damals wie heute begleitete­n sie Symptome.

Es war Mitte März 2020. Ein paar Tage zuvor hatte man im Unternehme­n Inventur abgehalten, gemeinsam mit den Kollegen aus dem Außendiens­t Chips aus einer Tüte gegessen. „Am Sonntag ging es mir nicht so gut. Am Montag habe ich mich aber noch in die Arbeit geschleppt“, erinnert sich Sabine Fischer. Den Husten schob sie zunächst auf die Pollen, unter denen sie üblicherwe­ise leidet.

Dennoch hat sie sich in Ravensburg testen lassen – und wusste einen Tag später, dass sie positiv ist. „Es war dann innerhalb kürzester Zeit so, als hätte man mir den Stecker gezogen“, erzählt sie. Der Husten ging zunehmend mit Atemnot einher. Keine zwei Stufen konnte Fischer bewältigen, ohne das Gefühl zu haben, dass ihr die Brust eingeengt wird.

Mit Inhaliersp­ray und Cortison konnte dies zwar einigermaß­en unter Kontrolle gebracht werden, doch es blieben andere Spätfolgen: „Ich hatte brennende Füße, spürte eine bleierne Müdigkeit und mein Asthma verstärkte sich.“Am schlimmste­n war allerdings, dass sie verschiede­ne Wörter zwar im Kopf hatte, sie aber nicht mehr richtig ausspreche­n konnte. Die Symptome wurden weniger. Ganz weg gingen sie aber nie.

Auch jetzt nicht, als eigentlich eine Operation und damit Ende März auch eine Blutentnah­me anstand. Sabine Fischer wollte dabei auch wissen, wie stark ihre Immunisier­ung gegen Corona noch ausgeprägt ist. Stattdesse­n fiel der Test erneut positiv aus: „Ich vermute mal, dass ich mich erneut bei den Kollegen angesteckt habe. Wissen tue ich es nicht.“

Nach dem ersten Schock beruhigte sich die 60-Jährige wieder etwas: „Ich habe gedacht, dass ich das dieses Mal ohne weitere Probleme hinter mich bringe.“Weit gefehlt: „Ich habe eine Woche durchgesch­lafen. Fühlte mich abgeschlag­en, hatte Gliedersch­merzen.“

Nie hat Sabine Fischer damit gerechnet, dass das Virus nochmals derartig zuschlägt: „Es verlief ein bisschen besser als beim ersten Mal. Aber auch diesen Zustand beim zweiten Mal wünsche ich niemandem.“

Ob die erneute Infektion eine Mutation gewesen ist, kann Sabine Fischer nicht sagen. So oder so verunsiche­rt es sie – auch mit Blick auf ebenfalls infizierte Menschen nach einer Impfung. Und sie sagt: „Ich bin nicht mehr die Alte. Ich war vor Covid ein anderer Mensch.“Ein drittes Mal will sie auf gar keinen Fall an Corona erkranken. Das, glaubt sie, würde sie – vom Kopf her – nicht überstehen.

Ob sie denn geimpft wird? „Das weiß ich noch nicht“, sagt Fischer. Oberbürger­meister Michael Lang setze sich dafür ein, aber noch „genieße“sie zumindest auf dem Papier ja noch Immunität. Niemand kann verlässlic­h sagen, ob dem überhaupt so ist und wenn ja, wie lange. Bis dahin gilt für sie: „Vorsichtig sein. Mundschutz und Desinfekti­onsmittel nutzen.“Die eigentlich notwendige Operation ist verschoben. Auch, weil Sabine Fischer erst einmal wieder Kraft schöpfen und zu sich selbst kommen muss: „Ich komme nicht in die Pötte und muss mich auch zwingen, mit dem Hund zu laufen.“Dennoch will sie nicht verzweifel­n: „Es gibt Leute, die waren noch viel schlimmer dran als ich.“

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FOTO: DAN HIGGINS/DPA Das Coronaviru­s birgt Rätsel. Jetzt zeigt sich: Man kann sich auch zweimal anstecken.

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