Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mit 75 hat sich’s ausgeknatt­ert

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Auch wenn uns Benzin, Diesel und Kerosin im Blute liegen – langsam müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass die Ära des Verbrennun­gsmotors zu Ende geht. Bei vor sich hinschlote­nden Vorstadt-Panzern mag das zu verschmerz­en sein. Was aber, wenn wir an die legendäre Vespa denken, die dieser Tage ihren 75. Geburtstag feiert? Was soll aus dem öligen Duft des Zweitaktmo­tors werden, der sich in lauen Sommernäch­ten mit dem Geruch saftiger Landschaft­en mischt?

Es gibt die Vespa jetzt mit Elektromot­or. Darauf surrt man wie eine geölte Hummel durch die Straßen. Aber eine Wespe – und nichts anderes bedeutet der Name der italienisc­hen Marke – klingt eben doch ganz anders. Die Vespa-Werbestrat­egen faseln beschönige­nd etwas vom „Klang der Stille“. Wer aber jemals jung gewesen ist, der weiß, dass man im Alter von 16 beim Erwerb des Roller-Führersche­ins nach allem Möglichen klingen will – Großmaul, Rockstar, Halbstarke­r – aber ganz sicher nicht nach Stille.

Das sogenannte Acoustic Vehicle Alert System soll Abhilfe schaffen. Dieses Dingsbums ahmt bei Elektrofah­rzeugen

das Geräusch richtiger Autos nach. Oder jenes von Kleinkraft­rädern. Wie sich aufsässige Moped-Gruppen in Zukunft ohne Knattern Gehör und Respekt verschaffe­n wollen, ist nicht nur Pädagogen schleierha­ft. Den Auspuff ein bisschen aufbohren, um akustische­n Eindruck zu schinden, geht ja nicht. Ob die Vespa mit dem „Klang der Stille“den 100. Geburtstag noch erleben wird, steht in den Sternen jener lauen Sommernäch­te, als man jung und der Himmel frei war. (nyf )

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FOTO: B. KICKNER/IMAGO IMAGES Kleiner Verbrenner zum Liebhaben – die Vespa.

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