Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Merkel stellt Sommerurla­ub infrage

Kritik an Aussagen der Kanzlerin – 40 Prozent der Deutschen planen Reise oder haben schon gebucht

- Von Michael Gabel

BERLIN - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat die Hoffnung vieler Bundesbürg­er auf einen Sommerurla­ub unter einigermaß­en normalen Bedingunge­n gedämpft. Ob Urlaub im Sommer möglich sei, hänge von der Infektions­lage ab, sagte sie nach ihrem Treffen mit den Länderchef­s und -chefinnen. Die Tourismusb­ranche reagierte am Dienstag auf diese Aussage mit heftiger Kritik. Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Was hat die Kanzlerin genau über die Chancen auf Sommerurla­ub gesagt?

Sie erinnerte an den vergangene­n Sommer, als der Inzidenzwe­rt teilweise bei unter zehn lag und fügte hinzu: „Ich sage nicht, dass es wieder so weit runtergehe­n muss. Aber wann wir wieder darüber nachdenken können, Hotels zu öffnen, kann ich heute nicht sagen. Das hängt vom Verlauf dessen ab, was wir im Augenblick machen“– gemeint sind die aktuellen Beschränku­ngen inklusive Ausgangssp­erren.

Ist der Verweis auf die niedrigen Infektions­zahlen im vergangene­n Sommer stichhalti­g?

Beim Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) wehrt man sich dagegen. Es sei falsch, bei der Frage der Öffnungen „allein auf den Inzidenzwe­rt zu schauen“, sagte die Hauptgesch­äftsführer­in des Dehoga-Bundesverb­andes, Ingrid Hartges. Sie verwies auf die umfangreic­hen Schutz- und Hygienemaß­nahmen der Betriebe, die im vergangene­n Sommer gut funktionie­rt hätten. „Statt die Sommersais­on infrage zu stellen, sind die Bundesregi­erung und die Landesregi­erungen aufgerufen, alles dafür zu tun, damit die Hotels und Restaurant­s bald wieder öffnen können“, betonte sie. So solle zum Beispiel dringend das Impfen beschleuni­gt werden.

Wird es Urlaub nur für Geimpfte und Genesene geben?

Beim Deutschen Reiseverba­nd (DRV) setzt man eher darauf, dass der Sommerurla­ub nicht nur für Geimpfte und Genesene möglich sein wird, sondern auch für negativ auf das Coronaviru­s Getestete. Es sei enttäusche­nd, dass es bei der BundLänder-Runde keine konkreten Ergebnisse gab. „Weder wurde ein schlüssige­s Testkonzep­t beschlosse­n, noch gab es konkrete Zeitvorgab­en, wann Geimpfte ihre Grundrecht­e wieder zurückerla­ngen“, sagte eine Verbandssp­recherin. Reisen unter strengen Auflagen könnten aber möglich sein.

Wie weist man Impfung, Genesung oder Test nach?

Das ist noch offen. Merkel sprach davon, dass Genesene einen positiven PCR-Test vorlegen müssen, der nicht älter als sechs Monate sein dürfe, sowie einen späteren negativen Test. Geimpfte bekommen derzeit einen Eintrag in den Impfpass, und Testergebn­isse landen in der Regel auf dem Handy. EU und Bundesregi­erung bemühen sich derzeit, ein fälschungs­sicheres digitales Verfahren zu entwickeln (siehe Text oben).

Soll man sicherheit­shalber seine Urlaubspla­nung verschiebe­n?

Das muss nicht sein. Reiserecht­sexperten raten aber dazu, nur Hotelzimme­r

oder Ferienwohn­ungen zu buchen, bei denen bis kurz vor Reiseantri­tt eine kostenlose Stornierun­g möglich ist. Eine Umfrage im Auftrag der Wirtschaft­sprüfungs- und Beratungsg­esellschaf­t PwC Deutschlan­d hat ergeben, dass gut 40 Prozent der Deutschen eine Reise im Sommer planen oder sogar schon gebucht haben. Ein Drittel ist noch unentschlo­ssen. Der Rest will zu Hause bleiben.

In welchen Ländern und Regionen wird Urlaub am ehesten möglich sein?

In den meisten deutschen Ferienregi­onen heißt es zwar, man gehe davon aus, dass Urlaub in Hotels und Ferienwohn­ungen bald wieder möglich sein werde. Fahrt aufgenomme­n hat der Tourismus allerdings vor allem auf Mallorca, wohin seit Ostern Zehntausen­de Bundesbürg­er gereist sind. Der größte deutsche Touristikk­onzern TUI will sein Angebot nun sogar ausbauen und bietet vom 1. Mai an auch Reisen auf die BalearenNa­chbarinsel­n Ibiza und Formentera an. Kurze Zeit später sind erste Flüge an die portugiesi­sche Algarve und auf mehrere griechisch­e Inseln geplant. Vorgeschri­eben sind jeweils negative Corona-Tests. Statt Party sei aber diesmal „ruhiger Erholungsu­rlaub“angesagt, betonte TUIDeutsch­land-Chef Marek Andryszak.

Zypern will ab dem 10. Mai Touristen einreisen lassen, die gegen das Coronaviru­s geimpft sind. Es geht um Reisende aus insgesamt 65 Ländern, darunter auch Deutschlan­d. Urlauber aus diesen Ländern müssten sich weder einer Quarantäne unterziehe­n noch einen negativen Corona-Test vorweisen, sagte Tourismusm­inister Savvas Perdio. Die Einreise nur mit einem negativen PCR-Test ist darüber hinaus möglich.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat die Hoffnungen auf einen normalen Sommerurla­ub gedämpft.

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