Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Unverständnis in St. Maria für „Antwort“aus Rom
Keine Segnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen: Große Mehrheit im KGR sieht es anders als Vatikan
MECKENBEUREN - „Roma locuta, Causa finita“– Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden, dieser Grundsatz aus dem Kirchenrecht erfährt zunehmend Widerspruch. Jüngstes Beispiel: Die vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre hat die Segnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen verboten. Sowohl Seelsorger als auch Theologen wehren sich dagegen (die SZ berichtete ausführlich in ihrem überregionalen Teil, etwa über die Sichtweise von Weihbischof Karrer), und auch der Kirchengemeinderat von St. Maria Meckenbeuren schlägt in einer mehrheitlich verabschiedeten Stellungnahme in diese Kerbe. Fünf Aspekte dazu:
-- Hintergrund: „Responsum ad dubium“, Antwort auf einen Zweifel, ist die Veröffentlichung betitelt, in der die Kongregation für die Glaubenslehre die Segnung von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts am 22. Februar ablehnt.
Sinngemäß begründet wird dies damit, dass Sakramentalien quasi eine Vorstufe der Sakramente sind und deshalb nur dann gespendet werden dürfen, wenn die zu segnenden Menschen „im Dienst der Pläne Gottes“stehen. Diese Pläne seien in der Schöpfung eingeschrieben und von Jesus vollständig offenbart worden. Homosexuelle Paare seien nun eben nicht zu segnen, weil ihre Beziehung eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließe und eine solche Beziehung nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet sei.
-- Aus St. Maria: Ablauf: Auf Anregung aus Kirchengemeinderatsreihen kommt das Thema in der Sitzung am 25. März unter „Sonstiges“zur Sprache. Laut Sitzungsprotokoll (einzusehen im Schaukasten an der Kirche) wurde nach mehreren Wortmeldungen und angesichts der Bedeutung vereinbart, „dass alle KGRMitglieder sich mit dem Text aus Rom und ggf. vorhandenen Reaktionen auseinandersetzen und sich eine Meinung dazu bilden.“Erst in einem zweiten Schritt solle dann nochmals im KGR diskutiert werden, „ob wir eine gemeinsame Haltung zu diesem wichtigen Thema finden und nach außen vertreten können“.
Und dann geht es doch schneller und mittels Mailkontakt. Die am 29. März von Markus Hoffmann als gewähltem Vorsitzenden der Kirchengemeinde unterzeichnete Stellungnahme sei mit großer Mehrheit, aber nicht einstimmig beschlossen worden, heißt es. Auch sie ist im Wortlaut im Schaukasten vor der Pfarrkirche einzusehen.
-- Aus St. Maria: Inhalt: Darin heißt es: „Der Kirchengemeinderat St. Maria protestiert aus mehreren Gründen aufs Schärfste gegen die Stellungnahme der Kongregation der Glaubenslehre. Zum einen zeugt die Behauptung, dass Verbindungen gleichen Geschlechts außerhalb des Planes Gottes stünden, im Licht der heutigen Zeit von einer unglaublichen Arroganz der Kongregation, die offensichtlich das Monopol hat, den Plan unseres Schöpfers als einzige lesen und erkennen zu können. Sie ignoriert dabei, dass die Bewertung dessen, was richtig oder falsch ist, immer auf der Basis des historischen Kontexts vorgenommen werden muss, wie das bei der modernen Bibelexegese bereits seit langem anerkannte Praxis ist.“
Damit nicht genug der deutlichen Worte: „Zum anderen ist die Kongregation offensichtlich nicht darüber informiert, dass gerade in der deutschen katholischen Kirche das Thema der Sexualmoral in der Initiative der deutschen Bischöfe „Synodaler Weg“eines der vier großen Themen ist, die neu durchdacht werden müssen. Kategorische Ablehnungen bestimmter Formen des Zusammenlebens und der Sexualität sind in diesem Zusammenhang als Verweigerung eines konstruktiven Dialogs zu werten. Und genau dies ist das Schädlichste, was man der Kirche derzeit antun kann“, heißt es weiter.
Zudem wird auf das gemeinsame Leitbild der Seelsorgeeinheit Meckenbeuren verwiesen, das zum Ausdruck bringe, „dass alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung (...) willkommen sind. Das bedeutet, dass auch schwule und lesbische Menschen weder als Sünder noch als Fehler im Plan Gottes angesehen werden, sondern dass sie in ihrer ganzen Person mit all ihren Lebensbezügen als von Gott geliebt und gewollt akzeptiert werden. Dazu gehören auch Partnerschaften von schwulen und lesbischen Paaren. Deshalb ist die Verweigerung einer Segnung von schwulen und lesbischen Paaren geradezu als Verkennen des göttlichen Planes zu bewerten.“
Mit der Folge und dem Schlusssatz: „Wir fordern die Kongregation auf, ihre negative und veraltete Haltung zu revidieren. Zugleich bitten wir unseren Bischof Gebhard, sich noch klarer als bisher gegen die Stellungnahme der Kongregation zu positionieren.“
Von „offizieller Seite“, so Markus Hoffmann, sei noch keine Rückmeldung erfolgt. Bei ihm persönlich seien drei schriftliche Mitteilungen von Gemeindemitgliedern eingetroffen, die sich sehr positiv über die Sichtweise in der Stellungnahme geäußert hätten.
Die Stellungnahme wird in der nächsten Sitzung des Kirchengemeinderats von St. Maria (online am Dienstag, 4. Mai) nochmals aufgegriffen – als eigener Punkt auf der Tagesordnung, wie Pfarrer Josef Scherer bestätigt.