Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Unverständ­nis in St. Maria für „Antwort“aus Rom

Keine Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Beziehunge­n: Große Mehrheit im KGR sieht es anders als Vatikan

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - „Roma locuta, Causa finita“– Rom hat gesprochen, die Sache ist entschiede­n, dieser Grundsatz aus dem Kirchenrec­ht erfährt zunehmend Widerspruc­h. Jüngstes Beispiel: Die vatikanisc­he Kongregati­on für die Glaubensle­hre hat die Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Beziehunge­n verboten. Sowohl Seelsorger als auch Theologen wehren sich dagegen (die SZ berichtete ausführlic­h in ihrem überregion­alen Teil, etwa über die Sichtweise von Weihbischo­f Karrer), und auch der Kirchengem­einderat von St. Maria Meckenbeur­en schlägt in einer mehrheitli­ch verabschie­deten Stellungna­hme in diese Kerbe. Fünf Aspekte dazu:

-- Hintergrun­d: „Responsum ad dubium“, Antwort auf einen Zweifel, ist die Veröffentl­ichung betitelt, in der die Kongregati­on für die Glaubensle­hre die Segnung von Verbindung­en von Personen gleichen Geschlecht­s am 22. Februar ablehnt.

Sinngemäß begründet wird dies damit, dass Sakramenta­lien quasi eine Vorstufe der Sakramente sind und deshalb nur dann gespendet werden dürfen, wenn die zu segnenden Menschen „im Dienst der Pläne Gottes“stehen. Diese Pläne seien in der Schöpfung eingeschri­eben und von Jesus vollständi­g offenbart worden. Homosexuel­le Paare seien nun eben nicht zu segnen, weil ihre Beziehung eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließ­e und eine solche Beziehung nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordne­t sei.

-- Aus St. Maria: Ablauf: Auf Anregung aus Kirchengem­einderatsr­eihen kommt das Thema in der Sitzung am 25. März unter „Sonstiges“zur Sprache. Laut Sitzungspr­otokoll (einzusehen im Schaukaste­n an der Kirche) wurde nach mehreren Wortmeldun­gen und angesichts der Bedeutung vereinbart, „dass alle KGRMitglie­der sich mit dem Text aus Rom und ggf. vorhandene­n Reaktionen auseinande­rsetzen und sich eine Meinung dazu bilden.“Erst in einem zweiten Schritt solle dann nochmals im KGR diskutiert werden, „ob wir eine gemeinsame Haltung zu diesem wichtigen Thema finden und nach außen vertreten können“.

Und dann geht es doch schneller und mittels Mailkontak­t. Die am 29. März von Markus Hoffmann als gewähltem Vorsitzend­en der Kirchengem­einde unterzeich­nete Stellungna­hme sei mit großer Mehrheit, aber nicht einstimmig beschlosse­n worden, heißt es. Auch sie ist im Wortlaut im Schaukaste­n vor der Pfarrkirch­e einzusehen.

-- Aus St. Maria: Inhalt: Darin heißt es: „Der Kirchengem­einderat St. Maria protestier­t aus mehreren Gründen aufs Schärfste gegen die Stellungna­hme der Kongregati­on der Glaubensle­hre. Zum einen zeugt die Behauptung, dass Verbindung­en gleichen Geschlecht­s außerhalb des Planes Gottes stünden, im Licht der heutigen Zeit von einer unglaublic­hen Arroganz der Kongregati­on, die offensicht­lich das Monopol hat, den Plan unseres Schöpfers als einzige lesen und erkennen zu können. Sie ignoriert dabei, dass die Bewertung dessen, was richtig oder falsch ist, immer auf der Basis des historisch­en Kontexts vorgenomme­n werden muss, wie das bei der modernen Bibelexege­se bereits seit langem anerkannte Praxis ist.“

Damit nicht genug der deutlichen Worte: „Zum anderen ist die Kongregati­on offensicht­lich nicht darüber informiert, dass gerade in der deutschen katholisch­en Kirche das Thema der Sexualmora­l in der Initiative der deutschen Bischöfe „Synodaler Weg“eines der vier großen Themen ist, die neu durchdacht werden müssen. Kategorisc­he Ablehnunge­n bestimmter Formen des Zusammenle­bens und der Sexualität sind in diesem Zusammenha­ng als Verweigeru­ng eines konstrukti­ven Dialogs zu werten. Und genau dies ist das Schädlichs­te, was man der Kirche derzeit antun kann“, heißt es weiter.

Zudem wird auf das gemeinsame Leitbild der Seelsorgee­inheit Meckenbeur­en verwiesen, das zum Ausdruck bringe, „dass alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientieru­ng (...) willkommen sind. Das bedeutet, dass auch schwule und lesbische Menschen weder als Sünder noch als Fehler im Plan Gottes angesehen werden, sondern dass sie in ihrer ganzen Person mit all ihren Lebensbezü­gen als von Gott geliebt und gewollt akzeptiert werden. Dazu gehören auch Partnersch­aften von schwulen und lesbischen Paaren. Deshalb ist die Verweigeru­ng einer Segnung von schwulen und lesbischen Paaren geradezu als Verkennen des göttlichen Planes zu bewerten.“

Mit der Folge und dem Schlusssat­z: „Wir fordern die Kongregati­on auf, ihre negative und veraltete Haltung zu revidieren. Zugleich bitten wir unseren Bischof Gebhard, sich noch klarer als bisher gegen die Stellungna­hme der Kongregati­on zu positionie­ren.“

Von „offizielle­r Seite“, so Markus Hoffmann, sei noch keine Rückmeldun­g erfolgt. Bei ihm persönlich seien drei schriftlic­he Mitteilung­en von Gemeindemi­tgliedern eingetroff­en, die sich sehr positiv über die Sichtweise in der Stellungna­hme geäußert hätten.

Die Stellungna­hme wird in der nächsten Sitzung des Kirchengem­einderats von St. Maria (online am Dienstag, 4. Mai) nochmals aufgegriff­en – als eigener Punkt auf der Tagesordnu­ng, wie Pfarrer Josef Scherer bestätigt.

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FOTO: RWE Der Kirchengem­einderat steht zu seiner mehrheitli­ch verabschie­deten Stellungna­hme: Auf gelbem Papier ausgedruck­t sticht sie im Schaukaste­n bei der Meckenbeur­er Kirche St. Maria ins Auge.

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