Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bundestag billigt Erleichter­ungen für Geimpfte

Wer immunisier­t wurde, soll viele seiner Grundrecht­e zurückbeko­mmen

- Von Guido Bohsem und dpa

BERLIN - Die geplante Rücknahme vieler Corona-Beschränku­ngen für vollständi­g Geimpfte und genesene Menschen hat die nächste Hürde genommen. Der Bundestag billigte eine entspreche­nde Verordnung der Bundesregi­erung am Donnerstag mit großer Mehrheit.

Dafür stimmten die schwarz-rote Koalition, Grüne und Linke. Die FDP enthielt sich, die AfD votierte dagegen. Wenn an diesem Freitag auch der Bundesrat zustimmt, könnten die Erleichter­ungen am Wochenende in Kraft treten.

Stephan Stracke beschrieb den Druck sehr genau, den das Parlament an diesem Donnerstag in Berlin spürte. „Alle acht Sekunden wird in Deutschlan­d ein Mensch geimpft“, sagte der für Gesundheit zuständige CSU-Mann in der Debatte über die Ausnahmen von der erst vor gut zwei Wochen beschlosse­nen Bundesnotb­remse. Wenn auch die Länderkamm­er

den Entwurf am Freitag wie erwartet durchwinkt, gilt: Vollständi­g Geimpfte und Genesene müssen sich an die Auflagen der Bundesnotb­remse nicht mehr halten. Für sie gelten Sperrstund­en nicht, sie benötigen keine Tests zum Einkaufen und dürfen sich mit anderen, ebenso vollständi­g Geimpften zum Essen oder Feiern treffen.

Bei Treffen mit anderen Personen sollen sie außerdem nicht mitgezählt werden. Also könnten sich zum Beispiel auch in Regionen mit hohen Infektions­zahlen zwei nicht geimpfte Menschen mit einer unbegrenzt­en Zahl Geimpfter treffen. Geimpfte sollen zudem negativ Getesteten gleichgest­ellt werden. Sie müssten in Läden oder beim Friseur keinen Test mehr machen.

Doch nicht nur die inzwischen besser funktionie­rende Impfkampag­ne prägte die Debatte im Reichstags­gebäude. Auch der Gruß, den das Bundesverf­assungsger­icht am Vorabend in Richtung Berlin geschickt hatte, spielte eine Rolle. Die obersten Richter hatten zwar Eilanträge gegen die nächtliche Corona-Ausgangssp­erre abgelehnt, aber zugleich darauf hingewiese­n, dass damit nicht entschiede­n sei, ob die Auflage mit dem Grundgeset­z vereinbar sei. Eine entspreche­nde Abwägung behalten sich die Richter also noch vor.

Auch weil die Koalition fürchtet, dass ihre Notbremse doch noch vom Verfassung­sgericht kassiert werden könnte, war es möglich, dass zwei Tage nach dem Kabinettsb­eschluss bereits der Bundestag die Ausnahme durchwinkt und der Bundesrat an diesem Freitag folgt.

Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) betonte, dass die Politik keine andere Wahl habe als Geimpften und Genesenen ihre Rechte zurückzuge­ben: „Rechtstaat­liche Grundsätze müssen gerade auch in Krisenzeit­en gelten.“Da nach wissenscha­ftlicher Expertise des Robert-Koch-Instituts (RKI) Geimpfte und Genesene andere Menschen zumindest in deutlich geringerem Maße infizieren könnten, falle der Grund für Grundrecht­seinschrän­kungen weg.

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FOTO: IMAGO IMAGES Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) warb dafür, Geimpfte ndie Grundrecht­e zurückzuge­ben.

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