Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eine starke Frau regierte einst Tettnang
Die Gräfin Magdalena von Montfort wurde am 7. Mai 1521 Landesherrin
TETTNANG - Eine Kanzlerin, Premierministerin oder Präsidentin ist zwar heute noch nicht selbstverständlich, aber eben auch nichts Ungewöhnliches. Geradezu sensationell und bis dahin beispiellos war vor genau 500 Jahren die Tatsache, dass Magdalena von Montfort, geborene Gräfin von Oettingen, Landesherrin wurde. Am 7. Mai 1521 belehnte Kaiser Karl V. die Witwe des Grafen Ulrich VII. von Montfort mit der Herrschaft Tettnang und der Hohen Gerichtsbarkeit. Damit war sie uneingeschränkte Herrin in ihrer Grafschaft und hatte auch das Recht, in Strafsachen über Leben und Tod zu entscheiden.
Mit 13 Jahren war die junge Gräfin nach dem Wunsch ihrer Eltern mit dem Montfortgrafen Ulrich, den man wegen seines stattlichen Aussehens auch „den Schönen“nannte, verheiratet worden. Neun Kinder bekam das Paar, zwei Buben und sieben Mädchen. Nachdem aber der erstgeborene Sohn Ludwig als Kind und der Hoffnungsträger der Familie Wilhelm mit knapp 20 Jahren verstorben waren, schien der Bestand des Hauses Montfort gefährdet, falls sich kein weiterer männlicher Nachwuchs
einstellen sollte, da die Töchter für die dynastische Erbfolge nicht infrage kamen.
In ihrer Verzweiflung ließen Ulrich und Magdalena in Tettnang die St.-Anna-Kapelle erbauen, in der Hoffnung auf erneuten Kindersegen durch die Fürsprache der Schutzpatronin der Frauen und werdenden
Mütter. Zwar gibt es aufgrund dessen heute die schöne St.-Anna-Kapelle als das älteste sakrale Bauwerk der Stadt, Nachwuchs stellte sich bei dem Grafenpaar jedoch nicht mehr ein.
Ulrich starb am 23. April 1520. Nun stand der Witwe zwar die Regentschaft über die Grafschaft Montfort
zu, aber nach dem Lehnsrecht benötigte sie dazu als Frau einen Lehensträger, also einen Mann. Sie heiratete – wahrscheinlich noch 1520 – einen Vetter von Ulrich, den Grafen Johann l. aus der Allgäuer Linie von Montfort-Tettnang-Rothenfels. Dieser war aber aufgrund der Vertragsverhältnisse gegenüber seiner Ehefrau Magdalena weisungsgebunden.
Bis zu ihrem Tod am 22. April 1525 herrschte Magdalena als kluge und umsichtige Landesherrin in den schwierigen Zeiten von Reformation und Bauernkrieg. Die Quellen bezeichnen sie als eine bemerkenswerte Persönlichkeit, die sich nicht nur als Regentin einen Namen verschaffte, sondern auch der Kunst und dem Humanismus zugewandt war. Der verstorbene Kenner der Geschichte des Hauses Montfort und der Stadt Tettnang, Karl Heinz Burmeister, schrieb über sie: „Ihre kulturellen Leistungen heben sie deutlich aus dem Kreis anderer Frauen der Montforter heraus und bringen sie sogar in unmittelbare Nähe humanistischer und reformatorischer Bestrebungen.“Es ist daher sicher ein Versäumnis, dass die Stadt Tettnang dieser historischen Persönlichkeit bisher noch keinen Straßennamen gewidmet hat.