Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Laurel Hubbard könnte Olympiageschichte schreiben
Die neuseeländische Gewichtheberin dürfte die erste Transgender-Athletin bei den Spielen werden
WELLINGTON (SID) - Laurel Hubbard meidet das Rampenlicht, wo sie nur kann. Sie will ihren Sport machen, und darin ist die 43-jährige Neuseeländerin ziemlich gut: WM-Zweite 2017, zwei Goldmedaillen bei Ozeanien-Meisterschaften. Dass ihr das Tokio-Ticket winkt, ist da nur logisch. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn Hubbard ist nicht wie ihre Kontrahentinnen. Bis 2012 war sie ein Mann – nun könnte sie die erste Transgender-Athletin bei Olympia werden. „Ich bin, wer ich bin“, sagte Hubbard 2017 in einem ihrer seltenen Interviews. Kritik und Schmähungen versuche sie auszublenden: „Wenn ich diesen Ballast mitnehme, wird das Heben nur noch schwerer. Ich will nur das tun, was ich tue. Ich will nicht die Welt verändern.“
Zumindest die Sportwelt wäre aber eine andere, wenn Hubbard, derzeit Nummer 16 der Weltrangliste im Schwergewicht, bei den Olympischen Spielen in Tokio (23. Juli bis 8. August) um Medaillen reißen und stoßen dürfte. Und danach sieht es aus. „Das NZOC kann bestätigen, dass die überarbeiteten Qualifizierungssysteme des Weltverbandes sehr wahrscheinlich dazu führen werden, dass eine Reihe von neuseeländischen Gewichthebern, darunter auch die Transgender-Athletin Laurel Hubbard, einen Quotenplatz für Tokio 2020 erhält“, teilte das neuseeländische Olympische Komitee mit.
Hubbard wurde 1978 als Gavin geboren, der Vater war später Bürgermeister von Auckland. Gavin war ein hoffnungsvolles Talent, er stellte neuseeländische Jugendrekorde auf, schaffte aber bei den Männern nie den Durchbruch. 2012 dann die Geschlechtsumwandlung, aus Gavin wurde Laurel. Die angekündigte Rückkehr auf die Wettkampfbühne sorgte für Proteste. Weil Hubbard allerdings Testosteronwerte unterhalb der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geforderten Schwelle aufweisen konnte, durfte sie bei den Frauen antreten.
Unterstützung erfuhr sie bislang fast ausschließlich in ihrer Heimat. „Das neuseeländische Team“, heißt es vonseiten des NZOC, „hat eine starke Kultur der Fürsorge, der Inklusion und des Respekts für alle.“