Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ravensburger Rathaus braucht Generalsanierung
Geplante Erneuerung der Nebengebäude wird vorerst wohl aufgeschoben
RAVENSBURG - Die Sanierung des historischen Rathauses in Ravensburg ist viel aufwendiger geworden als zunächst geplant und hat sich zur Generalsanierung ausgewachsen. Wegen aktuell knapper Kassen der Stadt Ravensburg soll die bisher fest eingeplante Sanierung der Nebengebäude aufgeschoben und mit dem dafür reservierten Geld das Finanzierungsloch beim historischen Rathaus gestopft werden, wenn es nach dem Technischen Ausschuss des Ravensburger Gemeinderates geht. Die endgültige Entscheidung darüber trifft der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag, 10. Mai, aber selbst. Bei der Rechtfertigung der hohen Kosten wird Baubürgermeister Dirk Bastin emotional.
Wie andere Städte eine Kathedrale in ihrem Zentrum hätten, habe Ravensburg sein historisches Rathaus. Das Kulturdenkmal müsse erhalten werden. „Es hat eine überragende
Bedeutung für die Geschichte der Stadt“, so Bastin. „Jeder Euro, der da investiert wurde, ist ein bedeutender Euro für unsere Stadt.“
Der erste Bauabschnitt, bei dem das Erdgeschoss des Rathauses zu einem modernen BürgerserviceBereich umgebaut wurde, ist längst abgeschlossen. Geplante Kosten: 1,8 Millionen Euro. Tatsächliche Kosten: 2,5 Millionen Euro.
Im zweiten Bauabschnitt, der die Sanierung aller übrigen Stockwerke samt Dach des historischen Rathauses umfasste, sollte 6,1 Millionen Euro kosten. Nun steht fest: Er kostet 9,1 Millionen Euro. Ließe man den Tausch der Fenster weg, käme man auf Kosten von 8,9 Millionen Euro. Weil auch Fördergelder fließen, beträgt der Eigenanteil der Stadt unterm Strich 7,98 Millionen Euro.
Finanziert werden sollen die Mehrkosten unter anderem mit Geld, das eigentlich für die Sanierung der Nebengebäude vorgesehen war. 2,6 Millionen Euro waren dafür in den aktuellen Doppelhaushalt der Stadt eingeplant worden. Weil 300 000 Euro nötig sind, um die nicht aufgehobene, sondern nur aufgeschobene Sanierung der Nebengebäude weiter zu planen, empfiehlt die Verwaltung, die übrigen 2,3 Millionen auch noch für die Bezahlung der massiv gestiegenen Sanierungskosten am Hauptgebäude zu verwenden. Die Sanierung der Nebengebäude soll auf die Haushaltsjahre 2023/24 verschoben werden. Der Technische Ausschuss stimmte den Vorschlägen der Stadtverwaltung einstimmig zu.
Bastin betonte, dass es sich nicht um gestiegene Kosten für geplante Arbeiten handle, sondern im Lauf der Sanierung immer mehr Arbeiten hinzugekommen seien, die auch vorher seiner Schilderung nach nicht abzusehen waren. Der Architekt David Braun vom Büro Angerhofer und Braun in Ravensburg erklärte detailliert, in welchen Sparten am Gebäude viel mehr gemacht werden musste, und mit welchen Kosten das verbunden war. Zum Beispiel war das Dach stärker beschädigt als gedacht; die Dachgauben konnten anders als geplant nicht wieder aufgesetzt werden, sondern mussten neu gebaut werden; die Heizungsleitungen waren demnach ebenfalls marode und mussten entfernt werden. Weil die Arbeiten nun länger dauern, steht auch das Gerüst länger, was ebenfalls wieder Kosten verursache. „Am Ende haben wir weitgehend eine Generalsanierung hingelegt“, sagte der Leiter des Amtes für Architektur und Gebäudemanagement der Stadt Ravensburg, Dieter Katein.
Alle Fraktionen im Technischen Ausschuss stimmten der Stadtspitze dahingehend zu, dass man die Verantwortung habe, das historisch wertvolle Gebäude zu erhalten – und das nicht nur als Museum, sondern als modernes Verwaltungsgebäude. Maria Weithmann (Grüne) forderte aber, künftig potenzielle Mehrkosten höher anzusetzen. „Nach unseren Erfahrungen am Lederhaus war es eigentlich klar, dass es auch am Rathaus so kommt“, sagte sie mit Bezug auf frühere Überraschungen an historischer Bausubstanz. Frieder Wurm (CDU) sagt, dass man sich schon frage, warum man die vielen Schäden nicht früher bemerkt habe. „Aber was hätten wir gemacht, wenn wir gewusst hätten, dass es so viel kostet? Wir hätten es trotzdem gemacht“, sagt er.
Weil auch so viele zusätzlich zu erledigende Arbeiten dazugekommen seien, könne er die Mehrkosten mittragen, sagte Jochen Fischinger (Freie Wähler), auch Bürger für Ravensburg, SPD und FDP trugen den Entschluss mit. Auf Fragen von Markus Waidmann (FDP) zum weiteren Vorgehen bezüglich der nun aufgeschobenen Sanierung der Nebengebäude erklärte Bastin, dass über einen neuen Zeitplan der Nebengebäudesanierung und alle damit verbundene Kosten zu gegebener Zeit noch einmal neu entschieden werden müsse, bevor mit Bauarbeiten begonnen werden kann.