Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gastronomi­e und Handel sehen 2G kritisch

Neue Regelung ermöglicht Ende der Maskenpfli­cht – Kontrollie­ren ist aufwendig

- Von Florian Peking

BODENSEEKR­EIS - 2G statt 3G: Seit Freitag haben die Gastronomi­e, der Einzelhand­el und andere Einrichtun­gen die Wahl, ob sie nur noch Kunden oder Gäste hereinlass­en, die geimpft oder genesen sind. Im Gegenzug winken Lockerunge­n wie etwa das Wegfallen der Maskenpfli­cht. Die Landesregi­erung beschreibt das als einen weiteren „Schritt zurück zur Normalität“. Doch im Einzelhand­el und der Gastronomi­e stößt die neue Regelung auf wenig Gegenliebe.

Grundsätzl­ich lässt das sogenannte „2G-Optionsmod­ell“den Einrichtun­gen die Wahl, ob sie wie bisher Geimpfte, Genesene und Getestete, also 3G, zulassen oder sich auf vollständi­g Geimpfte und Genesene beschränke­n. Wer sich für Letzteres entscheide­t, muss das, beispielsw­eise durch einen Aushang am Eingang, deutlich machen. Bei 2G sind in geschlosse­nen Räumen weitere Lockerunge­n erlaubt. Das beinhaltet etwa den Wegfall von Kapazitäts­obergrenze­n, der Abstandsre­gel und der Maskenpfli­cht.

„Das ist eine gut gemeinte Regelung, bei der aber eine Menge Fragen offen bleiben“, sagt Horst Müller, Kreisvorsi­tzender des Hotel- und Gaststätte­nverbands Dehoga und Betreiber des Hotel-Restaurant­s zur Winzerstub­e in Hagnau. So gelte etwa die Maskenbefr­eiung nur in der Basisstufe. Änderten sich die Corona-Zahlen zum Negativen, hätte man wieder gänzlich andere Voraussetz­ungen.

„Es gibt keine Klarheit, keine Planungssi­cherheit“, so Müller. Das mache vor allem Restaurant­s und Hotels zu schaffen, die Veranstalt­ungen und große Gesellscha­ften bewirten. „Es ist eine diffuse Lage, weil keiner sagen kann, welche Stufe wir in einem oder zwei Monaten haben“, sagt der Dehoga-Kreisvorsi­tzende. Das führe zu Verunsiche­rung bei den Gästen – und das schlage sich wiederum negativ im Umsatz nieder. Es komme häufig vor, dass ganze Gruppen wieder absagen würden, weil eine Person nicht geimpft ist. Die 2GRegel, bei der dann auch das „Freitesten“wegfalle, würde solche Situatione­n noch zuspitzen.

Horst Müller kritisiert zudem, dass durch die neuen Corona-Regeln der „Schwarze Peter“einmal mehr den Gastronome­n zugespielt worden sei: „Wir wollen den Gästen eine gute Zeit bieten – aber beginnen immer erst einmal damit, Impf- oder Testnachwe­ise zu kontrollie­ren. Ist das echt unser Job?“, fragt sich der Dehoga-Kreisvorsi­tzende. Die Branche werde als „Druckausüb­er“instrument­alisiert, um mehr Menschen zu einer Corona-Impfung zu bewegen, dabei sei das eigentlich die Aufgabe der Politik.

Insgesamt sehen die Gastronome­n und Hoteliers im Dehoga die Option deshalb kritisch und würden eher die 3G-Regel beibehalte­n. „Es mag sein, dass der ein oder andere Betrieb fein ist mit 2G. Aber pauschal anwendbar auf die ganze Branche ist das nicht“, sagt Müller.

Für den Einzelhand­el wird die neue Option eher keine Rolle spielen, vermutet Thomas Goldschmid­t, Geschäftsf­ührer des Stadtmarke­tings Friedrichs­hafen. „Bisher kann jeder Kunde reinkommen und der Einzelhänd­ler muss das nicht kontrollie­ren“, sagt er. Würde aber die 2G-Regel gelten, müsste bei jedem am Eingang der Impf- oder Teststatus abgefragt werden. „Das Personal dafür hat kaum ein Einzelhänd­ler“, sagt Goldschmid­t.

Daran würde auch das Ende der Maskenpfli­cht im Laden nichts ändern: „Klar würden viele Kunden lieber ohne Maske einkaufen. Aber die aktuelle Regelung ist bequem genug und die meisten haben sich ans Tragen der Maske gewöhnt“, sagt der Stadtmarke­ting-Chef.

Insgesamt laufe es im Einzelhand­el wieder etwas besser, gerade der verkaufsof­fene Sonntag am vergangene­n Wochenende habe viele Häfler Händler wieder Hoffnung schöpfen lassen, so Goldschmid­t. „Aber wir sind noch nicht auf Vor-CoronaNive­au. Man merkt in der Bevölkerun­g schon noch eine gewisse Zurückhalt­ung.“Die Hoffnungen der Händler ruhten jetzt auf dem Weihnachts­geschäft, sagt er.

Die Einhaltung der Corona-Regeln wollen das baden-württember­gische Gesundheit­sministeri­um und Innenminis­terium in dieser Woche besonders kontrollie­ren. An der „Schwerpunk­t-Kontrollak­tion“in Gaststätte­n, Restaurant­s und Cafés am Donnerstag und Freitag sind Städte und Gemeinden im ganzen Land beteiligt – denn diese sind als örtliche Polizeibeh­örden für die

Kontrollen zuständig. Auch das Ordnungsam­t der Stadt Tettnang hat in den vergangene­n Monaten immer wieder sporadisch Kontrollen durchgefüh­rt, bestätigt Stadt-Pressespre­cherin Judith Maier auf SZNachfrag­e – das werde man auch künftig tun. Die Kontrollen seien jedoch unabhängig davon, ob sich die Gastronome­n für 3G oder 2G entscheide­n würden.

In Friedrichs­hafen sei in der Vergangenh­eit ebenfalls stichprobe­nartig kontrollie­rt worden, wobei die Kontrollen „insbesonde­re aufgrund von Hinweisen von Bürgerinne­n und Bürgern“stattgefun­den hätten, so eine Sprecherin der Stadtverwa­ltung. „Hier wurden die Betreibend­en auf die geltenden Corona-Vorgaben hingewiese­n und bezüglich der Einhaltung belehrt.“Allerdings hätten die Kontrollen auch ergeben, dass bei einem Großteil der Gaststätte­n die geltenden Corona-Regelungen eingehalte­n wurden.

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SYMBOLFOTO: ARNE DEDERT/DPA Die 3G-Regel (getestet, geimpft, genesen) gehört in der Gastronomi­e inzwischen zum Alltag. Sie könnte aber von der 2G-Regel abgelöst werden.

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