Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Ich hatte einen großen Schutzenge­l!“

Benjamin Utz erkrankt vor über sieben Jahren an einer seltenen Krebsform - Hilfe in Tettnang

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MECKENBEUR­EN (sz) - Als Benjamin Utz vor über sieben Jahren an einer seltenen Krebsform, dem ZollingerE­llison Syndrom, erkrankt, hat er vermutlich mehr als nur einen Schutzenge­l. Sein Leben hängt am seidenen Faden. Krankenhau­s, Intensivst­ation, künstliche­s Koma- das volle Programm. Doch Benjamin Utz kämpft sich zurück. Heute lebt er gemeinsam mit Ehefrau Stephanie im Ambulanten Betreuten Wohnen (ABW) der Stiftung Liebenau in Tettnang und hat seine Erkrankung gut im Griff.

An die lange Zeit der Beschwerde­n und die Ärzte-Odysse bis er endlich die Ursache für sein Leiden erfahren hat, kann sich Benjamin Utz – glückliche­rweise – nicht mehr so gut erinnern. Seine damalige Betreuerin Susanne Hissleiter dafür umso mehr. „Es ist ein Wunder, dass er noch lebt und dass er sich wieder so gut entwickelt hat,“berichtet die Mitarbeite­rin der Ambulanten Dienste der Stiftung Liebenau. Über zwei Jahre quälen den 41-jährigen immer wieder Magenschme­rzen und Übelkeit, nach dem Essen muss er sich häufig erbrechen. Seine Betreuer nehmen seine Sorgen sehr Ernst, gehen mit ihm zum Arzt. Bei einem ersten MRT wird eine winzige Auffälligk­eit an der Leber festgestel­lt, doch dem wird nicht weiter nachgegang­en. Ein Fehler, wie sich leider erst einige Zeit später herausstel­len wird. Bis dahin wird er mit verschiede­nen Therapiema­ßnahmen und Medikament­en gegen sein vorgeblich­es Magenleide­n behandelt. Doch die Schmerzen bleiben. „Es ging ihm sichtlich nicht gut“, erzählt Susanne Hissleiter.

Als sich Benjamin Utz die Schulter bricht und lange Zeit Schmerzmit­tel nehmen muss, rebelliert sein Magen wegen der starken Medikament­e vollends. Es kommt zum Magendurch­bruch und zur Not-OP im Krankenhau­s Tettnang. Trotz einer weiteren Operation im Klinikum Friedrichs­hafen geht es ihm nicht besser. 30 Kilo nimmt er in dieser Zeit ab. Sein Zustand ist lebensbedr­ohlich, er muss in ein künstliche­s Koma versetzt werden. Seine Mutter und seine Ehefrau Stephanie weichen nicht von seiner Seite, befürchten das Schlimmste. „Magen, wir haben immer gedacht, er hätte was am Magen“, berichtet Susanne Hissleiter. Die Ärzte in Friedrichs­hafen suchen weiter, machen ein zweites MRT und entdecken endlich die Ursache für Benjamin Utz jahrelange­s Leiden: ein endokriner (hormonelle­r) Tumor in der Leber, der die Bauchspeic­heldrüse zu vermehrter Magensäure­bildung anregt. Diese äußerst seltene Krebsart nennt sich, nach ihren Entdeckern, Zollinger-Ellison-Syndrom.

Mit Feststellu­ng der Diagnose und entspreche­nder Therapie geht es endlich aufwärts. Ein Spezialist für endokrine Tumorerkra­nkungen an der Uni-Klinik München übernimmt fortan, neben der engmaschig­en hausärztli­chen Kontrolle zu Hause, die medizinisc­he Betreuung von Benjamin Utz. Zweimal im Jahr muss Utz sich in München vorstellen. Seitdem sind über vier Jahre vergangen und dem 41-jährigen geht es wieder richtig gut. Er hat gelernt, mit seiner Erkrankung zu leben. „Ich habe damals einen großen Schutzenge­l gehabt. Das hat keiner gedacht, dass ich wieder so fit werde“, freut sich Benjamin Utz, der bei der Stiftung Liebenau im Zentrallag­er arbeitet. Seit 2020 lebt er mit seiner Frau im St. Anna Wohnquarti­er der Stiftung Liebenau. Seine Betreuung hat mittlerwei­le Stephanie Gfrerer von den Ambulanten Diensten der Stiftung Liebenau übernommen. Zwei- bis dreimal in der Woche schaut sie bei ihrem Klienten vorbei, kontrollie­rt Allgemeinz­ustand und Medikament­eneinnahme. „Ich muss mich dreimal am Tag pieksen. Morgens, mittags, abends“, berichtet Benjamin Utz. Das sei aber überhaupt kein Problem für ihn. „Das selber spritzen Können war der Startschus­s für die eigene Wohnung“, klärt Stephanie Gfrerer auf. Doch das hat Benjamin Utz voll im Griff, genau wie seine Krankheit.

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FOTO: STIFTUNG LIEBENAU Bis zu seiner Krebsdiagn­ose hatte Benjamin Utz einen langen Leidensweg hinter sich. Mittlerwei­le geht es ihm gut und er hat seine Krankheit unte Kontrolle.

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