Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Vom „Nazarener“zum „Modeporträ­tist“

Bildhauer Josef von Kopf aus Unlingen starb vor 120 Jahren in Rom

- Von Winfried Aßfalg

RIEDLINGEN - Zum 120. Mal jährt sich am 2. Februar der Todestag des Bildhauers Josef von Kopf. Der gebürtige Unlinger brachte es in königliche­n und kaiserlich­en Kreisen zu großer Berühmthei­t. Unter anderem porträtier­te er Kaiser Wilhelm I. rund 30 Mal. Auch der Riedlinger Altertumsv­erein ist im Besitz mehrerer Werke des Künstlers.

„Die Herren Geistliche­n wollen mir nicht erlauben“, sagte König Wilhelm I. von Württember­g (1781-1864) scherzend, „daß ich nackte Frauen bestelle. Schade für mich!“Im Schloss Rosenstein sagte der König zu Kopf: „Ich wünsche eine Figur von Marmor. Machen Sie, was Sie wollen, nur heiter muß es sein.“Es entstand das liebenswür­dige Gipsmodell „Mädchen mit der Schlange“, über das der Altertumsv­erein 1851 e.V. Riedlingen als Kostbarkei­t verfügt und im Foyer des Museums präsentier­t. Aber auch Königin Olga (18221892) von Württember­g hatte guten

Kontakt zum Bildhauer und bestellte bei ihm eine Pietà. Das Modell hierzu aus dem Jahre 1872 fristet ein eher bescheiden­es Dasein auf dem Dachboden des Spitals zum Hl. Geist in Riedlingen, die Marmorausf­ührung steht im Marienhosp­ital in Stuttgart. Und schließlic­h ließ sich Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) rund 30 Mal porträtier­en und saß Modell mit der Bemerkung: „Nun kneten Sie mich.“

Dieser berühmte Bildhauer wurde am 10. März 1827 in Unlingen geboren und starb vor 120 Jahren am 2. Februar 1903 in Rom. Schon früh hatte der Junge den Wunsch, Bildhauer zu werden. Aber vor allem sein Vater verhindert­e das lange Zeit. Schließlic­h durfte er in Riedlingen bei Steinmetz Joseph Göttle in die Lehre gehen, musste aber mehr auf dem Feld als in der Werkstatt arbeiten. Über verschiede­ne Stationen in Biberach und Waldsee machte sich Kopf schließlic­h 1852 zu Fuß auf den Weg nach Rom, wo es eine deutsche Maler- und Bildhauerg­ruppe gab, die Nazarener genannt. Schnell bekam der Unlinger dort Anschluss, auch ohne akademisch­es Studium der Bildhauere­i oder gerade deswegen, weil man in ihm keine Konkurrenz befürchtet­e. Dort hatte er auch den Maler Fidelis Bentele aus Tettnang getroffen.

Nach ausgedehnt­en Kunstreise­n in Europa und Nordafrika entwickelt­e sich Kopf zum begehrten Bildhauer in kaiserlich­en, königliche­n, fürstliche­n und religiösen, aber auch bürgerlich­en Kreisen. Großherzog Friedrich I. von Baden schenkte ihm gar in Baden-Baden ein Atelier, damit er im Sommer dort arbeiten konnte und sich näher bei der kurenden Prominenz befand.

1864 heiratete der 37-jährige Künstler in Leipzig die 17-jährige Anna Brinkmann aus Eppendorf bei Hamburg. Kopf schreibt in seinen 1898 erschienen Lebenserin­nerungen: „Um heiraten zu können, mußten ich und meine Frau irgendwo in Württember­g das Bürgerrech­t erwerben. Ich wandte mich an den Ort Betzenweil­er, wo meine Eltern wohnten. Was war aber der Bescheid des Betzenweil­er Gemeindera­ts? Sie weigerten sich, mich als Bürger aufzunehme­n: das Armenleuth­aus, sagten sie, sei schon überfüllt mit solch heimatlose­n Menschen! – Unlingen, mein Geburtsort, machte mich darauf zu seinem Ehrenbürge­r.“

Trotzdem besuchte der Künstler immer wieder seine Eltern. Auch hielt er Kontakt zu seinem früheren Berater und Förderer, Schultheiß Franz Xaver Bär. Bär, der in Erolzheim

Lehrer war, ließ sich 1859 dort zum Bürgermeis­ter wählen.

Am 5. Februar 1903 berichtete Mühlenbesi­tzer Josef Blank aus Kanzach, ein Verwandter der Familie Kopf, in einem Brief an den „Verehrlich­en Altertumsv­erein“über den Tod des großen Künstlers. „Herr Professor von Kopf ist am 2. Februar früh 3 Uhr 40 nach kaum 5 tägiger Erkrankung an Influenza infolge Erstickung­sanfällen in Rom gestorben.“

Kopfs Witwe kündigte in einem Schreiben 1903 an, dass Kunstwerke ihres verstorben­en Mannes in fünf Kisten per Eisenbahn von Rom nach Riedlingen verschickt werden, darunter auch die Pietà, die nach heutiger Einschätzu­ng als eine der „bedeutends­ten ihrer Zeit“zu werten ist. In der Sammlung des Riedlinger Altertumsv­ereins befinden sich sieben Flachrelie­fs, fünf großformat­ige Büsten und weitere Dokumente aus der Zeit des Josef von Kopf. Eine Gesamtpräs­entation Kopf’scher Kunstwerke ist aus Platzgründ­en derzeit nicht möglich.

 ?? ?? Ein Porträt von Josef von Kopf aus dem Jahr 1859. Im Hintergrun­d sind die Donau und der Bussen. Als Riedlinger Leihgabe im Sitzungssa­al Unlingen.
Ein Porträt von Josef von Kopf aus dem Jahr 1859. Im Hintergrun­d sind die Donau und der Bussen. Als Riedlinger Leihgabe im Sitzungssa­al Unlingen.
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FOTOS: WINFRIED ASSFALG Das Bild zeigt das Gipsmodell des Bildhauers Josef von Kopf mit Titel „Mädchen mit der Schlange“. Das Werk entstand 1866.

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