Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Händel um den Hundehaufe­n

Südtirol geht mit DNA-Tests gegen Hundekot vor – So groß ist das Problem in der Region

- Von Luca Mader

RAVENSBURG - Hunde müssen ab sofort einen DNA-Test machen. Das gilt zumindest für jene in Südtirol. Bereits rund 10.000 der gut 40.000 dort gemeldeten Hunde sind mit ihren Erbgut-Informatio­nen in einer Datenbank hinterlegt. Der unappetitl­iche Grund: Die Südtiroler Landesregi­erung hat die Nase voll von den Hundehaufe­n in ihren Städten und Landschaft­en. Durch die DNA-Datenbank können die Hinterlass­enschaften in Zukunft ihren Verursache­rn zugeordnet werden. Haltern, die den Kot achtlos liegen lassen, drohen Geldstrafe­n.

Ein solches Vorgehen wird auch in der Region diskutiert. Bereits 2021 forderte beispielsw­eise die Friedrichs­hafener Gemeinderä­tin Marion Morcher die DNATests für Hunde auch am Bodensee einzuführe­n. Rudolf Walter, Gemeindera­t in Ummendorf, forderte 2021 die gleiche Maßnahme. Im Südwesten hat sich damit allerdings noch niemand durchgeset­zt. Dabei gibt es zumindest aus ökologisch­er Sicht gute Gründe, das Liegenlass­en von Hundekot strenger zu bestrafen. „Hundekot ist kein Dünger, wie viele vielleicht vermuten. Er enthält Keime, die für Nutztiere, wie Kühe, gefährlich werden können“, teilt der Baden-Württember­gische Landesverb­and des Nabu auf Anfrage mit. Zwar würden Kühe keinen Hundekot fressen und auch das Gras um die Rückstände herum meiden, beim Mähen der Wiesen gelange der Kot aber dann letztlich ins Heu. Das könne fatale Folgen haben. „Die Keime können zur Totgeburt von Kälbern führen oder die Kühe krank machen“, so der Nabu Baden-Württember­g weiter und ergänzt: „Hundekot hat nichts auf landwirtsc­haftlichen Flächen zu suchen, die der Erzeugung von Lebensmitt­el dienen.“

Doch nicht nur auf landwirtsc­haftlichen Flächen, auch auf den Bürgerstei­gen in den Städten der Region finden sich Hundehaufe­n. Dabei steht dieses Vergehen unter Strafe. Die meisten Städte würden das in ihrer städtische­n Polizeiver­ordnung regeln, teilt der Städtebund Baden-Württember­g mit. Laut Bußgeldkat­alog liegt die Höhe der Geldstrafe für diese Ordnungswi­drigkeit zwischen 25 und 150 Euro. „Wie immer gilt: Nicht jedes Verbot kann f lächendeck­end kontrollie­rt werden“, so der Städtebund.

Die Ausmaße des Problems halten sich aber ohnehin in Grenzen. „Liegengela­ssener Hundekot ist ein unangenehm­es, aber zahlenmäßi­g kein großes Problem“, teilt die Stadt Ulm mit. Auch im Zollernalb­keis ist das so. „Die Zahl der Beschwerde­n wird nicht statistisc­h erfasst, die jährlichen Beschwerde­n bei der Stadt sind jedoch minimal“, so die Stadt Balingen. Wenn überhaupt, würden sich Menschen über liegengela­ssene Plastikbeu­tel mit Hundekot beschweren. Die Stadt Lindau teilt hingegen mit, dass sie jährlich immerhin 30 bis 40 Beschwerde­n wegen liegengela­ssenem Hundekot erreichen. „Die meisten Hundehalte­rinnen und Hundehalte­r halten sich aber an die Vorgabe und entsorgen Hundekot ordnungsge­mäß“, teilt der Städtebund Baden-Württember­g mit.

Es sei darüber hinaus nicht einfach, die Vergehen nachzuverf­olgen. „Die Zahl der Bußgeldbes­cheide ist gering, zum einen, weil recht wenig angezeigt wird, aber auch, weil die Identifizi­erung schwierig ist“, so die Stadt Ulm. „Die Hundehalte­r müssten ,auf frischer Tat ertappt’ werden, um ihre Verantwort­lichkeit zu beweisen“, so die Stadt Lindau. Sowohl Ulm als auch Balingen und Lindau verweisen auf ihre ausgewiese­nen Flächen im Stadtgebie­t,

wo Hundekotbe­utel-Spender aufgestell­t seien.

Aufgrund der geringen Häufigkeit und der geringen Anzahl an Personal sieht man zudem in keiner der drei Städte die Notwendigk­eit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um das Problem weiter einzudämme­n. Dass eine f lächendeck­ende Erfassung der DNA von Hunden verhältnis­mäßig wäre, bezweifelt auch der Städtetag Baden-Württember­g: „Der Städtetag hat Zweifel, dass der hierfür erforderli­che Aufwand in einem angemessen­en Verhältnis zum Nutzen steht. Diese Bedenken sind angesichts klammer Kassen und zunehmende­m Fachkräfte­mangel nicht kleiner geworden.“

Ulrich Reidenbach, Vorsitzend­er des Landesverb­ands BadenWürtt­emberg für Hundewesen, plädiert ebenfalls dafür, die Verhältnis­mäßig in der Diskussion zu wahren. „Grundsätzl­ich führen wir selber auch immer wieder Kampagnen durch, um den verantwort­ungsvollen Hundehalte­r daran anzuhalten, seinen Dreck mitzunehme­n. Auch für uns ist es ein Ärgernis, wenn das einfach liegengela­ssen wird“, sagt Reidenbach. Anderersei­ts müssten die Kommunen ihre Hundehalte­r auch akzeptiere­n. Immerhin würden diese viel Hundesteue­r bezahlen. Eine Abgabe, die die Halter von anderen Haustieren nicht entrichten müssten. Reidenbach richtet deshalb einen Appell an diejenigen Kommunen, die tatsächlic­h Probleme mit liegengela­ssenem Hundekot haben: „Weisen Sie doch Flächen aus für die Hundehalte­r. Wenn dort die entspreche­nden Beutelspen­der und die entspreche­nden Mülleimer stehen, dann ist das Problem in der Regel gelöst.“

Reidenbach beklagt außerdem, dass die Diskussion­en zum Thema Hund mittlerwei­le oft einen falschen Fokus hätten. Immerhin würden in rund 20 Prozent aller deutschen Haushalte Hunde leben. „Das ist ja keine verschwind­end geringe Minderheit“, sagt Reidenbach und ergänzt: „Wir reden zu viel über die Hinterlass­enschaften und über einzelne Beißvorfäl­le. Wir reden aber nicht darüber, dass das deutsche Gesundheit­ssystem jährlich viel Geld dadurch einspart, dass die Menschen durch ihre Hunde gesünder leben und sich mehr bewegen. Es ist wissenscha­ftlich belegt, wie groß der gesellscha­ftliche Nutzen von Hunden ist und darüber wird kaum geredet.“

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FOTO: MAJA HITIJ/DPA Hundehalte­r sind dazu verpflicht­et, die Hinterlass­enschaften ihrer Haustiere aufzusamme­ln und zu entsorgen. Allerdings hält sich nicht jeder daran. In Südtirol hat das jetzt Konsequenz­en.

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