Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gemeinschaftsschule unterrichtet bald draußen
Für eine fünfte Klasse wird der Wald für einen Tag in der Woche zum Klassenzimmer
TETTNANG - Bei Sonne, Regen, Wind und Schnee: Als Outdoorklasse will die Gemeinschaftsschule Manzenberg im nächsten Schuljahr eine fünfte Klasse beginnen lassen. Die Idee: Am Mittwoch tauschen die Schüler das Klassenzimmer gegen den Wald und lernen dort auf praktische Art und Weise.
„Diese Verbindung mit Projekten im Wald gärt schon länger in uns“, sagt Schulleiter Wolfram Schellhaase. Und als sein Stellvertreter Tomas Seyboldt mit einem Zeitungsartikel über eine Outdoorklasse im Raum Biberach in der Tür gestanden habe, erinnert sich Schellhaase, „umso sinnvoller erschien es uns“.
Mit ForstBW ist schon ein Kooperationspartner an Bord. Das Waldhaus Tannau können die Schüler als Basislager nutzen, Waldpädagogen wie Britta Rösch oder Fabian Sporer unterstützen die pädagogische Arbeit. Und mit der Pädagogischen Hochschule laufen bereits Gespräche über eine Begleitung.
Wie das Ganze von der Schule aus abläuft, erklären Schellhaase und Seyboldt so: An der Gemeinschaftsschule geht es los, mit dem Bus, dem Rad oder auch mal zu Fuß. Das Ganze soll keine Erlebnisklasse sein, sondern es läuft Unterricht nach Lehrplan. Allerdings mit Bonus.
Wie der ausschaut, erklärt Försterin und Waldpädagogin Britta Rösch: „Man kann im Wald sehr viele Dinge untersuchen und anschauen.“Das eigene Erleben mache da den Unterschied aus.
Vollkommen klar sei das im Bereich Biologie, so Rösch. Einen lebenden Frosch in der Natur zu beobachten sei eben etwas anderes als ihn nur auf einem Bild zu sehen, nennt sie als Beispiel. Oder ein echter Biberdamm und die
Auswirkung auf den Lebensraum in echt hinterlasse eben einen stärkeren Eindruck als eine Seite in einem Buch.
Beides sei wichtig, sowohl die Praxis als auch die Theorie. Aber was man selbst erlebt habe, könne man einfach besser behalten: „Das geht ja auch nicht nur ums Sehen, sondern auch ums Riechen und Hören.“Es sei einfach eine gute Ergänzung zum klassischen Unterricht.
Das sehen auch Schellhaase und Seyboldt so, die mit dem Angebot einen Versuchsballon starten: „Wir bemerken ein großes Interesse, können aber noch nicht abschätzen, wie groß die Klasse am Ende wirklich sein wird.“
Im Schnitt, sagt Seyboldt, liege die Regelklasse an der Manzenbergschule „im 20er-Bereich“, möglich seien bis zu 28 Schülerinnen und Schüler.
Auch Rösch findet: „Eine Klasse ist erst mal sinnvoll. Diese
Form ist ja auch für uns neu.“Bei anderen Schulen gebe es schon mal Unterrichtsblöcke im Wald, aber eine durchgehende Betreuung über ein Schuljahr – das ist in Tettnang auch für die ForstBWWaldpädagogen neu.
„Wir werden allerdings auch nicht an jedem der Tage dabei sein“, sagt die Försterin. Die zwei Begleitlehrer an diesen Tagen und die Schüler können allerdings die Lernressourcen im Waldhaus Tettnang nutzen. Wobei Schellhaase und Seyboldt klar machen: Es soll nur Basis sein und „kein Ersatzklassenzimmer“.
Wichtig sei schließlich auch die Bewegung – und zwar bei jeder Wetterlage. Außer natürlich bei Orkan oder sonstigen Extremwetterlagen. Aber das sei ja klar, sagen die beiden, dann gebe es halt Unterricht im normalen Klassenraum. Nun hoffen Schulleiter Schellhaase und sein Stellvertreter, dass vielleicht auch noch ein oder zwei Sponsoren mit an Bord kommen, um vielleicht Kinder aus wirtschaftlich schwächeren Haushalten mit guter Funktionskleidung zu unterstützen: „Wichtig wäre uns, dass das kein Hemmschuh ist, um sich anmelden zu können.“
Dass der Mobilfunkempfang rund ums Forsthaus Tannau mies bis gar nicht vorhanden ist, ist dabei übrigens nicht Teil des Konzepts, stellt Schellhaase klar: „Man kann hier Medien sogar sehr gut einsetzen.“Das kann vom Fotografieren bis zur Aufnahme von Vogelgeräuschen reichen.
„Außerdem gibt es auch gute Apps zur Bestimmung von Pf lanzen“, nennt Rösch einen weiteren Ansatzpunkt für Recherchen. Klar wird: Selbst tätig werden, Interesse wecken, Eigenständigkeit entwickeln, in der Gruppe zusammenarbeiten – auch das sind wichtige Ziele dieses Konzepts.