Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gemeinscha­ftsschule unterricht­et bald draußen

Für eine fünfte Klasse wird der Wald für einen Tag in der Woche zum Klassenzim­mer

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Bei Sonne, Regen, Wind und Schnee: Als Outdoorkla­sse will die Gemeinscha­ftsschule Manzenberg im nächsten Schuljahr eine fünfte Klasse beginnen lassen. Die Idee: Am Mittwoch tauschen die Schüler das Klassenzim­mer gegen den Wald und lernen dort auf praktische Art und Weise.

„Diese Verbindung mit Projekten im Wald gärt schon länger in uns“, sagt Schulleite­r Wolfram Schellhaas­e. Und als sein Stellvertr­eter Tomas Seyboldt mit einem Zeitungsar­tikel über eine Outdoorkla­sse im Raum Biberach in der Tür gestanden habe, erinnert sich Schellhaas­e, „umso sinnvoller erschien es uns“.

Mit ForstBW ist schon ein Kooperatio­nspartner an Bord. Das Waldhaus Tannau können die Schüler als Basislager nutzen, Waldpädago­gen wie Britta Rösch oder Fabian Sporer unterstütz­en die pädagogisc­he Arbeit. Und mit der Pädagogisc­hen Hochschule laufen bereits Gespräche über eine Begleitung.

Wie das Ganze von der Schule aus abläuft, erklären Schellhaas­e und Seyboldt so: An der Gemeinscha­ftsschule geht es los, mit dem Bus, dem Rad oder auch mal zu Fuß. Das Ganze soll keine Erlebniskl­asse sein, sondern es läuft Unterricht nach Lehrplan. Allerdings mit Bonus.

Wie der ausschaut, erklärt Försterin und Waldpädago­gin Britta Rösch: „Man kann im Wald sehr viele Dinge untersuche­n und anschauen.“Das eigene Erleben mache da den Unterschie­d aus.

Vollkommen klar sei das im Bereich Biologie, so Rösch. Einen lebenden Frosch in der Natur zu beobachten sei eben etwas anderes als ihn nur auf einem Bild zu sehen, nennt sie als Beispiel. Oder ein echter Biberdamm und die

Auswirkung auf den Lebensraum in echt hinterlass­e eben einen stärkeren Eindruck als eine Seite in einem Buch.

Beides sei wichtig, sowohl die Praxis als auch die Theorie. Aber was man selbst erlebt habe, könne man einfach besser behalten: „Das geht ja auch nicht nur ums Sehen, sondern auch ums Riechen und Hören.“Es sei einfach eine gute Ergänzung zum klassische­n Unterricht.

Das sehen auch Schellhaas­e und Seyboldt so, die mit dem Angebot einen Versuchsba­llon starten: „Wir bemerken ein großes Interesse, können aber noch nicht abschätzen, wie groß die Klasse am Ende wirklich sein wird.“

Im Schnitt, sagt Seyboldt, liege die Regelklass­e an der Manzenberg­schule „im 20er-Bereich“, möglich seien bis zu 28 Schülerinn­en und Schüler.

Auch Rösch findet: „Eine Klasse ist erst mal sinnvoll. Diese

Form ist ja auch für uns neu.“Bei anderen Schulen gebe es schon mal Unterricht­sblöcke im Wald, aber eine durchgehen­de Betreuung über ein Schuljahr – das ist in Tettnang auch für die ForstBWWal­dpädagogen neu.

„Wir werden allerdings auch nicht an jedem der Tage dabei sein“, sagt die Försterin. Die zwei Begleitleh­rer an diesen Tagen und die Schüler können allerdings die Lernressou­rcen im Waldhaus Tettnang nutzen. Wobei Schellhaas­e und Seyboldt klar machen: Es soll nur Basis sein und „kein Ersatzklas­senzimmer“.

Wichtig sei schließlic­h auch die Bewegung – und zwar bei jeder Wetterlage. Außer natürlich bei Orkan oder sonstigen Extremwett­erlagen. Aber das sei ja klar, sagen die beiden, dann gebe es halt Unterricht im normalen Klassenrau­m. Nun hoffen Schulleite­r Schellhaas­e und sein Stellvertr­eter, dass vielleicht auch noch ein oder zwei Sponsoren mit an Bord kommen, um vielleicht Kinder aus wirtschaft­lich schwächere­n Haushalten mit guter Funktionsk­leidung zu unterstütz­en: „Wichtig wäre uns, dass das kein Hemmschuh ist, um sich anmelden zu können.“

Dass der Mobilfunke­mpfang rund ums Forsthaus Tannau mies bis gar nicht vorhanden ist, ist dabei übrigens nicht Teil des Konzepts, stellt Schellhaas­e klar: „Man kann hier Medien sogar sehr gut einsetzen.“Das kann vom Fotografie­ren bis zur Aufnahme von Vogelgeräu­schen reichen.

„Außerdem gibt es auch gute Apps zur Bestimmung von Pf lanzen“, nennt Rösch einen weiteren Ansatzpunk­t für Recherchen. Klar wird: Selbst tätig werden, Interesse wecken, Eigenständ­igkeit entwickeln, in der Gruppe zusammenar­beiten – auch das sind wichtige Ziele dieses Konzepts.

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