Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Junge Erfinder nutzen Kraft der Sonne
Jungforscher vom Schülerforschungszentrum bauen eigenes Solarauto und treten bei Rennen in Belgien an
FRIEDRICHSHAFEN - Das nächste ambitionierte Solarprojekt des Schülerforschungszentrums (SFZ) Friedrichshafen ist im vollen Gange. Die jungen Leute vom Karl-Maybach-Gymnasium, vom Graf-Zeppelin-Gymnasium und von der Claude-Dornier-Schule haben jüngst ihr solarbetriebenes Rennauto in ihrem Werkstattraum im Häfler Berufsschulzentrum vorgestellt. Mit dem Auto wollen sie als erstes und einziges Schülerteam aus Deutschland an der „iLumen European Solar Challenge“in Belgien teilnehmen. Schüler des SFZ hatten bereits einen Solarkatamaran gebaut, den sie bei der Weltklimakonferenz in Dubai im vergangenen Jahr präsentierten.
„Die Zeit rennt“, sagt Burkhard Mau, einer der Standortleiter des Schülerforschungszentrums in Friedrichshafen. In weniger als acht Monaten findet das 24-stündige Solarautorennen in Belgien statt und die Schüler arbeiten mit Hochdruck daran, bis dahin fertig zu werden. Für Christian Heide, ebenfalls Standortleiter,
steht fest: „Ihr alle habt ein Projekt, das ihr euer Leben nicht vergessen werdet.“
Das Projekt startete damit, ein bereits bestehendes Fahrzeug zu finden, um in der knappen Zeit mit dem Bau nicht vollkommen von vorne anfangen zu müssen. Die Analyse der Jungforscher ergab, dass ein Formel-Junior-Auto am besten für deren Zwecke geeignet ist, wie Schüler Tom Heine von der ClaudeDornier-Schule erläutert.
Der Wagen trägt vorne noch das Logo des Schweizer Fußballvereins FC Basel. Ein Teil der Schüler ist mit der Fähre von Friedrichshafen auf die andere Seite des Bodensees in die Schweiz gefahren und hat dort das Auto vom Vorbesitzer abgeholt, so Heine. „Wir haben es aufgeladen und sind mit entsprechender Freude zurückgereist.“Doch ganz so schnell konnten die Schüler nicht zurück auf die deutsche Seite, denn sie mussten die Ware beim Zoll anmelden. Rund 1500 Euro mussten sie für die Einfuhr bezahlen, sagt Heine. Die nächste Herausforderung: Das Fahrzeug in die Werkstatt im Berufsschulzentrum zu transportieren. Das ging wegen der Breite des Autos teilweise nur hochkant.
Die Schüler haben den Benzinmotor ausgebaut – schließlich soll das Solarauto mit einem Elektromotor samt Batterie betrieben werden. 35 bis 30 Stundenkilometer soll es einmal fahren, wenn die Sonne scheint, wie Mattis Kley vom Konstruktionsteam, ehemaliger Schüler des Graf-ZeppelinGymnasiums, erläutert. Nach den Regularien des Wettbewerbs darf die Batterie innerhalb der 24 Stunden dreimal nachgeladen werden. Auf der Rennstrecke im Cockpit sitzen dürfen diejenigen Schüler, die bereits einen Führerschein besitzen.
Die Schüler legen auch Wert auf Nachhaltigkeit. Die neue Fahrzeughülle soll nicht aus Carbon bestehen, das aus Petroleum hergestellt wird, erklärt Kley. Stattdessen sollen Flachsfasern zum Einsatz kommen, also pf lanzliches Material. Auf knapp sechs Quadratmetern Fläche dürfen die Teilnehmer laut Regelwerk Solarzellen anbringen. Dies entspreche fast der ganzen Fahrzeugfläche, erläutert Kley. Eine entscheidende Rolle spiele die Aerodynamik des Wagens, die der 18-Jährige in Computersimulationen analysiert.
Kley hatte für ein früheres SFZ-Projekt zusammen mit einem Freund einen Solarkatamaran
entwickelt, der bei Tageslicht über eine unbegrenzte Reichweite verfügt. Das Team des neuen Solarprojekts hat insgesamt 18 Mitglieder; das jüngste ist 15 Jahre alt, das älteste Mitglied älter als 20. Alle stecken viel Zeit in das Solarauto. „Ich habe den Plan, eine Automechanikerlehre anzufangen“, sagt Tom Heine. Das Projekt helfe dabei, Elektroautos besser zu verstehen, was wiederum für die Ausbildung hilfreich sei. Ela Özel, die einzige Frau im Team, motiviert allein die Vorstellung,
innerhalb von nur einem Jahr ein solch ambitioniertes Projekt zu verwirklichen.
Auch Sergio Fusha ist hochmotiviert. Er hat die Website programmiert, auf der Besucher regelmäßig über den aktuellen Stand informiert werden. Als er vor vier Jahren von Italien nach Deutschland gezogen ist, konnte er sich nicht ausmalen, dass er praktisch seine gesamte Freizeit für den Bau eines Solarautos nutzt, wie er berichtet. Fusha fühlt sich pudelwohl im Team.
„Wir sind praktisch eine Familie“, sagt er über das SFZ.
Auf den Erfolgen ausruhen wollen sich die Schüler allerdings nicht, denn es gibt noch einiges zu tun. Die Karosserie muss noch gefertigt, die Solarmodule gekauft und der Motortreiber programmiert werden.
„Wir sind auf der Suche nach einer Teststrecke“, sagt Mattis Kley. Er erinnert daran, dass auch die Finanzierung noch nicht zu 100 Prozent steht. „Wir treten gegen Unis an mit deutlich mehr Geld und deutlich mehr Erfahrung.“
150.000 Euro werden für das Häfler Auto insgesamt benötigt, ein Drittel davon hat das Fundraising-Team bereits organisiert. Der Hauptsponsor ist die Josef-Wagner-Stiftung, die das Projekt mit 30.000 Euro unterstützt.
„Ihr alle habt ein Projekt, das ihr euer Leben nicht vergessen werdet.“Christian Heide
Die „iLumen European Solar Challenge“ist ein Langstreckenrennen für Solarautos, das alle zwei Jahre auf der ehemaligen Formel-1-Strecke von Circuit Zonder in Belgien ausgetragen wird. Beim nächsten Rennen am 21. und 22. September sind die Schüler des SFZ Friedrichshafen mit dabei. Weitere Informationen zum Solarprojekt gibt es im Internet unter
https://solarcarsfz.de