Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Martin-Luther-Quartier soll neu gestaltet werden
Gebäude ist marode, für das Gemeindezentrum braucht es eine Lösung – Bürger sollen Ideen einbringen können
TETTNANG - Das Areal der evangelischen Martin-Luther-Kirchengemeinde rund um das Gemeindezentrum soll neu gestaltet werden – das Gebäude ist marode, eine Lösung soll her. Bei der Frage, wie diese aussehen könnte, will die Gemeinde die Bürgerinnen und Bürger mitentscheiden lassen. Eine erste Infoveranstaltung für die Gemeindemitglieder, Nachbarn und Interessierte gab es am Dienstagabend.
Die Gemeinde und der Kirchengemeinderat haben sich für den weiteren Prozess ein Beraterteam vom Projekt „Aufbruch Quartier“des Diakonischen Werks Württemberg aus Stuttgart mit ins Boot geholt, das beim Infoabend von Matthias Ihlein und Tatjana Lampe-Ganzenmüller vertreten wurde.
Pfarrerin Martina-Kleinknecht-Wagner gab einen kurzen Rückblick auf die Geschichte des Gemeindezentrums. Sie erklärte, dass man im Jahr 2020 ein komplettes Sanierungskonzept der 1967 entstandenen Gebäude geplant hatte. Doch durch die Corona-Krise, Preissteigerungen, klimapolitische Maßnahmen sowie die absehbare Entwicklung der Gemeindemitgliederzahlen war die Gemeinde zum Neudenken gezwungen.
So habe man sich im Mai 2023 an das Beraterteam „Aufbruch Quartier“des evangelischen Oberkirchenrats in Stuttgart gewandt und den Entschluss gefasst, das Martin-Luther-Areal neu zu gestalten, teilte die Pfarrerin mit. Das Ziel: Ein Quartier als Lebens- und Begegnungsraum. Das Projekt „Aufbruch Quartier“ist darauf spezialisiert, Kirchengemeinden auf dem Weg dorthin zu unterstützen.
„Es ist schwer, sich von einem Ort zu verabschieden, bei dem für viele noch deutlich der alte Charme
zu spüren ist“, meinte Martina Kleinknecht-Wagner. Doch es sei auch eine spannende Chance, dass der Ort jetzt und in der Zukunft „lebbar“bleibe. „Wir müssen neu denken und ein Konzept entwickeln, wie wir unser Motto ’offen, einladend, evangelisch’ weiter in die Gemeinde von Tettnang ausstrahlen lassen können, meinte sie.
„Im Oktober 2023 hatten bei einer Auftaktwerkstatt zahlreiche Vertreter diakonischer Einrichtungen, die Stadt Tettnang sowie soziale und zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Eindrücke und Ideen zu einem lebendigen Martin-Luther-Quartier eingebracht“, erklärte Klaus Frombach vom Kirchengemeinderat. In einem spannenden Prozess könnte beispielsweise ein einladendes, generationsübergreifendes Quartier entstehen, meinte er.
Danach stellten sich Albrecht Reuß und Kathrin Mundry von der citiplan GmbH vor, ein Planungsbüro, das vom Oberkirchenrat Stuttgart beauftragt wird, Gemeinden in schwierigen Situationen zu helfen. Nun soll es die Martin-Luther-Gemeinde in ihrem Vorhaben begleiten.
Bei der anschließenden Gelegenheit, Fragen zu stellen, wurde mehrfach nach dem konkreten Konzept gefragt. Es höre sich alles noch etwas „schwammig“an, war aus der Zuhörerschaft zu vernehmen. „Es gibt noch keines, wir sind auch ganz am Anfang“, entgegnete Kleinknecht-Wagner. „Unser Ansatz ist, dass wir Ihnen heute kein fertiges Konzept vorlegen, sondern Ihre Gedanken in unsere Planung einbeziehen. Deshalb haben wir die Öffentlichkeit schon zum Anfang des Prozesses eingeladen.“
Gemeindemitglied Christian Fünfgeld warf ein, er habe nicht ganz verstanden, wie so ein großes Projekt f inanziert werden solle. Er fürchte, dass die Kirche durch Investoren das Hausrecht verlieren könnte. KleinknechtWagner meinte dazu, dass es auch ihr wichtig sei, dass die Kirche den „Hut aufbehält“. Dorothea Fünfgeld dagegen erklärte, sie finde die Ideen spannend und erfolgversprechend.
An Albrecht Reuß von citiplan richtete sich eine Frage danach, was eigentlich konkret aktuell unternommen werde. „Wir haben die Eindrücke von der Begehung ausgewertet und festgestellt, dass es nicht bleiben kann, wie es ist. Das ist unbezahlbar. Man muss etwas von seinem Besitz abgeben, damit Neues entstehen kann“, erläuterte dieser.
Gefragt waren auch Anregungen der Anwesenden. In einen Plan mit dem Grundriss des Martin-Luther-Areals konnten Ideen eingezeichnet werden. Auf der Rückseite war Platz für Ideen, Kritik und Skizzen. Die Ideen werden dann gebündelt und im Kirchengemeinderat ausgewertet.
In ihrem Schlusswort bedankte sich Pfarrerin Martina Kleinknecht-Wagner für das große Interesse und den lebhaften, kreativen Austausch. Die nächste Informationsveranstaltung für die Gemeinde ist für Herbst geplant.