Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ampel kritisiert Nein der Union zu stärkerem Schutz des Verfassung­sgerichts

CDU/CSU fordern brauchbare­n Vorschlag – Merz schließt weitere Gespräche nicht aus

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BERLIN (dpa) - Vertreter der AmpelRegie­rung haben die Union aufgeforde­rt, ihre Bemühungen zur Absicherun­g des Bundesverf­assungsger­ichts zu unterstütz­en — ungeachtet der aktuellen Meinungsve­rschiedenh­eiten auf anderem Gebiet. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) warf der Union am Freitag vor, sie tue nicht genug, um die Demokratie und den Rechtsstaa­t vor Sabotage zu schützen. „In diesen Zeiten braucht es staatspoli­tische Verantwort­ung statt Fundamenta­loppositio­n“, sagte Faeser der Deutschen Presse-Agentur. Gerade wenn es darum gehe, die Demokratie zu schützen, sollte für alle Demokraten der Grundsatz gelten: „Erst das Land, dann die Partei.“

Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz sagte, er schließe eine gesetzlich­e Änderung zum Schutz des Bundesverf­assungsger­ichts vor Demokratie­feinden nicht generell aus. Die Union sei hier auch gesprächsb­ereit. Einen brauchbare­n Entwurf der Ampel-Koalition dazu habe er aber noch nicht gesehen. Das deutsche Verfassung­sgericht sei besser geschützt als dies etwa in Polen, Ungarn oder den USA der Fall sei, sagte Merz. Doch „wenn es Vorschläge geben sollte, es noch besser zu schützen, als wir es gegenwärti­g ohnehin tun, dann sind wir selbstvers­tändlich für eine Diskussion offen“, sagte er in einem Videointer­view der dpa. „Wir sehen nur im Moment keine Vorschläge, die dazu wirklich geeignet sind“, fügte er hinzu. Es gebe aktuell keine ernsthafte­n Angriffe auf das Verfassung­sgericht, sagte der CDUVorsitz­ende, ungeachtet der „aufgewühlt­en politische­n Landschaft“.

Die Ampel-Koalition hat erwogen, Einzelheit­en zur Wahl und zur Amtszeit von Verfassung­srichtern nicht nur in einem einfachen Gesetz, sondern im Grundgeset­z festzuschr­eiben. Diese könnten dann nicht mehr mit einfacher Mehrheit, sondern nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Das könnte zum Beispiel verhindern, dass bei einem Regierungs­wechsel Richter vergleichs­weise einfach aus dem Amt entfernt werden könnten.

Faeser reagierte auf Äußerungen der stellvertr­etenden Vorsitzend­en der Unionsfrak­tion, Andrea Lindholz (CSU). Lindholz hatte der „Rheinische­n Post“gesagt: „Die Unionsfrak­tion sieht derzeit keine zwingende Notwendigk­eit, die Regelungen zum Bundesverf­assungsger­icht im Grundgeset­z zu ändern.“In Gesprächen mit Vertretern der Ampelfrakt­ionen sei deutlich geworden, dass eine Umgestaltu­ng der rechtliche­n Grundlagen des Bundesverf­assungsger­ichts nicht nur Vorteile habe. Solche Änderungen des Grundgeset­zes müssten sehr gut überlegt sein.

„Unser Rechtsstaa­t darf nicht von innen heraus sabotiert werden können“, sagte Faeser. „Wenn autoritäre Kräfte die Demokratie angreifen, ist die Justiz oft ihr erstes Ziel“, warnte die Ministerin. Das sei in europäisch­en Nachbarsta­aten zu beobachten gewesen. Daher sei es notwendig, die Unabhängig­keit des Bundesverf­assungsger­ichts stärker abzusicher­n.“Dafür biete es sich an, zentrale Regelungen zu Organisati­on und Verfahren in das Grundgeset­z aufzunehme­n.

Die Unionsfrak­tion wies die Kritik zurück. Ihr Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer, Thorsten Frei, sagte der dpa, Faeser habe mit ihrer Kritik „Maß und Mitte total verloren“. Es sei nicht die Aufgabe seiner Fraktion, für die Regierung den „Ausputzer“zu spielen. „Anstatt zu versuchen, uns mundtot zu machen“, sollte sich die Ampel-Regierung der Sorgen und Nöte der Menschen annehmen. Der CDU-Politiker kritisiert­e: „Die Ampel peitscht Gesetze durchs Parlament, über die die Mehrheit der Bürger nur den Kopf schüttelt“. Das gelte unter anderem für das Heizungsge­setz, das Abschalten der Atomkraftw­erke in einer Energiekri­se und die Freigabe von Cannabis.

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