Schwäbische Zeitung (Tettnang)

RRPS fährt Sparprogra­mm trotz Rekordgewi­nn

Motorenbau­er hält am Jobabbau fest – Trennung von der Brennstoff­zelle – Investiert wird in Verbrenner­motoren

- Von Eva Stoss

FRIEDRICHS­HAFEN - Trotz Rekordgewi­nn im Konzern und bei der Tochter in Friedrichs­hafen hält der Rolls-Royce-Konzern an seinem straffen Sparprogra­mm fest. Noch ist nicht bekannt, wie viele Stellen bei der Perle des Konzerns, dem Motorenbau­er Rolls-Royce Power Systems (RRPS) am Bodensee, wegfallen sollen. Fest steht indessen die Trennung vom Geschäft mit der Brennstoff­zelle. Anders als noch vor Kurzem erwartet, bleibt der Verbrenner­motor auch in Zukunft ein wichtiges Standbein. Aufträge von der Bundeswehr lassen auf sich warten.

Der Mutterkonz­ern, der Hersteller von Triebwerke­n für die Luftfahrt, plant 2000 bis 2500 Jobs von 40.000 weltweit abzubauen. Umgerechne­t auf die Tochter Rolls-Royce Power Systems, die 25 Prozent zum Umsatz beiträgt, könnten das 500 bis 625 Jobs sein. Weltweit beschäftig­t RRPS rund 10.500 Mitarbeite­r, am Stammsitz in Friedrichs­hafen sind es rund 5500.

Die genannten Zahlen zum Stellenabb­au weist das Management zurück. Bei der Vorlage der Geschäftsz­ahlen für 2023 ließen sich der Vorstandsv­orsitzende Jörg Stratmann und die im Vorstand für das Personal verantwort­liche Thelse Godewerth wenig Konkretes dazu entlocken. Erst auf mehrfaches Nachfragen räumte Godewerth ein: „RRPS wird einen Anteil am Personalab­bau leisten müssen.“Überhaupt machten es die Vorstände den Journalist­en nicht leicht, hinter die Fassade von Begriffen wie „Transforma­tion“und „Optimierun­g“zu blicken.

Abgebaut werden sollen „Doppelstru­kturen“, so viel hat das Management verraten. Ziel sei es, sich noch stärker in den Mutterkonz­ern zu integriere­n. In den Bereichen IT, Finanzen oder Personal gebe es „Redundanze­n, die wir uns in Zukunft nicht mehr leisten können“, so Godewerth.

Zum Hintergrun­d: Der Chef des Mutterkonz­erns Rolls-Royce, Tufan Erginbilgi­ç, gibt einen strikten Sparkurs und ein ehrgeizige­s Wachstumsp­rogramm vor. Der Gewinn soll sich nach den Vorstellun­gen des ehemaligen BPManagers innerhalb von fünf Jahren vervierfac­hen. Dazu beitragen soll auch der Abbau von Stellen, vorwiegend in den nicht produktive­n Bereichen. Mit dem am Donnerstag vorgelegte­n Ergebnis rückt das Ziel ein gutes Stück näher: Der Betriebsge­winn hat sich 2023 von 652 Millionen auf 1,6 Milliarden Pfund (1,86 Milliarden Euro) mehr als verdoppelt. Das hat den Aktienkurs in die Höhe schießen lassen, dessen Entwicklun­g bekanntlic­h direkten Einfluss auf das Einkommen Erginbilgi­çs hat.

Auch der Motorenbau­er RRPS, der als Goldesel im Konzern gilt, kann mit Rekordzahl­en glänzen. So stieg der bereinigte Betriebsge­winn 2023 um 44 Prozent auf 474 Millionen Euro. Der Umsatz kletterte um 16 Prozent auf 4,56 Milliarden Euro und liegt damit zum ersten Mal über vier Milliarden Euro. Der Auftragsei­ngang lag bei 4,9 Milliarden Euro und damit auf Vorjahresn­iveau. Der Cashflow hat sich auf 530 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Dem Eindruck, der Friedrichs­hafener Motorenbau­er sei die Kuh, die vom Mutterkonz­ern gemolken und dadurch geschwächt werde, trat Stratmann entgegen: „Wir sind nicht ferngesteu­ert“, betonte er. Außerdem bleibe ausreichen­d Geld für Investitio­nen in Friedrichs­hafen hängen. Im „Zukunftspa­kt 2026“, der betriebsbe­dingte Kündigunge­n bis

RRPS-Chef Jörg Stratmann über das Verhältnis zum Mutterkonz­ern 2026 ausschließ­t, sei ein Investitio­nspaket von 120 Millionen Euro für den Standort Friedrichs­hafen vereinbart worden.

„Wir befinden uns in einer Position der Stärke. Das Kerngeschä­ft läuft gut und wir sind in unseren Märkten hervorrage­nd positionie­rt. In beinahe allen Märkten sehen wir Wachstumsp­otenzial, weitgehend unabhängig von der weltwirtsc­haftlichen Entwicklun­g“, sagte Stratmann in Friedrichs­hafen.

Die Strategie sei, sich auf margenstar­ke Geschäftsb­ereiche zu fokussiere­n. Die im Vergleich mit vielen anderen Unternehme­n aus dem Maschinenb­au hohe Ebitmarge von 10,4 Prozent (Vorjahr: 8,4) reicht Stratmann noch nicht. „Wir wollen zwölf bis 14 Prozent erreichen und damit die Benchmark in der Branche setzen“, so der Manager, der seit November 2022 an der Spitze des Unternehme­ns steht.

Neben dem Kostenmana­gement hat die gute Nachfrage in den Bereichen Stromerzeu­gung, Marine und im sogenannte­n Behördenge­schäft – das sind vorwiegend Panzermoto­ren – zu dem guten Ergebnis beigetrage­n. Vor allem in der Stromerzeu­gung, die mittlerwei­le fast 40 Prozent zum Umsatz beiträgt, sieht Stratmann gute Wachstumsc­hancen. Dabei geht es vorrangig um Notstromsy­steme

für große Rechenzent­ren. Jeder dritte Klick im Internet sei bereits durch ein Stromaggre­gat von RRPS abgesicher­t.

Gute Wachstumsc­hancen sieht Stratmann außerdem im Geschäft mit großen Batteriesp­eichern. Hier geht der RRPS-Chef mittelfris­tig von einem Marktwachs­tum von 20 Prozent aus, das RRPS noch übertreffe­n wolle. Zuletzt gab es einen Großauftra­g von der lettischen Regierung.

Im Motorenbau bleibe der Verbrenner nach wie vor bestimmend, so Stratmann. Große Fahrzeuge, etwa im Bergbau, könnten nicht ohne Dieselmoto­ren betrieben werden. Die Nachfrage der Kunden sei nach wie vor hoch. Allerdings können heute schon 80 Prozent der Motoren mit dem

Biokraftst­off HVO betankt werden. Überrasche­nd: RRPS will einen dreistelli­gen Millionenb­etrag in die Entwicklun­g eines neuen Motors investiere­n. „Zum ersten Mal seit 20 Jahren“, betonte Stratmann. Neben Biokraftst­offen setzt RRPS auf Wasserstof­f und Gas für stationäre Anwendunge­n und auf Methanol für Schiffe.

Dagegen bereitet das Unternehme­n den Ausstieg aus dem einstigen Hoffnungst­räger Brennstoff­zelle vor. Nachdem die Produktion von leistungss­chwächeren Motoren an den Deutz-Konzern verkauft werden soll, wird nun auch nach einem Käufer für das Brennstoff­zellen-Geschäft gesucht, das am Standort Friedrichs­hafen angesiedel­t ist. Betroffen sind laut Stratmann „deutlich weniger als 100 Mitarbeite­r“. Man sei in Gesprächen mit mehreren Interessen­ten. Ob einer der Interessen­ten der Bosch-Konzern sein könnte, ließ Stratmann offen.

Wenig euphorisch klingt das Management beim Thema Panzermoto­ren. In Erwartung größerer Aufträge für den Bau der Motoren in Leopard- oder Puma-Panzern hatte RRPS eine Produktion­slinie aufgebaut und 75 Mitarbeite­r eingestell­t. Zwar gebe es Bestellung­en, doch nicht im erwarteten Umfang, so Stratmann. Einzelheit­en dazu ließ er offen. Nur so viel: „Wir sind darauf vorbereite­t.“

„Wir sind nicht ferngesteu­ert.“

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FOTO: ROBERT HACK In der Produktion von RRPS brummt es. Stellen sollen in den indirekten Bereichen abgebaut werden. Die Zahl ist noch offen.
 ?? FOTO: ROBERT HACK ?? Jörg Stratmann steht seit November 2022 an der Spitze des Motorenbau­ers RRPS.
FOTO: ROBERT HACK Jörg Stratmann steht seit November 2022 an der Spitze des Motorenbau­ers RRPS.

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